In vino veritas
Die Austria kommt! Gut, das ist in dieser Liga keine Besonderheit, sind doch ein Drittel aller Spiele, also auch sechs Heimspiele, Begegnungen mit einer Austria. Wenn man also daheim auf eine Austria trifft, während die Fans der Nord nur noch von der nächsten Runde gegen die Austria sprechen und dabei völlig übersehen, dass nach DEM Spiel gegen die Austria ja die Austria wartet, dann war nicht zu viel Wein im Spiel. Dann sähe man ja nur doppelt. Das Austria-Triple eröffnet am Freitag jene aus Lustenau, die älteste der Austrias. Wobei, nein, also… Ach, genehmigen Sie sich ein Viertel und ergründen’s mit mir die Wahrheit, so sie existiert.
Lustenau ist anders
Also: die Austria kommt. Jene aus Vorarlberg. Und wie wir wissen, steht Austria für violett, wer auch immer diese Unfarbe einem Trikot angetan hat. Die Ur-Austria in Wien, die Salzburger, die Klagenfurter, jeder ein Veilchen. So, wie ein Rapidler halt ein Grün-Weißer ist. Und auch ein Austrianer, wenn er aus Lustenau kommt. Vorarlberg ging immer schon gerne seinen eigenen Weg. Macht sie manchmal etwas kompliziert, aber durchaus sympathisch – vor allem, wenn das einzig lilane aus diesem Bundesland in 100g- und 300g-Tafeln kommt. Lilane verputzt man gerne, ob als Gegner oder Schokolade. Wobei zweiteres meist einfacher ist, aber dazu später. Und die westlichsten Bewohner Österreichs gehen auf ihrem eigenen Weg munter weiter: in einer Ansammlung der Landeshauptstädte, einer von der Dorf- zur Stadtliga mutierten 2. Division bleibt Lustenau stolzer Vertreter des Ländlichen. Egal, dass man mit 21.894 Einwohnern am stolzen 24. Platz in Österreich steht, städtisch will man im ehemaligen Reichshof nicht sein, lieber die einwohnerreichste Marktgemeinde der Nation, deren Namen man stolz trägt. Sturschädl, würde man in Tirol sagen, aber es ist ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, dass die erst 1830 vollrechtlich zu Österreich gekommenen Lustenauer prägt. Und dieses Selbstbewusstsein zeigen sie auch auf dem grünen Rasen, gerne auch auf dem des Tivoli.
Lustenau ist stark
Selbstverständlich hat man als Wacker-Fan noch das dramatische 4:3 vom September 2003 in Erinnerung, als Ali Hörtnagl Innsbruck zurück auf den Weg in die Bundesliga brachte. Und natürlich kann man sich auch noch an den 5:0 Kantersieg aus der Aufstiegssaison 2009/10 erinnern. Was aber darauf folgte, würde man als Schwarz-Grüner gerne aus dem Gedächtnis verbannen. Im März 2009 brachte eine numerisch unterlegene Austria (mit einem jungen Kärntner namens Danijel Micic) auf Tiroler Boden ein 1:0 über die Runden und warf Innsbruck aus dem ÖFB-Pokal. Bis zum nächsten Heimspiel kam man über ein Remis nicht hinaus, vor eigenem Publikum folgten zwei knappe, aber auf Grund der eigenen Schleißigkeit nicht unverdiente Niederlagen, die Innsbruck in der vergangenen Spielzeit beinahe über den Rand des Abgrunds fielen ließen. Lustenau war stets ein harter Brocken, sechs Begegnungen benötigten die Tiroler, um das erste Mal über einen vollen Erfolg jubeln zu dürfen, in den letzten fünf Pflicht-Heimspielen ging man viermal als Verlierer vom Platz. Doch auch bei den Niederlagen im Ligaalltag gab es eine Konstante: Innsbruck traf. Dreizehn Spiele in Folge, 27 Tore gesamt, ein Schnitt von 2,08 Toren. Und auch Lustenau konnte 23mal scoren, auch noch stolze 1,77 Treffer pro Match. Lediglich die erste Begegnung seit der Neugründung des FCW endete mit einem torlosen Remis.
Junges, altes Lustenau
Apropos Neugründung, da haben wir ja angefangen. Die älteste der drei Austrias darf sich jetzt auch schon im Club der dreistelligen Methusaleme willkommen fühlen. Im Juni 1914 gegründet (und im Jubiläumsjahr bis zuletzt in Gefahr, den Profibereich zu verlassen, eine nicht unbekannte Ironie der Geschichte), kann sich Lustenau sechs Jahre älter als Klagenfurt und gleich 19 Jahre älter als Salzburg nennen. Aus vereinsrechtlicher Sicht sind die Kärntner als 2007 gegründete die jüngste Truppe. Geht es allerdings um den Namensteil Austria, dann haben die Kaufmänner vom Wörthersee die Nase vorne, fusionierten sie ja 1927 mit dem Klagenfurter SK zum Sportclub Austria Klagenfurt. Das Salzburger Bekenntnis zu Österreich folgte 1933, als man Rapid und Hertha Salzburg verschmolz. In Vorarlberg kam Austria erst 1936, zu Zeiten des Ständestaates, in den Vereinsnamen, als sich die Fußballabteilung vom Turnerbund löste. Und lange blieb sie nicht bestehen, zwei Jahre später war der neue Vereinsname ein No-Go. So gesehen ist die Lustenauer eigentlich die jüngste Austria. Und jünger als Wacker sind die Vorarlberger auch in anderer Hinsicht, stellten sie doch in dieser Saison bereits dreimal eine Startelf auf den Platz, die unter 24 Jahren im Schnitt aufweist. Allerdings gab es mit diesen Mannschaftszusammenstellungen auch beide bisherigen Saisonniederlagen zu beklagen. Innsbruck hingegen in guter, alter Tradition am anderen Ende der Liste wiederfinden: zwei Startelfen mit über 26 Jahren, keine unter 25,6 Jahren. Dass Erfahrung aber manchmal kein Fehler ist, zeigte der Auftritt in der vergangenen Runde gegen die Jungspunde aus Salzburg, die mit 18,6 Jahren gerade alt genug waren, um in Österreich ein gutes Gläschen Wein zu genießen.
Ein Schluckerl in Ehren
Berauscht war man auch in Lustenau in Runde 5. Ob dies nun am überraschenden, aber verdienten Heimerfolg gegen den nach wie vor Titelfavoriten Nummer 1 aus Linz lag oder doch am Weingut Pannonia, das seine edlen Tropfen im Austria-VIP-Bereich ausschenkte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Die Folgen jedoch schon, jubelt man doch nach wie vor auf der offiziellen Homepage des Vereins, dass man den LASK „besigt“ hat, und das in „meinem mitreisenden Spiel“. Hoffen wir, dass der Sieg, der von Vorarlberg nach Innsbruck mitreist, hier in Tirol bleiben will…