The Good, the Bad and the Ugly
Es ist manchmal schwierig, wieder in den Alltag zurückzukehren, sich mit ganz profanen Dingen zu beschäftigen, als sei nichts geschehen. Das ist aber auch nicht notwendig, denn für alles gibt es eine Zeit. Eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen. Meint zumindest das Buch Kohelet (Anm.: Schrift aus der Bibel, die aus Weisheitssprüchen, praktischen Lebensratschlägen und Warnungen vor falscher Lebensweise besteht). Eine Zeit, um innezuhalten, und eine Zeit um zu feiern und sich des Lebens zu erfreuen. Oder des Spiels. Oder beides, denn Fußball ist ein Spiel, das das Leben widerspiegelt. Das Gute, das Schlechte, tja, und auch das Hässliche.
Il buono (das Gute)
Da gibt es das Gute. Oder den Guten. Einfach das Außergewöhnliche im Leben. Etwa, dass man beim FC Wacker Innsbruck trifft, wenn es gegen Wr. Neustadt geht. Sogar fast immer. In den letzten 10 Spielen etwa in neun. 18mal. Und nur zweimal durfte man dabei keine Punkte mitnehmen, sechsmal die vollen. Oder, in allen Zweitligaspielen gegen den „neuen“ SC schossen die Schwarz-Grünen mindestens ein Tor, siebenmal in vier Spielen. In den Spielzeiten 79/80/81, als die beiden „Ur“-Mannschaften in der zweiten Division aufeinandertrafen, war es noch ein wenig deutlicher: vier Spiele, kein einziger Treffer der Niederösterreicher, aber deren zwölf der Tiroler. Koreimann (2), Golautschnig (2), Ayre (2), Braschler (2), Stückler, Hanschitz, Zanon und der Ex-Rapid-Lienzer Forstinger lehrten den SCWN das Fürchten. Und sie fürchteten sich zu Recht vor Innsbruck, gab es derer damals ja gleich zwei. Und die anderen – die Spielgemeinschaft aus Sportverein (SVI), Sportklub (ISK) und Eisenbahner Sportverein Austria (ESV) – waren mindestens ebenso schrecklich. Oder, aus Tiroler Sicht, ebenso gut. Ebenfalls drei Siege, ein Remis, 8:1 Tore. Die beiden Tiroler Teams sind wohl nicht ganz unschuldig, dass der 1. SC Wr. Neustadt 1980 nur durch das Torverhältnis die Klasse halten konnte, 1981 aber den Gang in die Regionalliga antreten musste, in welcher man über ein Jahrzehnt lang blieb. Den Klassenerhalt hält zur Zeit ein Mann in Niederösterreich fest. Ganz fest. Und er ist nicht der Gute, er ist der Beste der Liga. Domenik Schierl, Torhüter der Blau-Weißen, bewachte in 16 Spielen das Gehäuse seines Teams, unglaubliche siebenmal hielt er es sauber. 43,8% seiner Einsätze endeten mit einem Shut-Out, 6,3% mehr als bei Julian Weiskopf, 21,6% mehr als bei Pascal Grünwald. Oder 43,8% mehr als bei den Torhütern des FC Liefering, der einzigen Mannschaft, die noch kein Spiel ohne Gegentreffer beenden konnte.
