Die Bundesliga und ihre bröckelnde Fassade
Es ist das Wort, das das geisterhafte Westderby begleitet hat wie ein langer Schatten. Es flog durch den Blätterwald, gern aufgenommen von den Medien. Es wirkt so unschuldig und unscheinbar, dass die Verantwortlichen der Bundesliga glaubten, damit ihr dilettantisches Vorgehen im Umgang mit dem Ausschluss aller Fans kaschieren zu können. Wir sprechen von der „Wettbewerbskontinuität“. Das Beharren auf eben dieser sorgte nun dafür, dass ein de facto ungeeignetes Stadion für eines der attraktivsten Spiele im österreichischen Profifußball herhalten musste. Skurriler geht’s kaum.
Bewiesene Inkompetenz
Im Rahmen der Lizenzierung schien die Bundesliga zunächst auf einem guten Weg. Denn die erstinstanzliche Verweigerung durch die Liga hatte bereits ihren Ursprung in Schwanenstadt, für dessen Stadion keine Zulassung vorlag und auch erst in letzter Minute vor der Entscheidung des Protestkommitees ergattert werden konnte. Das Fatale daran: Tatsächlich relevante Faktoren wie getrennte Zufahrtswege für beide Fanlager, eine dem Zuschauerinteresse angemessene Kapazität, entsprechende Sanitäranlagen, die Abgrenzung zum Innenraum oder auch nur ein Podest für den Vorsänger spielten hierbei keine Rolle. Viel wichtiger schien damals die Adaptierung von Medienarbeitsplätzen, des Kameraturms oder der Nachrüstung des Flutlichts. Zweifellos nicht unwichtige Installationen. Wer dann aber ernsthaft glaubt, bei einem Lizenzwerber mit so einem Fanpotential wie Austria Salzburg seine Schuldigkeit getan zu haben, dem ist nicht mehr zu helfen. Der eigentliche Sündenfall der Bundesliga liegt nicht – wie so oft behauptet – in Grödig, nein, er liegt in Schwanenstadt. Dort, wo wirklich Probleme auftauchen, wird weggeschaut und stattdessen müssen selbst in den kleinsten Bundeligastadien demnächst Rasenheizungen installiert werden. Das geht an den Bedürfnissen der Zuschauer vorbei.
Ausreden helfen nicht weiter
Nun könnte es sich die Liga einfach machen und auf die gültige Rechtslage verweisen. Denn nach den im Lizenzierungshandbuch enthaltenen Auflagen ist das Schwanenstädter Stadion tatsächlich für den Spielbetrieb geeignet. Das Sicherheitszertifikat lieg vor. Unfassbar ist dabei: Genau in diesem Sinne hat sich Bundesliga-Vorstand Ebenauer geäußert. Anstelle des Eingeständnisses, dass die aktuelle Beschlusslage der Bundesliga es nicht zulässt, eine derartig attraktive Partie in der zweithöchsten Spielklasse ordentlich über die Bühne zu bringen, wird nach anderen Schuldigen gesucht. Es überkommt das Gefühl, dass die Anhänger beider Vereine durch ihre historische Rivalität und ihr zahlreiches Erscheinen als Hauptverursacher dieses bemitleidenswerten Schauspiels hingestellt werden sollen. Der Salzburger Austria an dieser Stelle einen Vorwurf zu machen würde der Sache auch nicht ganz gerecht werden, denn jeder Anwärter wird die Lizenzhürde nur so hoch überspringen, wie er muss. Im Gegenteil wollten die Violetten offenbar ohne Rücksprache in den ursprünglich vorgesehenen Schwanenstädter Auswärtssektor zusätzliche Plätze für Ihre Heimfans anbieten und Gäste stattdessen anderweitig unterbringen. Und das ohne Konsequenzen. Der sich so hilflos präsentierenden Bundesliga nahm dann schließlich die BH Vöcklabruck die Entscheidung ab. Mit ihrem Einschreiten, das Westderby zunächst komplett zu untersagen, schufen die Behörden Fakten. Fakten, die eigentlich die Bundesliga schon vor Monaten hätte schaffen müssen. Eine peinlichere Zurschaustellung der Untätigkeit der Entscheidungsträger in Wien kann es nicht geben. Ihre Autorität hat nachhaltig Schaden genommen.
Mut zur Veränderung
Ein „Weiter so“ darf es nach diesem Trauerspiel nicht geben. Die Entscheidung der Bundesliga, das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen, ist nicht mehr als Flickschusterei. Sie entzieht sich damit ihrer eigenen Sorgen, überträgt die Sicherheitsverantwortung an die Polizei und schadet damit dem Steuerzahler. Man mag glauben, die Kunden an den heimischen Fernsehern via Sky und ORF seien ihr wichtiger als die Zuschauer vor Ort. Hauptsache die Kugel – und der Rubel – rollt. Was es tatsächlich braucht ist eine Reflexion darüber, welche Bestandteile der Lizenzierung reformiert werden müssen. Die Bedürfnisse der Klubs müssen den Ausschlag geben und nicht das einseitige Festhalten an starren Paragraphen. Denn die Bundesliga besteht nicht nur aus Altach, Mattersburg und dem WAC, sondern auch aus dem LASK, Austria Salzburg und dem FC Wacker Innsbruck. In ihrem Leitbild bekennt sich die österreichische Bundesliga zur kontinuierlichen Weiterentwicklung einer komfortablen und sicheren Infrastruktur sowie zu seriösem und transparenten Tun und Handeln. Sie sollte sich fragen, ob ihre aktuellen Mittel ausreichen, um diese so ehrenwerten Ziele zu erreichen.