High Noon
Ein einsames Fleckchen Erde. Ein paar wenige Neugierige, die sich fern des Geschehens in Sicherheit verbarrikadiert haben. Ein Held auf der einen Seite, ein Stern ziert seine Brust. Nicht mehr strahlend, sondern fast schon einsam und alleine, nur eine Hand voll Getreuer steht ihm noch bei. Eine Gruppe von Halunken auf der anderen, zu jeder Schandtat bereit. Nein, kein Western. Es ist High Noon. Es ist West-Derby. Der strahlende Held mit dem Stern für 10 Meisterschaften trifft auf das dreckige Dutzend aus Maxglan. So sieht es aus im wild, wild West.
Once upon a time in the West
Spiel mir das Lied vom Tod. Die deutschen Titel hatten immer schon etwas mehr Dramaturgie als das englische Original. Dabei wäre das nicht notwendig, damals im Westen war es schon so spannend genug. Etwa 1961, im September, am Neunten des Monats. Die Violetten waren gerade von ihrem kleinen Ausflug in die Staatsliga zurückgekehrt, die Luft an der Spitze des österreichischen Fußballs war wohl doch etwas zu dünn gewesen. Zum zweiten Mal nebenbei, waren sie doch schon 1953 das erste Mal dort zu Gast gewesen und konnten sich bis 1956 dort halten. Im zweiten Anlauf waren es nur zwei Jahre, Salzburg war eine Fahrstuhlmannschaft und kehrte 61 zurück in eine Liga, die sie noch nicht kannten. Zum ehemaligen Tauernligisten gesellte sich aus der ehemaligen Arlbergliga eine schwarz-grüne Truppe vom Inn, um in der Regionalliga West ihr Glück zu versuchen. Und musste in diesem ersten Jahr gleich in der Vorrunde des Cups nach Lehen, zum Absteiger, zum staatsligaerprobten Meisterschaftsfavoriten. Es wurde scharf geschossen, damals, im wilden Westen. Und schnell. Siebenmal krachte ein Schuss im Duell der beiden Young Guns, die die Besten im Westen sein wollten und doch noch weit davon entfernt waren. 4:3 endete das erste Aufeinandertreffen im Pokal, das glücklichere Ende hatte die Austria, trotz eines Elfmeter-Treffers von Rudolf Fleischhacker. Es sollte nicht zu einem Sieg reichen in der ersten Saison. Nur acht Tage später trafen sich die beiden Duellanten wieder, erneut in der Stadt der Nockerln. Wacker musste zwei davon hinnehmen, zu mehr als dem Anschlusstreffer reichte es nicht mehr. Im Rückspiel im April blieb es bei einem 0:0, Salzburg wurde Meister, Innsbruck Dritter. Zum nächsten Derby kam es erst am 20. Oktober 1963. Und dabei auch zum ersten schwarz-grünen Sieg gegen die Austria. 2:0 in einer lange offenen Partie, doch schon damals wusste Wacker Partien in den letzten Minuten zu entscheiden. Josef Santeler, der Imster Neuzugang, in der 87. und – raten Sie – Rudolf Fleischhacker in der 89. holten den ersten Erfolg gegen die Salzburger. Und derer sollten noch viele folgen.
