Skip to main content

Immer Ärger mit den Ex

Es ist so eine Sache mit zerbrochenen Beziehungen. Egal, wie lange sie schon vorbei sind, sie schmerzen immer noch. Auch wenn die Trennung nicht von der anderen Seite kam, man hat doch eine besondere emotionale Bindung. Und ärgert sich – völlig sinnbefreit – über das Lächeln des einen, den plötzlich aufkommenden Erfolg des anderen. In der Liebe ist es da wohl kaum anders als in Fußball. Gut, etwas ist anders: Man trifft deutlich öfter auf die Ex…

Es schmerzt, wenn Ex lächeln

In Kapfenberg etwa auf Kurt Russ. Und die Kapfenberger auf Klaus Schmidt. Jenen Klaus Schmidt, der einst eine unglaubliche Heimserie mit den Kapfenbergern hinlegte und im Franz-Fekete-Stadion keine Niederlage hinnehmen musste. Naja, bis jetzt, als Wacker-Trainer hat er diese „Scharte“ seiner Biographie nachgeholt. Kurt Russ hingegen, der Obersteirer, der von 1990 bis 1994 108 Bewerbsspiele in Innsbruck absolvierte und dabei sogar einmal ins Tor traf, konnte mit einem zufriedenen Lächeln das Rund verlassen. Dreimal hatten seine Schützlinge getroffen, schraubten seine Trainer-Erfolgsquote auf 36,8 % gewonnene Spiele. Vor der Partie noch gleichauf schlechteste Heimmannschaft der Liga, überließ man diesen Titel nun den Innsbruckern allein. Aus drei Begegnungen mit dem KSV holte Wacker nur einen Punkt. Kein einziges Tor konnte gegen die Mannschaft des ehemaligen Schwarz-Grünen erreicht werden, sechsmal wurde die Defensive quasi im Vorbeigehen überwunden. Die Falken überflügelten den lahmen Tiroler Adler mit Leichtigkeit in allen Statistikwerten. Fast allen, den Gästen überließ man es, öfter ins Abseits zu laufen (1:2), mehr Fouls zu begehen (alle 4min 44sek) und mehr Karten zu kassieren (4).

Es schmerzt, wenn Ex mit wem anderen glücklicher sind

Noch mehr schmerzt es, wenn Ex woanders glücklich sind. Vielmehr, wenn sie mit wem anders glücklicher sind. Auch wenn bei Innsbruck derzeit nichts läuft, in dieser Kategorie sind sie wohl unschlagbar. Wer hat etwa gerade die Austria quasi im Alleingang abgeschossen? Simon Piesinger. Der Lange, der in der vergangenen Saison in 919 Innsbrucker Bundesliga-Minuten nicht nur manchmal mit Spielgeschwindigkeit und Spielgerät überfordert schien. Denkste. 898 Minuten in Graz, bereits 1 Torvorlage und 4 Treffer selbst erzielt, 20 Partien am Platz, es läuft gut, so weit weg vom Tivoli. Oder Daniel Schütz. 26mal kam er im letzten Jahr zum Einsatz, zwei Tore waren das Resultat. Jetzt, abseits der Sill, sind es bei 11 Spielen weniger schon doppelt so viele Treffer. Oder Christopher Wernitznig. Die heimatliche Luft scheint dem Kärntner gut zu tun, nach einem einzigen Tor in 31 Bundesliga-Auftritten brachte er es heuer schon auf 5 Tore in 19 Partien. Oder Marco Sahanek. Viel konnte man in Innsbruck nicht zu ihm sagen, für Torgefahr stand er jedoch nicht. Wechsel zur Winterpause, ein Spiel für Horn, zwei Tore. Aber die wohl seltsamste Entwicklung nahm  Bright Edomwonyi, der personifizierte Chancentod – als er noch in schwarz-grün kickte. 10mal bekam er die Möglichkeit, seine von RB vermuteten Talente zu beweisen, 10mal sah man kuriose Flankenläufe oder verzweifelte Versuche, den übermächtig scheinenden Gegner Ball unter Kontrolle zu bringen, 10mal musste Bright ohne Torerfolg vom Platz. Der Wechsel nach Hartberg schien ein weiterer Schritt die Karriereleiter hinab. Schien, denn drei Torvorlagen und neun Tore in nur 1348 Minuten beim Tabellenschlusslicht und von allen als Fixabsteiger titulierten TSV Hartberg bewiesen: die Scouting-Abteilung der Salzburger hatte abermals ein gutes Händchen bewiesen. So gut, dass er nun, nur ein halbes Jahr später, bei Sturm gelandet ist. Bei jenem Sturm, in welchem der Ex-Innsbrucker Simon Piesinger…

