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Ghostbusters

Es hätte so schön sein können. Ja was heißt schön – das ist wohl die größte Untertreibung des Jahrhunderts. Ein Derby mit sieben Toren, einen Ausschluss und jede Menge weiterer Aufreger. Dazu noch zwei Mannschaften, welche jeweils unglaubliche Moral bewiesen. Das wäre eine unglaubliche Werbung für den Österreichischen Fußball geworden zu dem wohl 10.000 bis 12.000 Zuschauer gekommen wären. Allein von Tirol aus hätte es eine richtige Karawane gegeben um die Ihren die Tabellenführung verteidigen und gegen den Erzrivalen siegen zu sehen. Aber die Österreichische Bundesliga zeigte wenig Phantasie und agierte für den Österreichischen Fußball mit Sicherheit geschäftsschädigend. Es ist zum verrückt werden. Letzte Saison gerade mal in der letzten Runde das Abstiegsgespenst verscheucht, war nun das lang ersehnte Derby ein Geisterspiel.

 

Reise ins Ungewisse

Vor Abfahrt zum „Geisterderby“ am Freitag war allgemein gedrückte Stimmung. Schade um unser Derby. Was wird uns erwarten und wie weit kommen wir denn überhaupt? Nur die wenigsten erwarteten dass die Busse bis nach Schwanenstadt gelangen. Und dennoch trafen bis zur Abfahrt etwa 250 Personen vor der Tivoli Nord ein. Einigen war die Sache dann halt doch zu heiß und sind abgesprungen, denn alleine acht Busse waren bis zum Geisterspiel-Entscheid bereits reserviert. Schließlich machten sich vier Busse voller Ghostbusters auf. Werden sich alle im Griff haben und ihre Emotionen im Zaum halten können oder geht mit ein paar Hitzköpfen der Gaul durch? Dann hätten wir den Salat. Unvernunft stirbt leider nie…

Viecherei

Aber weil Vernunft oft siegt, wurde genau zu dieser aufgerufen. Eigentlich war alles gut organisiert und so wusste jeder, der die Lauscher auf hatte, was uns erwarten würde. Bis nach Oberösterreich bretterten die Busse noch ziemlich einsam über die Westautobahn. Da ist es mir allerdings ein wenig zu langsam voran gegangen, was sich rächen hätte können. Kurz vor der Autobahnausfahrt Richtung Schwanenstadt bekamen wir dann die erwartete Blaulichtbegleitung. Ich glaube, es sind so an die zwölf Neunsitzer der Polizei gewesen. Etwa drei Kilometer vor Schwanenstadt wurden die Busse zur Seite gewunken. Wie in einem Schlachthof wurden die Fußballfans einzeln durch Gitter zur Schlachtbank, ach nein, zur Ausweiskontrolle geführt. Danach bekam man ein Schild mit einer Nummer und musste für ein Erinnerungsfoto für die Polizei lächeln. War man fertig, ging es in eine eingezäunte Koppel. Ja richtig, jetzt konnte man sich wirklich wie ein Tier fühlen. Ich dachte mir, ein paar Schafe sind da schon jetzt drinnen. Personalisierte Eintrittskarten, da hätten einige das Derby sowieso von draußen verfolgt und dann so etwas. Aber was nimmt man nicht alles für seinen Verein in Kauf.

Einzigartig

Unser Busfahrer Paul aus den Niederlanden meinte gar, er sei zusammen mit 125 Fanbussen von Rotterdam nach Dortmund gefahren und hat auch so einiges erlebt, aber so etwas hatte unser „fliegender Holländer“ noch nie gesehen. Aber die Kontrollen gingen zügig. Auch der Bus wurde sehr flott durchsucht und so warteten die Busse am Ortsrand in einer Wiese, bis alle abgefertigt wurden. Auch einige Privat-Fahrer waren mit ihren PKWs dabei. Mittlerweile stand es in Schwanenstadt schon 0:1. Wäre eigentlich ein tolles Picknick gewesen, hinter einem Maisfeld und in der Wiese bei Vollmond. Der Ausgleich wurde so richtig bejubelt und auch, dass der vorletzte Bus endlich angerollt gekommen war.