Il brutto (das Hässliche)
Manche Teams beenden das Spiel auch nicht mit allen Spielern. Da wird es dann auch schon mal hässlich am Platz, wenn Sensen ausgepackt werden, auf die der Tod oder gar der Herr General Manager noch neidisch wären. Und manchmal, da ist es auch nur ein falsches Wort, das den vorzeitigen Gang in die Sanitäranlagen des Stadions veranlasst. In den bisherigen acht Begegnungen in Österreichs zweithöchster Spielklasse war dies viermal der Fall, im Schnitt also in jedem zweiten Spiel. Dreimal wurden dabei Neustädter zum Duschen geschickt (Rot für Neusiedler, Untergrabner, Sariyar), einmal ein Innsbrucker (Gelb-Rot für Sara). Drei zu eins lautete auch das Kartenverhältnis im letzten Aufeinandertreffen im September, den Gelben für Mally, Seebacher und Sittsam stand eine Verwarnung für Miachael Lercher gegenüber. Von wegen wilder Westen, die schlimmen Finger wohnen wohl im Osten. Das zeigt auch die Fairness-Tabelle, angeführt vom westlichsten Club der Liga, der Austria aus Lustenau. Nur eine rote Karte, nur 26 gelbe in 17 Spielen, darunter keine einzige wegen Kritik – hässliche Worte gibt es nicht im Ländle. Oder es versteht sie niemand, kann auch sein. Die zweitfairste Mannschaft der Liga ist nur gut 200 km weniger westlich – der FC Wacker Innsbruck. 32 Gelbe, eine Rote, nur sechs Karten mehr als die Vorarlberger, man weiß sich hier zu benehmen. Wiener Neustadt ist jetzt auch nicht gerade „the Ugly“, aber neun Karten mehr sind doch eine Ansage. Oder, dass die Niederösterreicher bisher doppelt so viele Unsportlichkeiten begangen haben als die Tiroler. Aber das alles wird in den Schatten gestellt von den Salzburgern und Linzern. Liefering musste schon sechs Platzverweise hinnehmen, mehr als jedes andere Team. Zwei mehr als das zweitaggressivste Team der Liga, der LASK, der vor allem mit vorlauten Spielern zu kämpfen hat, mit sieben Verwarnungen wegen Kritik ist man alleiniger Spitzenreiter in dieser Rangliste und gleichzeitig auch „il brutto“. Knapp gefolgt von der Austria aus Salzburg, dem Team mit den meisten Gelben für Fouls. Abstiegskampf kann hässlich sein.
Il cattivo (das Schlechte)
Auch der Kampf um die Winterkrone kann hässlich sein, vor allem, wenn man auf schlechte Erfahrungen zurückblicken kann. Beim letzten Aufeinandertreffen in der zweithöchsten Spielklasse 08/09 konnten sich die Schwarz-Grünen zu Hause nur über einen mageren Punkt freuen – als Tabellenführer. Diese Tabellenführung hielt daraufhin genau noch eine Runde, und nach der nächsten Begegnung, einer 1:3-Niederlage, durfte Wr. Neustadt schon den Aufstieg planen. Schlecht für Innsbruck ist auch, dass sich die Industrieviertler wieder Respekt erarbeitet haben. Nach einem katastrophalen Start mit keinem einzigen Sieg in den ersten fünf Spielen und mageren sieben Punkten in den ersten zehn Runden sind die Blau-Weißen nun auf den Geschmack gekommen: eine einzige Niederlage in den letzten sieben Runden, jeweils zumindest ein Tor in den letzten sechs, auswärts seit drei Spielen ungeschlagen. Es trifft also nicht der Tabellenführer auf das erste Team außerhalb der Abstiegsränge, sondern eher die erfolgreichste Mannschaft der letzten sechs Runden auf einen Mittelständler, der offensiv Probleme hat. Denn während der SCWN mit 13 Punkten und 9:5 Toren diese Tabelle anführt, kann Wacker für den selben Zeitraum nur sieben Tore vorweisen, den zweitschlechtesten Wert, unterboten nur vom KSV, FAC und den Violetten aus Salzburg mit sechs Toren aus den letzten sechs Spielen. Sollte Wiener Neustadt in Führung gehen, wird es ganz schwer für die Innsbrucker, gewannen die Niederösterreicher doch jedes der fünf Spiele, in welchem sie das erste Tor erzielten.
L’Estasi Dell’Oro (die goldene Ekstase)
Dabei spricht eine Statistik ganz für Innsbruck: in den letzten 16 aufeinanderfolgenden Ligaspielen trafen die Schwarz-Grünen immer mindestens einmal. Behält man diese Serie bei, dann steht der Freude am Gold nichts mehr entgegen. Dem Gold, das dem Herbstmeister gebührt. Auch, wenn es ein vergänglicher Glanz ist…