Es schmerzt, wenn sich Ex völlig verändern

Veränderung scheint manchen gut zu tun. Oder zumindest eine möglichst große Entfernung zu Innsbruck, denn hier scheint manches im Argen zu liegen. Veränderung ist auch das Motto des kommenden Gegners Liefering. Die Ex-Anifer, die mit den Ex-Violetten aus Salzburg offiziell wenig zu tun haben, machten im Winter beinahe ein ganzes Team zu Ex-Spielern. Meist jedoch nicht aus Bosheit, sondern weil Liefering zum großen Shoppingcenter für Talente verkommen ist. Vorspielen, aufzeigen, wechseln – oder, wenn man nicht aufzeigt, in der Versenkung verschwinden. Acht Abgänge, vier davon in die Bundesliga, wurden kompensiert mit 14 Neuzugängen. Die ex-internationalen Bullen benötigen ja Nachwuchs, und davon nicht zu wenig. Und so erntet Liefering in den Akademien und RB-Filialen gleichermaßen wie in den Nachwuchsabteilungen von Österreichs Amateurvereinen. Wer jetzt glaubt, solche dramatischen Umbrüche würden zu spielerischen Mängeln führen, der irrt. Die Lieferinger Boygroup schob sich durch einen 4:2-Auswärtserfolg mit Punktegleichstand an Tabellenführer Mattersburg heran, der Liga-Spitzenwert von 46 Toren (2,2 pro Spiel) zeigt den Torhunger der Jungen, die sich ins Rampenlicht spielen wollen. Dass dabei allzu oft defensive Aufgaben vernachlässigt werden – Liefering kassierte einen Gegentreffer mehr als Wackers anfällige Abwehrreihen – scheint der einzige Hoffnungsschimmer zu sein, der dem 10fachen Ex-Meister vor dem Heimauftakt bleibt.

Es schmerzt nicht mehr, wenn man selbst glücklich ist

Wann war Innsbruck das letzte Mal glücklich? So richtig glücklich, nicht nur für einen Augenblick, nicht nur für ein Spiel? Es gab schon viele Versuche, das Ruder herumzureißen. Beinahe ist man verleitet zu sagen: zu viele. Trainerwechsel, Vorstandswechsel, Aufgabenbereichewechsel, Spielerwechsel, Ortswechsel, Konzeptwechsel. Was sich nicht geändert hat, sind die Probleme, an denen der Verein leidet – und deshalb auch die Spielergebnisse. Selbst wenn es die Nachwuchshoffnungen der Mozartstädter sind, die der FCW empfangen darf, selbst wenn es die Topmannschaft der Liga ist, selbst wenn fast alle Anzeichen gegen die Tiroler sprechen: Die Spieler haben nicht mehr viel Zeit, den Turnaround zu schaffen… Ansonsten geht Wacker Innsbruck ex.

Avatar photo

Autor: Stefan Weis

Dieser Text stellt geistiges Eigentum des tivoli12 magazins dar und ist somit urheberrechtlich geschützt. Um den Text, oder Teile davon nutzen zu können, setzen Sie sich bitte mit dem tivoli12 magazin in Verbindung.
Skip to content