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Waidmannsheil!

Treffen sich zwei Kärntner, gründen sie einen Chor. Treffen sich Tiroler und Kärntner, ist es die 17. Runde der Ersten Liga. Treffen sich zwei Jäger… Ach, lassen wir das. Obwohl, ganz unpassend wäre es nicht. Denn beinahe gleichzeitig mit den Farben – von blau-gelb auf violett-weiß – wechselte die Austria 1960 ihre Heimat und ließ sich im neuen Stadion nieder: im Klagenfurter Stadtteil Waidmannsdorf. Dort wird sich der Innsbrucker Jagdverein auf die Pirsch legen, um den nächsten Gegner in fremdem Revier zur Strecke zu bringen.

 
Platzhirsch

Einfach wird es nicht werden. Die Klagenfurter wissen, wie der Hase läuft. Und der Ball. Ihr eigenes Gefilde kennen Sie so perfekt, dass Sie in dieser Saison bislang erst eine Niederlage hinnehmen mussten. St. Pölten war es, das in seiner aufstrebenden Form (sieben Siege in den letzten neun Spielen) den Violetten den ersten Blattschuss im heimatlichen Revier seit Langem verpasste. Seit sehr langem, wohlgemerkt. Die Austria ist zu Hause eine Macht. 23mal in Folge musste der Gegner ohne Sieg abziehen, 17 volle Erfolge und sechs Remis standen dabei zu Buche. Der LASK biss sich die Zähne aus und kam nur zu einem Unentschieden, Liefering wurde mit 4:0 abserviert, Parndorf in der Relegation mit 4:1 ausgeschaltet, Pasching mit 5:2 vom Platz gefegt, Blau-Weiß Linz mit 3:1 besiegt. Man war lange Zeit nicht nur ein Platzhirsch vor eigenem Publikum, sondern auch eine Tormaschine. In der Regionalliga blieb man in der vergangenen Spielzeit in 15 Spielen 13mal ungeschlagen und erspielte 2 Remis. Nur 8 Tore konnten die Gegner erzielen (0,53 im Schnitt), mussten gleichzeitig aber 36 hinnehmen (2,4 im Schnitt). Und selbst in diesem Jahr, eine Spielstufe höher, halten sich die Kärntner ausgezeichnet. Kein Team der Liga musste zu Hause weniger Niederlagen einstecken. Nur der LASK musste in diesem Jahr weniger Gegentreffer am eigenen Platz hinnehmen, fünfmal landete der Ball im Linzer Tor (0,62 pro Spiel), siebenmal im Klagenfurter (0,87) – die einzigen zwei Teams mit einem Schnitt unter 1. Nur ein Team der Liga – Liefering – schoss zu Hause mehr Tore als die Austria, der Nachwuchs von der Salzach scorte 22mal (2,75 pro Match), die Herren vom Wörthersee 16mal (2) – die einzigen beiden Teams mit einem Schnitt über 2. Sie röhren ganz schön im eigenen Revier.
 
Hoppelhasen

Viele Hunde sind des Hasen Tod. Und die vielen Spiele gegen Mannschaften mit ungewohnt hohem Niveau setzen den Klagenfurtern immer mehr zu. Sie starteten zunächst überlegen in die Saison. Sechs Tore in den ersten drei Spielen, nur ein Gegentor, sieben Punkte, zwei Runden lang Tabellenführer – in Kärnten wollten manche schon wieder zu den Sternen. Vor allem, weil es nach der Niederlage gegen den LASK in Runde vier wieder lief wie geschmiert. Oder eben wie ein Hase. In Runde sieben erhielten die Austrianer erst das erste Gegentor vor eigenem Publikum, holten bis zu diesem Zeitpunkt zu Hause das Punktemaximum bei 11:1 Toren. In Runde sieben hatte man vier Siege und zwei Remis zu Buche stehen, sie wussten, wie der Hase läuft. Doch dann gab es eines hinter die Löffel, und das nicht nur einmal. In den darauf folgenden neun Spielen konnte nur noch auswärts beim FAC gewonnen werden, zu Hause kam man über drei Remis nicht mehr hinaus, und von den zunächst 2550 Heimzuschauern im ersten Spiel verirrten sich nur noch 990 in die 32.000er-Arena in Waidmannsdorf. Ja, die Umweltverträglichkeitsprüfung lässt nur noch 12.000 zu – deutlich weniger, als Waidmannsdorf alleine Einwohner hätte – aber es scheint, als müsste man sich bald Tipps bei Hannes Jagerhofer vom naheliegenden Beach-Volleyball-Event holen. Auch er musste in der ersten Saison die Zuschauer mit Bierkisten bestechen, dass sie die Finalspiele besuchen. Kärnten ist ein hartes Pflaster für Fußballvereine, und Klagenfurt scheint derzeit sowohl spielerisch als auch von seiner Wirkungskraft her auf der Strecke zu bleiben.
 
Aufs Korn nehmen

Diese Lunte sollten die Innsbrucker riechen – vorausgesetzt, sie haben nicht ebenso ihr Pulver bereits verschossen. Dabei könnte man ja auf eine schöne Geschichte zurückblicken, Klagenfurt war zumeist ein angenehmer Gegner, wenn auch kein angenehmer Spielort. Die Erscheinungsform FCK wurde in vier Ligapartien dreimal besiegt – auswärts setzte es eine Niederlage. Gegen den entfernten Cousin Austria Kärnten blieb Wacker dreimal ungeschlagen – auswärts setzte es eine Niederlage. Als blau-weißer FCS holten die Innsbrucker in sechs Spielen vier Siege, ein Remis – auswärts setzte es eine Niederlage in drei der vier Saisonen als Wacker Innsbruck seit dem Wiederaufsteig 1981 setzte es jede Saison auswärts eine Niederlage. Ich frage Sie jetzt nicht, wie oft Schwarz-Grün in den vier Partien der zweiten Division zwischen 79 und 81 einen Bock geschossen hat. Sie würden sagen „Auswärts einmal.“ und würden dabei Recht behalten. Dennoch kein Grund für Wacker, die Flinte frühzeitig ins Korn zu werfen, auch wenn in den letzten vier Spielen zwei Niederlagen zu Buche stehen und von einer Siegesserie nichts mehr zu sehen ist. Klagenfurt ist schlagbar, auch auswärts. Vor allem, wenn waidwunde alte Hasen langsam wieder genesen und in die Mannschaft zurückkehren. Keiner erwartet von den Innsbruckern ein Halali oder eine Hetzjagd, dazu ist die Austria vom Wörthersee zu stark. Aber vielleicht gelingt der Tiroler Jagdgesellschaft ohne viel Jägerlatein ein Fangschuss in Waidmannsdorf. Weidmannsheil!

 

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Autor: Stefan Weis

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