Völlig sinnlos, meine Herren!
Manchmal muss es einfach gesagt werden. Die bittere, nackte Wahrheit. Unbeschönigt und ohne Auslassung. Einfach gerade heraus. Auch, wenn es schwer fällt. „Statistiken sind sinnlos. Völlig.“ So, jetzt ist es wieder einmal gesagt. Gut, Sie hören das jetzt nicht zum ersten Mal von mir – und es endet immer darin, dass ich Ihnen wieder Zahlen um die Ohren werfe. Aber das liegt nur daran, sagen Sie, dass Statistiken nur sinnlos sind, wenn man sie falsch interpretiert, falsch bewertet, falsch einsetzt. Gut. Sie wollten es so.
Schweizer müsste man sein
Sie sind ja berühmt fürs Nichteinmischen. Einigeln. Über 300.000 Bunker hat die Schweiz, bereits 2011 hätten diese für alle 8,6 Millionen Österreicher Platz geboten. Oder für jeden Vorarlberger, wenn er Einzelwohnungen bevorzugt. Oder jeden Lustenauer, 392mal. Und fußballerisch prägten sie den Verrou, den Schweizer Riegel, die erste Taktik mit vehementer Defensive, mit dem prägenden Libero, mit Außenverteidigern. Vorgänger des Catenaccio. Also in etwa das, was Wacker, etwas adaptiert, gegen Liefering spielte. Tief stehen, den Gegner anrennen lassen, Konter führen und tödlich zuschlagen. Anders sind die 11,8% weniger Ballbesitz nicht zu erklären. Tja, und wer hat’s erfunden? Die Schw… nein, Moment, ein Österreicher, Karl Rappan, ehemaliger Wacker-Spieler. Ja, Wacker Wien, aber das verzeihen wir ihm, dem Wahlschweizer. Lustenau wollte nebenbei, so wie beinahe ganz Vorarlberg, auch einmal zur Schweiz, nachdem man erst 1830 ein bisschen österreichisch geworden war. Am 11. Mai 1919 nämlich, per Wahl. 89,88% stimmten für die Confoederatio, aber die Helveten wollten die Vorarlberger nicht. Kanton Übrig, sozusagen. Alles Vergangenheit, die Lustenauer sind aufrechte Österreicher. Und die derzeit erfolgreichste Offensiv-Nation der Ersten Liga sind die Eidgenossen. Im Schnitt trifft ein Schweizer Spieler in jedem Match, in dem er spielt. Umgelegt auf Österreicher würde das bedeuten, dass in jedem Spiel 21,4 rot-weiß-rote Tore fallen müssten. Mehr, als in den letzten sieben Begegnungen Austria Lustenau – Wacker Innsbruck zusammen. Mehr als die 19 Tore, die Lustenau jemals vor eigenem Publikum gegen den FCW geschossen hat, in Bundesliga, Erste Liga und Pokal. Gut, es waren jetzt nur 5 eidgenössische Tore von lediglich einem Spieler, aber die Statistik sagt halt…
Sie haben keine Wahl
Die Wahl hatten die Lustenauer auch im heurigen Frühjahr, auf Gemeindeebene. Dabei gaben aber nur 59,16% der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, gültig waren überhaupt nur 55,62% der möglichen Stimmen. Damit lagen die politisch interessierten Lustenauer deutlich schlechter als die sportlichen Lustenauer im letzten Aufeinandertreffen mit Wacker Innsbruck, konnten die Austrianer doch 62,9% des Ballbesitzes auf sich vereinigen und brachten gar 73% ihrer Pässe an den Mann. Dennoch mussten sich die Grün-Weißen Rot und Blau ärgern, als Christoph Freitag erstmals in einem Heimspiel traf und den Vorarlbergern trotz rosiger Statistiken einen rabenschwarzen Tag bescherten. Bis letzten Dienstag traf Freitag nur freitags, bisher auch nie in zwei aufeinanderfolgenden Runden oder in ungeraden Runden oder gegen