Da Peda
Der Schnauzbart kehrt zurück. Zurück auf das Tivoli, wo er einst reihenweise Gegner verängstigte. Doch nun soll der FC Wacker Innsbruck daran glauben. Ja, schon richtig, Schnauzbärte gab es viele am Tivoli, ob Werner Kriess oder Franz Oberacher, ob Manfred Linzmaier oder Peter Hristic. Sicher, es war damals ein anderes Tivoli, und ja, auch der blau-weiße FC Swarovski. Ja eh, er hat keinen Schnauzbart mehr… Gut, dann halt so: Peter Pacult kehrt zurück, doch diesmal als Gegner, als neuer Coach des Floridsdorfer AC.
Vom Verein mit der Obduktion
Es stimmt schon, Peter ist herumgekommen. Von der Columbia wechselte er innerhalb des 21. Wiener Gemeindebezirks zum FAC, 1981 holte der Sportclub den 22jährigen nach Dornbach, von dort ging es weiter nach Hütteldorf. 1992 spielte er bei Linz, es folgten die 60er aus München und der FAK. Er wurde Cupsieger mit Rapid und zog mit den Grün-Weißen ins Finale des Europapokals der Pokalsieger. Mit München stieg er in die Bundesliga auf. 14mal lief er gegen Innsbruck auf, nur dreimal ging er als Verlierer vom Platz, viermal versenkte er einen Ball in den Tiroler Maschen. Und dennoch gibt es Zahlen, die ihn zu einer Innsbrucker Legende (siehe Bild: Klub der Legenden) machen: 183 Bundesliga-Spiele machte Pacult in Blau-Weiß (Rang 17), in der internen „Wiener“ Rangliste steht er damit hinter Prudlo (263 Spiele) und Wolny (191 Spiele) auf Rang drei. Doch unangefochtene Nummer eins bleibt er als Bomber vom Tivoli: Unfassbare 105 Tore erzielte er in der Bundesliga, so viele wie alle Stürmer des FC Wacker zusammen seit 18. August 2012 in allen seitherigen Ligaspielen, mehr als Radoslav Gilewicz und Kurt Jara zusammen. Auch im ÖFB-Pokal tobte sich Peter aus, in 28 Spielen (Rang 15) scorte er ebenso oft, der wohl auf Dauer unschlagbare Spitzenreiter in Tirol. Im Europacup? 23 Spiele für Innsbruck (Rang 7), 13 Tore (Rang 1). Danek, Flindt, Grausam und Oberacher zusammen durften am großen internationalen Parkett nicht so oft jubeln wie der Floridsdorfer. Und auch sein legendärer Sager aus Spielertagen, der Innsbrucker Traditions Verein hätte eine „Obduktion auf mich“ machen ihn am Tivoli unvergesslich. Doch Pacult kommt nicht als Spieler, er kommt als Trainer
Vom Pony, das ein Springpferd sein will
Und auch dabei konnte er schon einige Erfahrung sammeln. Bei den Löwen war man vom Spieler Pacult dermaßen angetan, dass man ihn nur ein Jahr nach seinem letzten aktiven Match als Cotrainer und Coach der Amateure engagierte. Und da man auch ein Faible für harte Hunde und scharfe Sprüche hatte, wurde er 2001 hauptamtlicher Nachfolger von Werner Lorant. Mit dem FC Kärnten stieg Peter ab, auch Dynamo Dresden konnte er nicht in der zweiten Liga halten – die Sachsen wollten ihn dann auch nicht halten, der Vertrag wurde aufgelöst. Bei Rapid Wien zeichnete er sich verantwortlich für den letzten grün-weißen Meistertitel, aber auch für einen darauf folgenden sportlichen Einbruch, und noch während seiner Vertragszeit zeichnete sich ein stets dementierter Wechsel zu den Werksvereinen von RB ab. Rasenball war seine nächste Station, ehe er nochmals innerhalb Sachsens zu Dynamo wechselte und die Sportgemeinschaft in der Relegation vor dem Abstieg rettete. Seinen Job rettete dies nicht, nach seiner Entlassung folgte der Niedergang für Dresden, für Pacult mehr als 600 Tage ohne Engagement – wobei es nicht an Möglichkeiten mangelte, auch in Innsbruck liebäugelte man einmal mehr mit der Verpflichtung einer Legende aus besseren Tagen. Dabei machte Peter schon früher klar, dass er nicht „aus einem Pony ein Springpferd“ machen kann. Mit seinem „Klingel-Klangel-Klub“ Rapid machte er den Schwarz-Grünen aber oft genug das Leben schwer: in 11 Spielen punktete er 10mal, 21mal schlug es dabei bei den Innsbruckern ein. Dass er aber von Taktik allgemein, von Defensive im Besonderen („Dreierkette, Achterkette oder Fahrradkette“, er forderte persönlichen Zweikampf, dann passt es schon) vielleicht nicht allzu viel hält, zeigen die in diesen 11 Spielen kassierten 18 Tore trotz nur einer Niederlage. Aber es kommt auch nicht Rapid, es kommt Floridsdorf.
Die Titanic war Schicksal
Und diese soll Pacult nun vor dem Abstieg bewahren – eine Aufgabe, die sechs von zehn Ligatrainern noch zu bewältigen haben. Der Start war etwas holprig. Beim direkten Konkurrenten Horn verlor man mit einem 4-2-3-1 mit 3:1 und stand dort, wo man nicht sein wollte, in der Abstiegszone, zum zweiten Mal in der laufenden Meisterschaft. Nur sechs Schüsse auf das gegnerische Tor bedeuteten Saison-Minusrekord für den FAC. Gegen Kapfenberg zu Hause konnte mit einem 3-5-2 ein knapper Sieg eingefahren werden, Rang 7 war die Belohnung. Und die Punkte waren hart erarbeitet, denn für Pacult gibt es kein Schicksal im Fußball. Darum nennen wir es Glück, denn zwei Kapfenberger Ausschlüsse verhalfen der ältesten Startelf der Floridsdorfer (27 Jahre und 93 Tage) zum 1:0-Erfolg. Dennoch war es der 22jährige Patrick Haas, der mit seinen 7 Torschussvorlagen den Erfolg einleitete (kein anderer Spieler der Ersten Liga bereitete in einem Match mehr Torschüsse vor). Und Abschlussversuche sind das Geheimrezept der Floridsdorfer, die hier deutlich auf Quantität setzen. 154mal kamen sie im Frühjahr bereits zum Schuss, das bedeutet Rang drei hinter Liefering (164) und Mattersburg (168). Innsbruck dagegen mauserte sich zum defensiven Wall, nur 109 Schüsse wurden seit der Winterpause zugelassen (Rang 2 hinter Mattersburg mit 103). Dreimal konnten die Wiener in den bisherigen Partien die Innsbrucker Abwehr überrumpeln, die neu formierte Verteidigungslinie hielt jedoch in der letzten Begegnung im März stand, ein 0:0 war das Ergebnis dieses Nicht-Angriffs-Paktes auf niedrigem Niveau.
Grenzenswerte Blödheit
Bei FAC gegen FCW geht es um mehr als Prestige unter alten Freunden, es geht um den Ligaerhalt, um die Zukunft des Vereins. Ob die beste Defensive des Frühjahrs (nur 9 Gegentore) ihren Erfolgslauf halten kann, hängt davon ab, ob Pacult seine einstigen Fähigkeiten auf seine Spieler übertragen konnte. Wobei diese Floridsdorfer Hoffnung von Peda wohl als das bezeichnet werden würde, was sie ist – eine „grenzenswerte Blödheit“.