Für eine Handvoll Dollar
Man sieht sich immer zweimal. Mindestens. Manchmal braucht man dazu einen zweiten Anlauf. Wie Wacker. Und wie Salzburg. Und manchmal ist es gar nicht so einfach, das bis zum Ende durchzustehen. Für eine Handvoll Dollar wurde vielleicht im Wilden Westen ein Revolverheld engagiert, Fußballer bekommt man dafür aber keinen mehr. Und Geduld war weder im Saloon noch im Fußballbusiness eine weit verbreitete Tugend. Und so braucht die Austria weit mehr als eine Handvoll Dollar, um ihre Existenz zu sichern. Eine Existenz, die durch einen schnellen Aufstieg durch nicht gerade billige Spieler gefährdet wurde. Eine Existenz, die ohne das Vorweisen eines ligatauglichen Stadions nicht möglich sein wird. Und so arbeiten die Salzburger gerade an mehreren Baustellen, unter anderem in Schwanenstadt für Risikospiele und daheim in Maxglan. Wobei daheim hier ein falsches Wort ist, hat man sich doch erst vor kurzem hier angesiedelt. Gut 1500 Besucher passen dort hinein. Und das bei einer Austria, die gerne auch im vierstelligen Bereich als Auswärtsmob auftauchen kann und den Sportplatz auch ohne Gästefans füllen könnte. Wie Clint Eastwood im Italowestern versuchte man östlich von Innsbruck, es allen Recht zu machen, für zwei Seiten zu arbeiten – und machte dabei alles falsch. Die ausgewiesene Gästetribüne im Ausweichstadion wollte man den zahlreichen eigenen Fans zuweisen und wunderte sich über eine versagte Spielgenehmigung. Die verhaltensauffällige Geschichte der eigenen und Gästefans schien man völlig vergessen zu haben und wunderte sich über Auflagen. Man bog sich die Lizenzierung zurecht und wunderte sich über Konsequenzen. Den einen Spielgrund musste man ausbauen und doch den anderen dabei nicht vergessen. Das Ganze funktioniert wohl nur durch mit ein paar Dollar mehr, und dafür sorgen sollen einmal mehr die Fans.
Die glorreichen Sieben
Die Fans, die zu einem überwiegenden Teil den Verein bedingungslos unterstützen und ihr letztes Hemd dafür geben, dass die Austria weiterexistieren kann. Und die nichts mit den Bandidos, den ausgekochten Halunken zu tun haben, die ihr persönliches Streben nach einem intensiven Kräftemessen über das Wohl des Vereines stellen und damit der Öffentlichkeit die Möglichkeit bieten, die Gesamtheit der Fußballfans über einen gewaltorientierten Kamm zu scheren. Keine Gnade für Verräter. Dabei geht es ganz anders, gesehen beim letzten Derby. Das Stadion war leer, und doch hörte man die Unterstützung für die eigenen Teams. Lautstark feuerten Schwarz-Grüne wie Violette ihre Mannschaften an, nahmen Fahrten und Kontrollen auf sich, verzichteten darauf, das Spiel zu sehen – alles für Ihre Farben. Und es war ein heißes Spiel, abermals setzte es sieben glorreiche Treffer und einen tödlichen Schuss, vielmehr eine Rote Karte. Sieben Minuten brauchten die Innsbrucker, um drei Schüsse zu setzen und 4:1 in Führung zu gehen. Und sieben Minuten Später hätten sie es beinahe schon wieder aus der Hand gegeben, kam Salzburg doch mit einem Doppelschlag auf 4:3 heran. Sieben Schüsse gab Wacker auf das Tor ab, vier davon saßen, und das bei nur 41,4% Ballbesitz. Effektivität ist gefragt, nicht wildes Herumgeballere. Der schnelle Schütze und der, der aus dem Hinterhalt trifft, der verlässt das Duell aufrecht, der andere bleibt in der staubigen Prärie zurück. Wie eben Salzburg, das 58,6% Ballbesitz, 16 Schüsse, vier Eckbälle und 17 Freistöße nicht zu einem Erfolg ummünzen konnten. Ob daheim oder auswärts, bei der Austria läuft es derzeit nicht so gut. Als Gäste konnten sie erst einmal voll anschreiben, aus den letzten drei Auswärtspartien gegen die direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt Klagenfurt, Wr. Neustadt und Floridsdorf konnten nur zwei Punkte mitgenommen werden. Sieben Runden ist es her, dass man zuletzt voll anschreiben konnte. Das soll nun in Innsbruck geschehen, im Westderby. Es wird ein heißes Duell im wilden Westen…