einen Verein öfter als einmal. Man wird sehen, ob auch das sich ändert. In der Saison 2014/15 sahen nebenbei 6934 Reichshofler die beiden Spiele gegen Wacker Innsbruck, um 383 Lustenauer mehr, als bei der Wahl 2015 von der Urne ferngeblieben sind. Es könnte sich also dabei um die mitgereisten Tiroler handeln, die zusammen mit den Nichtwählern beim Tschutta (vorarlbergerisch für Fußballspielen) zuschauten. Die Hinter-Arlberger mussten zuletzt am 08.11.2003 in Lustenau eine Niederlage mitansehen, nebenbei ein Samstag, durften aber am Ende der Saison über den Meistertitel jubeln. Zu diesem Zeitpunkt war Markus Katona, geboren an einem Sonntag, bereits 338 Tage Schiedsrichter. Der Niederösterreicher pfiff heuer bereits KSV-ALU und stellte dabei den Steirer Manfred Gollner mit Gelb-Rot vom Platz, dessen zweiter Platzverweis in 135 Erstliga-Spielen, nachdem ihn Dieter Muckenhammer im Jahr zuvor innerhalb von Sekunden zweimal Gelb gezeigt hat. Lustenau verlor das Spiel gegen des KSV dennoch, so wie in den weiteren vier Partien unter der Leitung von Katona nie gewonnen werden konnte, Platzwahl ausgenommen.
Ein Einbruch kommt selten allein
Im 21. Jahrhundert spielte die Austria ausschließlich in der zweithöchsten Profi-Spielstufe des Landes und belegte dabei durchschnittlich Platz 3,6 von 10,53 Mannschaften. Dabei wurde man 3mal Vizemeister und scheiterte dabei um 2 (01/02 gegen Pasching), 7 (03/04 gegen Wacker) und 14 (13/14 gegen Altach) Punkte am Aufstieg. In diesem Jahrtausend standen mit Wolfgang Schwarz, Edmund Stöhr, Andreas Heraf, Heinz Fuchsbichler, Hans Kleer, Helgi Kolvidsson und Mladen Posavec durchschnittlich ein Trainer für 1,875 Saisonen auf dem Spielplan. Den besten Start hatten die Lustenauer dabei 2012/13, als sie nach 14 Runden erst eine Niederlage und nur 9 Gegentore bei 35 erzielten Treffern aufwiesen und an der Tabellenspitze standen, um im Frühjahr den typischen Austria-Einbruch durchzumachen. Wobei Einbrüche ja nicht typisch vorarlbergerisch sind, gab es 2014 ja nur 214 davon, während Tirol 506 Anzeigen von Einbrüchen vorzuweisen hat. In Tirol werden aber mehr Einbrüche aufgeklärt, vielleicht auch ein Grund, warum Innsbruck jetzt besser liegt als Lustenau, dessen sportlicher Einbruch stets ein Rätsel bleibt. Derzeit liegt die Austria sechs Plätze und 19 erzielte Treffer tiefer als vor drei Jahren, musste schon sechs Gegentore und sechs Niederlagen mehr hinnehmen und dem FC Wacker Innsbruck die Tabellenführung überlassen, der damit den zehntbesten Ligastart aller Zweitdivisionäre hinlegte und nur vier Plätze hinter dem grün-weißen Traumstart liegt.
Verzeihen Sie bitte
Jetzt wurden Ihnen also wieder sieben Minuten Ihrer Zeit gestohlen mit Zahlen, die Sie weder glücklicher noch gescheiter gemacht haben. So, wie Innsbruck seit sieben Auswärtsspielen sämtliche Punkte stiehlt, was auch mit dem Plus von 16,6% an Einbruchsdiebstählen in Tirol Hand in Hand geht. Aber Wacker lässt sich halt nicht gerne schlagen. Zumindest auswärts nicht. Gewalt ist keine Lösung – werden in Vorarlberg doch 88,6% aller Gewaltdelikte geklärt, weil sich Täter und Opfer kennen. So wie Austria Lustenau und Wacker Innsbruck. Bleibt nur die Frage, wer jetzt wen schlagen wird.