Da war doch mal was…?!
Krems ist ein historischer Boden. Mit Schulterblättern von Mammuts bedeckte Kindergräber aus dem Paläolithikum, eine dicke Dame namens Venus aus dem nahen Willendorf, eine noch ältere, tanzende Fanny vom Galgenberg, die Menschen haben sich hier in der Wachau schon immer wohl gefühlt. Kein Wunder, dass sie auch vor 96 Jahren schon einen Fußballverein gründeten, den Kremser Sportclub. Der tingelte in seiner Geschichte sogar mal in der Staatsliga A rum, und auch die Bundesliga wurde Ende der 80er aufgesucht. Wenn Ihnen das alles nichts sagt, dann haben sie das Glück des Spätgeborenen. Denn da war mal was…
Es war einmal…
Vor langer, langer Zeit, als die Innsbrucker blau-weiß waren und Ernst Happel sie dirigierte, da war man im Cup nicht unerfolgreich. 1987 durfte man den Pokal in die Höhe stemmen, nachdem im Finale Rapid, im Semifinale die Vienna, im Viertelfinale die Austria aus Wien besiegt werden konnten. Dabei hätte man auf sportlichem Wege auf den Kremser SC treffen müssen, hatte dieser doch im Achtelfinale die Veilchen auf Favoriten bereits mit 2:0 aus dem Bewerb geworfen. Der Triumph hatte aber einen Schönheitsfehler, mit Milosavljevic wurde ein nach vier gelben Karten nicht spielberechtigter Kicker eingesetzt, die Partie wurde strafverifiiert, Krems musste auf das nächste Jahr warten. Für die Tiroler lief es auch 1987/88 recht gut, obwohl man in Runde zwei gegen die USV Hallwang bereits nach 13 Minuten mit 0:1 zurücklag. Das Spiel wurde gedreht, in den kommenden Runden auch Rapid Lienz, SV Ried, Sturm Graz, der LASK ausgeschalten, um den Pokal eigentlich nur mehr abholen zu müssen. Denn im Finale traf man auf Zweitligisten Krems – und bisher konnte noch nie in der Geschichte des freien Österreichs ein Zweitligist den Cup gewinnen (1938 war es Schwarz-Rot-Wien, die abgespaltene Fußballsektion des Wiener AC). Die Kremser hatten sich mit Losglück und Können ins Finale gemogelt, ohne bemerkt zu werden. St. Margarethen, Zwettl, Puch, Sportclub und Mödling waren die „Kapazunder“, die der Weinviertler Urgewalt weichen mussten.
Kleines Krems ganz groß
Dennoch wurde man von Innsbruck nicht auf die leichte Schulter genommen, die Tiroler traten in Bestbesetzung an – und verloren Finalspiel eins klar und völlig unterlegen mit 2:0 durch Tore von Ronald Otto und dem Jungakademiker Thomas Janeschitz. Etwas geschockt bereitete man sich auf das Rückspiel vor, im Wissen, als Bundesligist mit Starensemble den Titel noch holen zu können. Naja, vielleicht nicht ganz so überzeugt, denn in der Meisterschaft hatte man seit gut eineinhalb Monaten nicht mehr gewonnen, lag auf Rang sechs und lediglich 4 Remis und 2 Niederlagen bei nur vier erzielten Toren erreicht – der Cupsieg war die einzige Möglichkeit auf die Teilnahme am internationalen Geschäft! Das Ende ist bekannt, auch den Spätgeborenen: 13. Minute, 0:1 durch Erwin Wolf. Innsbruck müht sich lange, erst in Minute 80 geht man in Führung, in der 90. fällt das dritte Tor, zu spät. Krems feiert am Tivoli den größten Erfolg seiner Karriere, für Tirol der passende Abschluss einer verkorksten Saison.
Es sollte nicht bei der einen Niederlage bleiben. Zwischen 1989 und 1992 kickten die Niederösterreicher erstklassig, schlugen dabei Innsbruck zu Hause wie auswärts und konnten mit klingenden Namen wie Mario Kempes, Hans Krankl, Felix Gasselich oder Ernst Baumeister aufwarten. Nach 1992 begann aber der langsame Abstieg bis in die 2. Landesliga West, von der man sich wieder in die vierte Leistungsstufe hochkämpfen konnte. Und beinahe wäre es auch mehr geworden, doch im vergangenen Jahr waren zwei Niederlagen in 30 Spielen eine zuviel. Mit 68 Punkten, 95 erzielten Treffern, einer Tordifferenz von +65 und dem Sturmduo Myroslav Slavov und Robert Fekete, das in 55 Spielen 57 Tore erzielte, musste man als Vizemeister dem ASK Ebreichsdorf den Aufstieg in die Regionalliga überlassen. Da half auch kein Sechser-Pack von Slavov in der vorletzten Runde beim 11:2 gegen Ober-Grafendorf.
Die eigenen Gesetze
Auch wenn Krems Landesligist ist, ungefährlich sind sie wohl nicht. Seit 14 Heimspielen sind sie wettbewerbsübergreifend ungeschlagen, in der ersten Cuprunde wurden die Burgenländer des SC Trausdorf mit 8:1 abgefertigt (vier Tore Slavov), mit Fekete stellt man den aktuell zweiterfolgreichsten Torschützen der Liga, der sich damit auf Augenhöhe mit Ligakonkurrenten wie die Bundes- und Erste-Liga-erprobten Egharevba, Mario Konrad oder Marco Miesenböck befindet. Viel Regionalliga-Erfahrung, gepaart mit Einsätzen in Russlands und Ukraines höchster Liga durch Slavov, der, wie auch Christoph Fertl und Forian Bauer, bereits in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse kickte, oder die 19 Bundesliga-Partien von Christian Schragner – sie alle zeigen, dass hier keine unerprobte Amateurtruppe auf Wacker zukommt. Und eine Cup-Blamage gegen den Kremser SC sollte in der Vereinshistorie reichen…