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Hail to the king

Als König Arthur das Schwert Excalibur aus dem Stein zog, wusste jeder schon vorab von seinem zukünftigem Erfolg. Niemand dachte an Krieg, Verlust der Freunde und Liebe und ein mysteriöses Ende auf der Insel Avalon. Als Ludwig 1845 in Nymphenburg das Licht der Welt erblickte, wussten alle Bayern, dass er einmal ihr König sein würde. Und niemand dachte an Entmündigung, Absetzung und ein Ende im Starnberger See. Vor der Runde der Zweitligasaison 2015/16 wusste bereits jeder, dass der König nur LASK Linz heißen kann. Doch niemand weiß, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Zunächst treffen die Oberösterreicher in Runde drei auf den Tabellenführer. Und jetzt wird es völlig absurd: sein Name ist FC Wacker Innsbruck.



Wirkungslos

Nach zwei Runden haben beide Kontrahenten vier Punkte, beide einen Sieg mit Gegentor und ein torloses Remis zu Buche stehen. Aber Unentschieden heißt nicht zwingend Duell auf Augenhöhe, und 0:0 heißt nicht Ausgeglichenheit. Die Schwarz-Weißen duellierten sich in Runde zwei mit dem völlig umgekrempelten Absteiger aus der Bundesliga. Die Wiener Neustädter, die vordergründig noch damit beschäftigt sind, 18 neue Spieler – unter anderem den Ex-Innsbrucker Christoph Saurer – in den Kader zu integrieren, hätten eigentlich ein leichter Gegner sein sollen. Das torlose Remis lässt den Unterschied nicht deutlich werden. Die Statistik hingegen schon: zweimal verhinderte nur Aluminium den Führungstreffer der Linzer, die mit 23 Schüssen um 18 mehr abgaben als die Niederösterreicher. 69,4 % Ballbesitz kommen nicht von ungefähr, die Feldüberlegenheit führte auch zu 8 Eckbällen (viermal so viele als die Blau-Weißen). 35 Flanken – um 34 mehr als der offensiv zumeist überforderte Gegner – sollten den Erfolg bringen, taten es aber nicht. In 90 Minuten war nur eine einzige dieser Flanken aus dem Spiel heraus erfolgreich, Manuel Kerhe gab sie in Minute 39. Nur zwei der 8 Eckbälle fanden einen eigenen Mann, blieben aber ohne die erhoffte Wirkung. Der LASK änderte sein System dennoch nicht, die Heatmap bringt ein rotes Glühen auf der intensiv bespielten rechten Offensivseite zu Tage, die Wirkung dieses einseitigen Drucks mit vielen weiten Bällen verpuffte in der Neustädter Abwehr.

Dasselbe, nur nicht gleich

Dem steht ein 0:0 aus Runde 1 gegen Innsbrucks Angstgegner Kapfenberg gegenüber, das nur 41,7% Tiroler Ballbesitz brachte. Auch wenn 56% der Zweikämpfe gewonnen werden konnten, waren viele davon nur eine Rückeroberung von verlorenen Bällen, wurden ja lediglich ausbaufähige 62% an Zuspielen an den eigenen Mann gebracht. 12 Schüsse, davon nur 2 aufs Tor, weniger Eckbälle, weniger Flanken als der Gegner zeigen ebenso wie die beinahe völlig fehlende Präsenz in den letzten 20 Metern des Spielfelds, dass dies nicht der Tag eines offensiven und spielfreudigen Wacker Innsbruck war. Auch hier gab es nur eine erfolgreiche Flanke aus dem Spiel, es war der Einstand von Alexander Riemann in Minute 50. Doch am Ende des Tages hatten beide Teams – der drückend überlegene LASK aus Runde zwei, der verunsicherte FC Wacker aus Runde 1 – jeweils einen Punkt am Konto, jeweils einen Zacken zur Krone hinzugefügt. Der Unterschied: Innsbruck hatte den ersten Test, den gefürchteten KSV überstanden und spielte in Runde zwei gegen den am Abgrund stehenden FAC groß auf, der LASK hatte nach einer nicht berauschenden Leistung gegen den FAC (2:1 vor eigenem Publikum) mit dem 0:0 gegen den Absteiger die in ihn gesetzten Erwartungen wieder nicht erfüllt. Die Minnesänger, Autoren und Drehbuchautoren haben uns gelehrt: ein König muss zunächst taumeln, um zum Helden emporzusteigen. Die Frage ist nur, welcher Akt folgt in Runde drei?

Vier Tropfen, fünf Tore

Denn bei Innsbruck hat man Gefallen gefunden am Torerfolg. Fünf Tore in einem Ligaspiel, das gab es für Wacker zuletzt vor 606 Tagen, am Barbaratag 2013. Grödig lieferte damals ein verrücktes Spiel am Tivoli mit zwei roten Karten, zweimaligem zwischenzeitlichen Ausgleich und einem 5:3 für die Schwarz-Grünen. Das war aber daheim, in der Fremde fünf Tore zu erzielen, das gelang den Tirolern letztmalig vor 2095 Tagen, im November 2009. Ein wackerer Ballesterer kann sich an dieses Spiel wohl noch erinnern, stand er doch selbst beim 5:0 gegen die Austria Amateure für 90 Minuten am Platz, zarte 19 Jahre jung: Christoph Freitag musste in violettem Dress diese bittere Niederlage hinnehmen. Sechs Jahre später war er selbst einer von fünf schwarz-grünen Torschützen. Selten genug, dass man fünf Tore der Innsbrucker sieht, noch seltener, dass dies durch fünf verschiedene Torschützen geschieht (auch wenn dies im Spiel gegen Grödig 2013 der Fall war). Aber auswärts fünf eigene Spieler bejubeln zu dürfen, da muss man selbst im verstaubten Archiv tief kramen. 15.239 Tage ist es her, das sind 2177 Wochen, das sind 41 Jahre und neun Monate oder vier Tropfen des am längsten andauernden (und woh sinnbefreitesten) Laborexperiments, des 1927 begonnenen Pechtropfenexperiments. Am Martinstag des Jahres 1973 bestaunten 6500 Zuschauer am Sportclub-Platz in Wien Hernals ein 6:0 der Spielgemeinschaft Swarovski Wacker Innsbruck gegen die Dornbacher, und mit Roland Hattenberger (2), Wolfgang Breuer, Ove Flindt-Bjerg, Rudolf Horvarth und Günther Rinker trugen sich fünf Schwarz-Grüne in die Torschützenliste ein. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht wieder 15.239 Tage braucht, um ähnliches bestaunen zu dürfen.

Königsmacher oder Königsmörder

Doch zunächst steht das Heimmatch gegen den designierten König LASK am Spielplan. Wacker Innsbruck hat im Krönungs-Stück eine große Rolle, auch wenn noch unsicher ist, welche dies sein wird. Wird Wacker zum Königsmacher, der die Linzer zurück auf die Spur bringt? Oder wird man zum Königsmörder und Konkurrenten um den Thron, wie es sich der ein oder andere im Geheimen erträumt, aber wohl niemand zu hoffen wagt? Was auch immer passiert, ein „Hail to the king!“ ist niemals fehl am Platz – wem auch immer es gelten mag…

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Autor: Stefan Weis

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