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Denk ich an Neustadt in der Nacht…

Es gibt wohl nicht viele, die Wiener Neustadt um den Schlaf bringt, nicht einmal die Neustädter selbst. Ihr Nachtleben scheint ähnlich zu sein wie der Ruf, der die 800 Jahre alte Stadt umgibt: bieder, unspektakulär, etwas abgenutzt. Bieder und unspektakulär, das trifft auch auf den SC zu, der sich unaufgeregt im Mittelfeld der Liga aufhält. Aber das ist die Gefahr an den Blau-Weißen, man unterschätzt sie gerne. Eher sollten sie einen um den Schlaf bringen.


 
Die Jahre kommen und vergehn…

Mit Ruhm hat sich der FCW in dieser Saison noch nicht bekleckert, wenn es gegen die Niederösterreicher ging. Ein Auswärtssieg, gerettet durch einen Deutschmann-Kopfball in der 90. Minute, nachdem der in der 1. Spielminute verwandelte Penalty ausgeglichen wurde – 2 Minuten reichten für drei Punkte. Zu Hause ein 3:3, zweimal lief man einem Rückstand nach. Diesmal war es ein Kopfball von Säumel in der 87., der zumindest einen Punkt sicherte. Die vier erzielten Tore in den zwei Spielen bedeuteten für Neustadt 14,3% aller erzielten Tore in nur 7,7% der absolvierten Partien. Oder anders gesagt, gegen keine Mannschaft erzielten die Blau-Weißen, die sechs Runden auf ihren ersten Treffer warten mussten, mehr Tore als gegen Innsbruck, auch gegen kein Team, gegen das schon dreimal gespielt wurde. Und in keiner Begegnung scorten die Mannen von Günter Kreissl öfter als zweimal – außer im Remis gegen die Tiroler. Kein Wunder also, dass der Kampf um die interne Torjägerkrone vor Ausgeglichenheit nur so strotzt und sich beinahe das gesamte Team Hoffnungen auf diesen vereinsinternen Titel macht. Christoph Saurer etwa, vor einigen Jahren noch schwarz-grün und in 34 Bundesliga-Partien für Innsbruck kein einziges Mal erfolgreich, steigerte sich in 704 niederösterreichischen Spielminuten um drei Tore – und ist erfolgreichster Torschütze der Industrieviertler, zusammen mit Balakiyem Takougnadi und David Harrer, deren Heimat eigentlich die Verteidigung und das Mittelfeld sind. Die nominellen Stürmer Maderner, Fischer, Stefel und Salamon halten bei jeweils lediglich zwei Toren. Die Jahre, als man in Innsbruck vor der Neustädter Offensive zitterte – wie etwa 08/09, als u.a. von Hannes Aigner und Sanel Kulic 63mal gescort wurde – sind längst vorbei. Eher fühlt man sich an die Spielzeit 12/13 erinnert. In diesem Jahr reichten 32 Tore zum Klassenerhalt und sieben Treffer für Tadic, um als Torgefahr schlechthin zu gelten.
 
Und zählen muss ich, mit der Zahl…

… schwillt immer höher meine Qual. Ach, Heinrich Heine war Poet, der darf sich solche Sorgen machen. Die Schöngeister des FC Wacker Innsbruck müssen sich nicht quälen vor der montäglichen Partie, Gedanken sollten sie sich aber dennoch machen. Der SCWN ist ein unangenehmer Gegner, der etwa dem LASK in drei Spielen fünf Punkte abknöpfte und gegen den Linzer Aufstiegskandidaten bisher ungeschlagen blieb. Sie kassierten von den Oberösterreichern in drei Spielen nur ein einziges Tor, ein Kunststück, das auch gegen Liefering gelang. Neun Spiele ohne Gegentreffer machen den SC zum zweiterfolgreichsten Verein  (Wacker, zum Vergleich, konnte siebenmal die Null halten), Domenik Schierl zum zweiterfolgreichsten Torhüter (Pascal Grünwald hält bei vier Shut-Outs). Mit einer Fangquote von 75,8% wird der Neustädter Schlussmann nur von Christian Petrovcic (KSV, 5 Spiele) überflügelt, Pascal Grünwald liegt mit 73,1% auf Rang 7. Dabei hat Schierl aber klare Präferenzen, wie er einen Ball spielen will. 28 Faustabwehren machen ihn erneut zur Nummer zwei in einer Statistik, während 144 Ausschüsse zum Gegner einsamer Spitzenwert sind – in negativer Hinsicht. Dass Pascal Grünwald in dieser Statistik nur auf Rang drei liegt, verwundert wohl einige (etwa Marcel Schreter, der in Testspielen im Lustenau-Dress „Passi“ des Öfteren augenzwinkernd darauf „ansprach“). Doch trotz 111 Misserfolgen bei Abschlägen reichen 57,5% erfolgreiche Versuche aus, um sich in der Statistik vor den etatmäßigen Torhütern von SCWN  und FAC zu halten. Andererseits liegt Grünwald damit abgeschlagen hinter Nicht, Coronel und Pervan, welche allesamt über 70% Erfolgsquote aufweisen.
 
Gottlob! Sie weichen…

Sind es also die Zweikämpfe, die Wr. Neustadt so sicher machen? Wohl kaum. Niemand gewann in absoluten Zahlen weniger, 1731mal ging bisher ein Blau-Weißer als Sieger aus einem Duell. In Prozent – 48,72 – sind die Niederösterreicher nur ein klein wenig besser als Liefering und Salzburg. Dennoch liegen Andreas Schicker (67,5%) und Mustafa Yavuz (65,44%) unter den besten sieben Verteidigern bei gewonnenen Zweikämpfen, auf Innsbrucker Seite kann nur Christoph Kobleder (61,5%) eine Quote über 60% aufweisen. Christian Deutschmann und Sebastian Siller liegen mit jeweils 58% erst auf Rang 24 und 26. Es scheint, als käme bei beiden Mannschaften sowohl Stellungsspiel als auch defensivem Mittelfeld eine verstärkte Rolle zu. Bei Neustadt bedeutet dies zumeist Duran und Wolf, wobei vor allem Sargon Duran mit 300 Zweikämpfen viele Gegner an sich bindet und mit 1363 Ballkontakten auch der aktivste Niederösterreicher am Ball ist. Und bei Innsbruck? Hier  sticht Wacker bei einer Statistik hervor: Pässe abfangen. Mit Siller (79), Hölzl (77), Lercher (74) und Deutschmann (73) befindet sich die gesamte wackere Viererkette unter den besten neun Spielern der Liga.
 
Schön wie der Morgen…

Es wird ein schweres Spiel werden gegen den SC. Aber wer die Innsbrucker gegen Klagenfurt kämpfen, laufen und rackern gesehen hat, der darf sich auf eine unterhaltsame Begegnung im ORF/Sky Livespiel freuen. Egal wie sie endet. Oder, wie man mit Heinrich Heine sagen würde: Es kommt mein Wacker, schön wie der Morgen, und lächelt fort die Neustädter Sorgen. Ach, dieser alte Romantiker…

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Autor: Stefan Weis

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