Ziel erreicht

Ich glaubte dennoch nicht, dass wir bis in die Nähe des Stadions gelangen würden. Aber siehe da. Riesenjubel als Bus Nummer vier angetuckert kam. Mit Begleitung ging es in die Stadt, welche in der letzten Woche für Schlagzeilen sorgte. Direkt an der Straße halt und dann raus aus den Bussen. Wenige Hundert Meter vor uns war das hellerleuchte Stadion zu sehen. Was dann abging kann man mit Worten unmöglich beschreiben. Ich glaube, man hat es trotz der Entfernung im TV deutlich gehört, was mehr als 300 Schwarz-Grüne auf die Straße zauberten. Männer, Frauen, Kinder, ja komplette Familien kamen aus dem ganzen Land zusammen um in Schwanenstadt ein Zeichen zu setzen. Eine Mega-Party wurde gefeiert und da konnte auch der jetzt wieder knapp gewordene Spielstand nichts daran ändern. Nach Schlusspfiff im Stadion kannte die Euphorie keine Grenzen mehr. „Derbysieger“ und Gänsehautstimmung pur.

Der Höhepunkt

Der Jubel war groß, und er wollte kein Ende nehmen. Besonders dann nicht, als die Mannschaft samt Trainer uns überraschte und noch eine halbe Stunde mit uns feierte und mit ihren Fans abklatschte. Wahnsinn! Dieses Spiel geht in unsere Geschichte ein. Was für eine Verbundenheit, was für eine Treue der Fans! Ein bisschen verrückt, ja, aber ich glaube, wir haben das Derby doppelt gewonnen. Auch das gegen eine total versagende Bundesliga.

Eine römische Eins

Wären die Kontrollen nicht so diszipliniert abgelaufen, hätten wir Schwanenstadt mit Sicherheit nie erreicht. Wäre die Polizei auf Schikanen aus gewesen, wir hätten das Stadion ebenfalls nie erreicht. Hätten die Beamten nicht so korrekt und fast schon freundlich gehandelt, wären die vier Busse, viele Privatautos und ein Unfall an gleicher Stelle in etwas mehr als einer Stunde nie und nimmer komplett abgefertigt worden. Dass wir trotz allem noch diese Party erleben und mit der Mannschaft vor Ort feiern durften, ist auch ein Verdienst der diesmal guten (weil schnellen und fairen) Arbeit der Exekutive.
Bleibt zu hoffen, dass in Salzburg Einsicht einkehrt und es der Austria ermöglicht wird im EM-Stadion zu spielen. Sie haben es verdient und es wäre der geeignete Rahmen für dieses Westderby gewesen. Rasen schonen, mit dem Abbau der Werbebanden nicht fertig werden – alles faule Ausreden. Wo ein Wille, da ein Weg.

Rückfahrt mit Hindernissen

Bei der Fahrt zurück nach Innsbruck wurde in Mondsee halt gemacht. Da rollten ganze 35 Polizeikarossen an uns vorbei… Nach einer Verpflegung an der Raststation sollte es weiter gehen. Sollte es, wenn sich nicht unser jetzt „stehende Holländer“ Paul aus dem eigenen Bus ausgesperrt hätte. Verzweifelt wurde sogar versucht über das Dach in den Bus zu gelangen. Das klappte nicht und auch sonstige Versuche blieben erfolglos. Ja, bis im Bus ein Geisterspielbesucher munter geworden ist und diesen einfach geöffnet hat. Jetzt hat das Wort Geisterspiel eine ganz neue Bedeutung bekommen. Diese Reise wird auch unser Busfahrer nie mehr vergessen. Er freut sich aber jetzt schon, auf die nächste. Mit den Fans des FC Wacker Innsbruck ist es nie langweilig!

 

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Autor: Rudolf Tilg

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