Skip to main content

Hoppe, hoppe Reiter…

Einem geschenkten Gaul, sagt man… Aber die Liebe zu Wacker Innsbruck ist nicht geschenkt. Sie ist gegeben, vorbestimmt, erblüht durch ein Spiel, einen Ballkünstler, durch die Liebe zur Innsbruck, zu Tirol. Sie hat schon immer in einem geschlummert, wurde nur erweckt. Was erweckt wird, kann auch wieder einschlummern, was erblüht ist, wieder verwelken. So geschehen bei zehntausenden im ganzen Land und weit darüber hinaus. Sie können und wollen, oft auch aus Selbstschutz, die Unzulänglichkeiten, das verängstigte Spiel, die selbstverschuldeten Defizite ihres einstmals so geliebten FC Wacker Innsbruck nicht mehr anschauen. Dabei würden sie gerade jetzt so dringend benötigt werden, etwa im Spiel gegen den SKN St. Pölten, in dem 3 Punkte Pflicht sind. Einmal mehr.

Lahmer Gaul

Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss, sagt man. So gesehen hätte man in der zweiten Liga einen Stall voller Rohdiamanten, ist es doch kaum möglich, sich geschlossen noch knapper von den Abstiegsrängen fern zu halten. Dabei hat etwa Wacker auf den ersten Blick eine imposante Serie hingelegt: 11 Spiele in Folge mit nur einer einzigen Niederlage, das Tabellenende verlassen und sich auf Platz 7 einquartiert. Eigentlich ein Grund, sich zufrieden den Staub aus den Gewändern zu schütteln und das Pferd zum Grasen zu führen. Wäre es nicht ein lahmer Gaul. Denn auch die Statistik, dass man seit vier Runden ohne Sieg dasteht, entspricht der Wahrheit. Oder dass man in den letzten 24 Runden nur 5 Siege vorweisen kann. Dass es schon 8 Monate her ist, dass mehr als zwei Tore in einem Spiel erzielt werden konnten. Dass in diesen 8 Monaten auch nur dreimal zwei Treffer in 90 Minuten bejubelt werden konnten, und dies nur zu 2 Siegen führte, während im selben Zeitraum 10 Spiele ohne wackeren Torerfolg endeten. Dass der nach wie vor erfolgreichste Torschütze der Innsbrucker, Thomas Hirschhofer, seit 12.09.2014, seit 244 Tagen, seit 1260 Spielminuten kein Tor mehr erzielt hat, seit 22 Antreten ohne Erfolg dasteht. Dass es kein Stürmer, kein Offensivmann, niemand aus den Reihen der Schwarz-Grünen schaffte, diese seit September klaffende Lücke zu schließen und die nicht gerade hohe Hürde von 5 Treffern in 33 Spielen zu überspringen. Einzig Danijel Micic gelang es, auch mit Hilfe von drei Elfmetertoren, mit Hirschhofer gleichzuziehen. Mein Pferd kann keinen Sprung, hört man oft von Reitern, die ihre Unzulänglichkeiten zu verdecken suchen. Es scheint, bei Innsbruck kann der Ball kein Tor.

