Heiligenquartett
Ein neuer Patron ist in der Stadt. Keine Angst, sie sind hier nicht in einem niederösterreichischen Remake von „The Godfather“ gelandet – wobei, manche behaupten, auch solches soll sich in der jüngsten Landeshauptstadt Österreichs abspielen In einem erst kürzlich erbauten Stadtviertel würden Zustände herrschen wie… nein, den Vergleich ziehen wir jetzt nicht. Ein neuer Schutzpatron ist vor Ort und soll den SKN St. Pölten vor allem Unheil bewahren. Vordergründig: Tore und Niederlagen, wie etwa morgen gegen den FC Wacker Innsbruck.
Der Alte
Dabei hatte die Stadt bereits einen Schutzheiligen. Und was für einen, er gab sogar seinen Namen für den Ort. Bevor Sie jetzt verzweifelt Ihr Heiligenlexikon nach einem „Pölten“ durchsuchen oder falsche Rückschlüsse auf den niederösterreichischen Landesheiligen Poldi, Leopold III aus dem Hause Babenberg, ziehen, verrate ich es Ihnen: Hippolyt ist sein Name, stammte aus dem Osten des römischen Reiches und ist der Patron der Gefängniswärter, Pferde und Körperschwachen. Eigentlich ja gar nicht so unpassend. Die Herren Verteidiger können Hippolyt anrufen, um ein Eindringen in Ihren Strafraum zu verhindern und ihnen Stärke bei der Manndeckung zu geben. Und sie haben recht gut bewacht in letzter Zeit: seit vier Spielen ist der SKN zu Hause ohne Niederlage. Mit 41 Toren erhielten die Niederösterreicher im vergangenen Jahr nach Aufsteiger Mattersburg und dem schärfsten Konkurrenten LASK die wenigsten Tore der Liga, im Schnitt 1,14 pro Spiel. In Heimspielen sinkt diese Bilanz gar auf 1,05 Gegentreffer. Und bei Spielen gegen den FC Wacker ist Torarmut geradezu Pflicht: drei Spiele in Folge blieben die Mostviertler dabei völlig ohne Gegentreffer, mussten in der abgelaufenen Spielzeit nur ein Tor und eine Niederlage hinnehmen – das allerdings zu Hause. Andererseits haben sie in den letzten vier Spielen auch nur ein Tor selbst erzielt, da sind die Gäule wohl nicht durchgegangen mit den St. Pöltnern. Obwohl auch das in der abgelaufenen Saison passiert ist. Hippolyt, der Pferdebefreier, hätte wohl seine Freude gehabt, hätte er „seine“ Mannen beim Verteilen von Rossbissen gesehen. Naja, in der rot dominierten Stadt an der Westbahn müsste man korrekter Weise wohl von einem „Eisenbahner“ sprechen, der Effekt bliebe allerdings der selbe, die Strafe ebenso: kein anderes Team sah im vergangenen Jahr öfter die gelbe Karte als der SKN. 84 Verwarnungen, 2,33 pro Spiel machten die Traisner in dieser Kategorie zu den Bad-Boys der Liga. Rot allerdings, das ist nicht die Farbe der St. Pöltener, hier stand Hippolyt zur Seite. Nur 2 Ausschlüsse bedeuten Rang zwei hinter den Engelchen von Mattersburg, Innsbruck sah den roten Karton dreimal so oft. Die letzte Aufgabe des Stadtpatrons, die Hilfe für Körperschwache, hat nun aber der neue Schutzheilige übernommen.
Der Neue
Der Heilige Karl ist nun für Leiden und Wehwehchen, für Stütze und Hilfe zuständig. Heilig ist er ja noch nicht, aber Sir wird er genannt. Und man erwartete vor der Saison beinahe schon Wundertätigkeiten von ihm. Eine Stabilisierung solle er bringen, Konstanz. Die alten Bundesligakicker solle er wieder zu junger Frische führen, und junge Wilde zu überlegten und routinierten Spielern machen. Und er solle das Miraculum vollbringen, den SKN zum großen Konkurrenten des LASK zu machen – um den Oberösterreichern im Optimalfall gar den Aufstieg streitig zu machen. Aber Karl ist ein Sir, ein Trainer, und kein Heiliger, kein Patron. So war der Start in die Saison doch etwas holprig. Zu Hause musste man sich mit einem 2:2-Unentschieden gegen hochmotivierte Salzburger zufrieden geben. 62,8% Ballbesitz, 24 Schüsse (2,4x mehr als die Violetten), 8 davon aufs Tor (2x mehr), 11 Eckbälle (11x mehr), 21 Freistöße (2,6x mehr), all dies konnte nur zu einer optischen Überlegenheit verwertet werden, die ohne wirklich zählbaren Erfolg blieb. Und es kam noch dicker: gegen den FC Liefering wurde in Grödig eine 1:2-Niederlage erspielt. An sich kein Beinbruch, doch man stand rund 20 Minuten mit einem Mann, und nochmals gut eine Viertelstunde zusätzlich mit zwei Mann mehr am Platz, ohne die numerische Überlegenheit in Verwertbares umsetzen zu können. Aus 58,8% Ballbesitz, 18 Schüssen (1,38x mehr), wiederum 8 davon aufs Gehäuse (2x mehr), 7 Eckbällen (7x mehr) oder 17 Flanken (2,83x mehr) fiel nur ein Tor, zu wenig für einen Punkt an diesem Tag. Das konnten die Niederösterreicher am Dienstag im Ländle nachholen. Wiederum wurde nur ein Tor erzielt, dies reichte aber für drei Zähler, gleichbedeutend mit dem Aufschließen auf den FC Wacker Innsbruck. Erreicht wurde dies mit Werten, die den anderen Spielen teilweise verblüffend ähnlich sind, vor allem was die optische Feldüberlegenheit betrifft: wiederum wurden starke 59,5 % Ballbesitz erreicht, der SKN lässt den Gegner nicht gerne ins Spiel finden. Von 15 Schüssen gingen diesmal zwar nur 4 aufs Tor, dies reicht aber, wenn einer den Weg ins Tor findet. Wiederum konnte man ein Plus an Eckbällen herausspielen, mit insgesamt 25 in drei Spielen sind die Mostviertler in dieser Statistik Ligaspitze.
Heiligenquartett
Auch wenn es die Tabelle derzeit noch nicht zeigt, St. Pölten wird ein unangenehmer Gegner für den FC Wacker Innsbruck. Vielleicht müssen die Tiroler ihren Landesheiligen ins Spiel bringen. Besser gesagt, ihre, hat man ja zwei davon. Von den Habsburgern vererbt, ist St. Josef sicherlich eine gute Anrufstation, Fleiß und Arbeit führen mittelfristig zum Erfolg. Und für den kurzfristigen gibt es den Hl. Georg, ist er ja nicht nur Drachentöter. Hippolyt als Patron der Gefängniswärter und Pferde kann sich warm anziehen, denn Georg sorgt sich neben seinen braven Tirolern auch um Gefangene und Schlachter. Im Heiligenquartett hätte Wacker schon mal die Nase vorne…