Im Schatten des Zweifels
Die Realität ist hart. Grausam. Und die Realität ist: Nicht nur bei einem Freund des schwarz-grünen Fußballsports hat sich schon das dumpfe Gefühl eingeschlichen, man könnte den Klassenerhalt nicht schaffen. Hat sich der Zweifel breit gemacht, ob dieses Team noch den Turnaround schaffen kann. Hat sich Resignation eingestellt ob der anhaltend schwachen Leistung, die einer Regionalliga-Mannschaft besser zu Gesicht stehen würde als einem Profiteam aus gestandenen, bundesligaerfahrenen Ballesterern. Und dieser Zweifel scheint auch schon längst in der Truppe selbst implementiert zu sein, denn anders sind diese Leistungen weit unter dem möglichen Niveau der Spieler nicht erklärbar. Die nächsten Wochen werden zum Thriller, erster Gast an den wackeren Filmabenden: der Linzer Athletik-Sportklub aus Linz.
Vertigo
Vor einem Jahr wäre dieses Spiel unter völlig anderen Vorzeichen gestanden. Bundes- gegen Regionalligisten, höchste Spielklasse des Profisports gegen Amateurmannschaft. Doch dem Bergadler aus Tirol wurden die Flügel gestutzt, er stürzte schwindlig in die Tiefe des Tabellenkellers der zweiten Liga, die schwarz-weißen Vögel aus Linz sind im Aufwind. Wobei, der Wind unter ihren Flügeln war auch schon besser, vier Punkte fehlen den Athletikern auf das ambitionierte Ziel Durchmarsch. Sieben Runden lang lagen sie in dieser Saison bereits an der Tabellenspitze, insgesamt neun Runden auf einem Aufstiegsplatz (der unsichtbare Dritte im Aufstiegsduell – Liefering – muss ja subtrahiert werden). In den letzten drei Spielen kassierten sie jedoch 7 Tore – so viel wie in den 10 Spielen davor. Auswärts holten die Schwarz-Weißen mit 13 Punkten gleich viel wie die Innsbrucker, nur vier mehr als die schwächste Auswärtsmannschaft. In den vergangenen acht Spielen (seit dem 4:1-Erfolg gegen Wacker) konnte nur ein Sieg von den Linzern eingefahren werden, gleich viel wie Innsbruck. Mit sechs Toren erzielte die LASK-Offensive im Vergleichszeitraum seit dem letzten Duell nur ein Tor mehr als ihre Kollegen des FCW.
Der falsche Mann
Schuld an dieser Misere: wie immer der Trainer. „Sir“ Karl Daxbacher musste den Sessel räumen, der Verdacht liegt nahe, dass es wohl nicht nur an den Leistungen gelegen haben dürfte. Zugegeben, er übernahm eine übermäßig stark ausgestattete Truppe in der Regionalliga, aber dennoch ist bei allen Linzer Trainern seit den 90ern ein Schnitt von 2,2 Punkten pro Spiel nicht ansatzweise erreicht worden. Als Aufsteiger vier Niederlagen in 23 Spielen, ein 0:3 gegen Titelfavoriten Mattersburg nach sechs Spielen in Serie mit Punktgewinn waren aber offensichtlich zu viel des Guten. Der neue Mann am Ruder heißt Martin Hiden. Jung und unschuldig soll der ehemalige Sturm-, Salzburg-, Rapid-, Leeds-, Austria-, Kärnten- und RB Juniors-Spieler, der als Pasching-Trainer den FC Wacker Innsbruck in der vergangenen Saison aus dem ÖFB-Pokal warf, den LASK wieder in die Spur des Erfolges zurückführen. Bisher reichte es nur zu einem Remis gegen Horn und einer Niederlage gegen Liefering, aber ein Spiel gegen Innsbruck hat schon so manches Wunder bewirkt, die Tiroler sind berüchtigt für ihre heilenden Kräfte. Schade nur, dass sie diese nicht auch an sich selbst anwenden können.
Psycho
Das Problem der Schwarz-Grünen scheint nicht (nur) durch taktische Wunderdinge oder athletische Konditionierung lösbar zu sein, betreiben doch die Spieler aus Angst vor dem Ball, vor einem schlechten Pass oder Ballverlust Sabotage am eigenen Können. Gegen St. Pölten gab man zum zweiten Mal im Frühjahr nach dem Pausentee keinen einzigen Schuss direkt auf das Tor ab. Insgesamt nahm man das Tor nur sieben Mal ins Visier, nur drei davon gingen auch auf das Gehäuse selbst. Niemand gab mehr als 2 Torschüsse ab – wie auch, der Strafraum schien Sperrgebiet zu sein, die Heatmap zeigt dort, wo Stürmer stehen sollten, um Druck auf das Tor auszuüben, grünen Rasen, während das defensive Mittelfeld und die Seiten knapp überhalb der Mittellinie bevorzugter Aufenthaltsbereich für wackere Beine waren. Während der eigene Strafraum bis aufs Messer verteidigt wurde, wurde kein einziger erfolgreicher Pass im gegnerischen Sechzehner gespielt. Für besondere Spannung sorgte Pascal Grünwald, der mit 9 Fehlpässen leichtfertig den Ball herschenkte und für Druck sorgte, aber auch selbst von den eigenen Spielern unnötig unter Druck gesetzt wurde (vor allem, wenn man um seine Fähigkeiten mit dem Fuß weiß).
Cocktail für eine Leiche?
Für Wacker wird der April ein entscheidender Monat: LASK und Mattersburg, die Aufstiegskandidaten, dürfen zu Hause empfangen werden, in den Duellen auf Augenhöhe gegen Kapfenberg, Horn und Lustenau muss voll gepunktet werden. Vor dem Spiel am 1. Mai gegen Liefering sollte man nicht mehr auf einem Abstiegsrang stehen. Ansonsten wird der Innsbrucker Blick auf Fußball nicht mehr im Stadion, sondern nur noch durch das Fenster zum Hof geschehen, das Tivoli zum schwarz-grünen Familiengrab. Und Wackers Präsenz im Profifussball wird aus der Wahrnehmung verschwinden wie einer der vielen Cameos von Alfred Hitchcock in seinen Thrillern.