Vergaloppiert

Innsbruck muss vom hohen Ross herunterkommen, muss die Ansprüche deutlich zurückschrauben – und dies auch kommunizieren. Man agiert, wie man im Rahmen der finanziellen Mittel agieren kann (wenn auch nicht optimal, wie so manche Verpflichtung beweist), beschwört aber stets die glorreiche Vergangenheit und den Spirit des Meisters. In der derzeitigen zweiten Division spielen drei von 15 österreichischen Fußballmeistern, in der Bundesliga fünf. Und der Rest? Verstreut zwischen Amateurfußball und Vereinsregisterarchiv. Tradition muss gepflegt werden, auf sie sollte man aufbauen. Aber ein alter Derbysieger kann nicht mehr selbst die Lorbeeren abholen, sondern wird dies zukünftigen Generationen überlassen müssen. Ein goldener Sattel macht einen Esel nicht zum Pferd, ein goldener Stern einen Abstiegskandidaten nicht zum Favoriten. Ein Hölzl, der in einer veritablen Krise steckt, die ihn zum Chancentod und Bankerlwärmer werden lassen. Ein Grünwald, der ohne Frage seine Stärken hat, aber sich aber nur unmerklich von der Leistung seines Ersatzmannes abhebt. Ein Hlinka, der zumeist unauffällig spielt, ein oftmals optimales Kriterium für einen Sechser, aber wohl nicht als Investition in die Zukunft gesehen werden kann, wie auch sein Sidekick für die offensivere Ausrichtung, Jürgen Säumel. Die Nummer 10 hatte gegen Hartberg 114 Ballaktionen, so viel wie noch kein anderer Wackerianer in dieser Saison. 80% seiner Pässe in der gegnerischen Hälfte brachte er an den Mann, spielte aber insgesamt nur 11 lange Pässe, die das Spiel verlagern können oder die Verteidigungslinien des Gegners aufreißen, 62mal fand das Spielgerät nicht weit von seinem Fuß den Mitspieler. Auf alten Pferden lernt man reiten. Mit alten Spielern aber nicht gewinnen.

Andersrum aufgezäumt

Das Gespann Hlinka/Säumel bringt zusammen 66 Jahre in die ehemalige Heute-für-Morgen-Liga – und spiegelt damit die Realität wieder. Die Startaufstellung des FCW hatte in der letzten Runde ein Durchschnittsalter von 27,2 Jahren, das Altenhaus der Liga, 2,6 Jahre über dem Schnitt (TSV 24,9, SKN 26,1, FAC 25,5, FCL 19,1, KSV 23,8, SVH 25,0, LASK 26,2, SVM 24,6, ALU 23,6). In der Bundesliga, die keine Vorgaben zum Einsatz von Nachwuchsspielern hat, betrug das Durchschnittsalter in der letzten Runde 25 Jahre und lag damit – vor allem durch die Seniorensportvereine WAC und Altach – nur 0,4 Jahre über dem Schnitt der „Fohlen“ (FAK 24,4, STU 25,2, RBS 23,2, ADM 23,5, RIE 25,6, WAC 27,5, WRN 26,6, GRÖ 23,5, ALT 27,1, RAP 23,9). 5 Bundesligamannschaften, aber nur 3 Erstliga-Teams liegen unter dem Durchschnittsalter der letzten Runde in Österreichs zweithöchster Liga. Es stimmt, junge Spieler brauchen wohl einen Herdenführer, ein erfahrenes Grundgerüst, das sie anleitet und stützt. Bei Innsbruck erkenne ich zwar Erfahrung – aber die restlichen Kriterien? Es scheint, als hätte man das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt, denn Alter allein ist noch keine Qualität.

Ein Königreich

Nun kommt der SKN St. Pölten, drei Runden vor Schluss selbst noch nicht fix gerettet, selbst im Kampf ums Überleben. In Niederösterreich hat man schon für die nächste Saison vorgeplant, hat sich die Dienste von Stallmeister Daxbacher gesichert. Bevor dieser aber ins Geschehen eingreifen kann, gilt es, sich gegen den Abstieg aufzubäumen und sich Sporen zu verdienen. Und das im Spiel der schwächsten gegen die zweitschwächste Offensive der Liga. Man fühlt mit König Richard III in der Schlacht von Bosworth: Ein Stürmer! Ein Stürmer! Mein Königreich für einen Stürmer…

Avatar photo

Autor: Stefan Weis

Dieser Text stellt geistiges Eigentum des tivoli12 magazins dar und ist somit urheberrechtlich geschützt. Um den Text, oder Teile davon nutzen zu können, setzen Sie sich bitte mit dem tivoli12 magazin in Verbindung.
Skip to content