Früher war alles… anders
Es war ja früher einmal ganz einfach: du bist auf die Pfarrwiese gefahren und hast die Rapid getroffen. Nicht nur Häschen saßen in der Gruabn, sondern auch Sturm Graz. Den ASK hat man droben auf der Gugl getroffen. Und die Wiener Austria hatte nie Zuschauer, weil nicht mal die Fans wussten, welches Stadion zwischen Hoher Warte, Simmeringer Had und Ober St. Veit denn gerade das aktuelle ist. Ach, die gute alte Zeit. Jetzt kommt ein Team aufs Tivoli, das seine Heimspiele im ehemaligen Leopold-Stroh-Stadion austrägt. Mal schau‘n, wer da kommt…
Nein, nicht die…
Es gibt ja noch einige, die sich beinahe ewiglich treu sind. Die Vienna und die Hohe Warte etwa, oder der Sportklub und sein Sportklub-Platz. Wenn jetzt das Team aus der Hopfengasse auf Besuch kommt, dann ist das jetzt ein anderes als noch 1964/65, als Wacker erstmals Staatsliga-Luft schnupperte. Da war der Platz im 21. Hieb nämlich Heimat der Admira. Und Wacker nur Gast. Beide Wacker, Innsbruck und Wien – kurz bevor mit den einen fusioniert wurde und die anderen in die Südstadt fahren mussten. Nebenbei, der Platz, auf dem man gerade noch gespielt hatte, gehörte ja eigentlich ursprünglich Viktoria XXI, die man Vorwärts rief. Ach, früher war gar nix besser. Oder klarer. Klar ist nur, dass der kommende Gegner sein zu Hause nicht besonders liebt. In 14 Heimspielen gab es elf Niederlagen, drei Spiele endeten Remis, Sieg konnte bislang kein einziger vor eigenem Publikum gefeiert werden. Kein Team der Liga hat daheim weniger Tore erzielt, nämlich 10 (Schnitt: 0,71). Im Vergleich: Wacker schoss daheim bereits 24 Tore (1,71 und damit exakt ein Tor mehr pro Spiel), Liefering gar 38 (2,71 und damit exakt 2 mehr). Wer aber befürchtet, für sein Geld nichts geboten zu bekommen, der darf sich freuen durch die 34 Gegentreffer fallen im Schnitt 3,14 Tore pro Spiel in der Hopfengasse und damit deutlich mehr als etwa in Wiener Neustadt (2,28 pro Spiel) oder St. Pölten bzw. Linz (jeweils 2,42). Für Innsbruck selbst gab es allerdings nicht gar so viele Treffer zu bejubeln in Jedlesee. Zweimal trat man heuer dort schon an, ein Spiel wurde 1:0 gewonnen, eines ebenso verloren. Und der Gegner hieß – jedesmal anders. Das wäre ja in der Fußballgeschichte Österreichs jetzt auch nichts Außergewöhnliches, gerade Wacker Innsbruck kann ein Lied von Namensänderungen singen. Dennoch überrascht der Gegner der Niederlage im Leopold-Stroh-Stadion doch etwas: SV Austria Salzburg. Aber wer seine Heimspiele in Schwanenstadt und St. Pölten ansetzt und auch in Linz, Klagenfurt und Innsbruck daheim sein wollte, der kann auch Wien sein Wohnzimmer nennen.
Die Farbe Lila
Die Salzburger sind es also nicht, die nach Tirol kommen. Aber violett scheint Modefarbe zu sein dort in Floridsdorf am Rasenviereck. Denn dort ist ein Team zu Hause, das das Tivoli ganz schön gut kennt. Bei ihrem letzten Auftreten verloren sie zwar zum ersten Mal in zwei Jahren, brachten aber den Ball zweimal ins Tor und dreimal in die Endzone. Naja, und spielen auch nicht gegen Wacker, sondern gegen die Freibeuter aus dem Kristall-Imperium. Die Vienna Vikings haben nach Jahren auf der Hohen Warte ein neues Zuhause gefunden, passen sich aber an die eigentlichen Hausherren an und gehen recht sparsam mit Scores um. 16 Punkte sind nicht gerade eine Offenbarung, reichten aber dank starker Defensive zu einem Sieg gegen Laibach. Die Defensive wäre auch ein Thema für die Blau-Weißen aus Jedlesee. 57 Gegentreffer mussten bereits hingenommen werden, nur Austria Salzburg musste öfter ins eigene Netz greifen. Insgesamt sieben davon stammen aus Innsbrucker Produktion, das erste Aufeinandertreffen in Runde zwei führte auch zur höchsten Saisonniederlage für den kommenden Gegner, keine Mannschaft traf in einem Spiel öfter gegen die Wiener, Liefering gleich oft. Liefering scheint aber allgemein ganz vernarrt zu sein in den kommenden Gegner der Innsbrucker, 12 Tore in vier Spiele sind eine stolze Leistung. Dabei schien sich die Defensive des Tabellenschlusslichts stabilisiert zu haben. Zwischen Runde 20 und 25 setzte es nur fünf Gegentore, vier selbst erzielte Treffer brachten unglaubliche 9 Punkte oder 69% aller bisher gesammelten Punkte. Das wird wohl nichts mehr mit dem Klassenerhalt auf spielerischem Wege, bräuchte man ja in den letzten acht Spielen vier Siege und zwei Remis und damit mehr Punkte als in den vergangenen 28 Partien, um Klagenfurt (das ab nun keinen einzigen Punkt mehr machen dürfte) noch abzufangen. Zumindest einen Lichtblick gibt es: eine Negativserie Klagenfurts wird wohl nicht die Schwierigkeit in diesem Plan sein…
Kopflos
Die Schwierigkeit liegt wohl eher darin, dass man der Floridsdorfer AC ist. Jene Mannschaft, die die ersten 10 Spiele in Serie verloren hat – und dann durch ein 1:1 am Tivoli den ersten Punkt gutschreiben konnte. Jene Mannschaft, die 15 Runden lang auf einen Sieg warten musste – um daraufhin die nächsten fünf Spiele in Folge wieder zu verlieren. Jene Mannschaft, die auch jetzt wieder seit fünf Runden auf einen vollen Erfolg wartet – aber in der vergangenen Runde dem LASK ein 2:2 abgetrotzt hat. Zwei Tore in einem Spiel reichten für den FAC bisher stets für einen Punktegewinn (zwei Remis, ein Sieg). Besonders gefährlich dabei: Furkan Aydogdu. Der Spieler aus der Jugend von FS Elektra traf bislang sechsmal und ist damit verantwortlich für 31,6% aller Floridsdorfer Tore. Mehr noch: wenn er traf, gab es Punkte für die Wiener, zwei Remis und zwei Siege stehen nach Aydogdu-Toren zu Buche, 61,5% aller Punkte. Dass er dabei im Frühjahr schon zwei Doppelpacks erzielen konnte, dürfte Warnung genug sein, ihn und den FAC nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wobei die Schulter ja nicht das ist, was Floridsdorf gefährlich macht. Es ist der Kopf. Einerseits wäre wohl beinahe jede Mannschaft mit einer derart verheerenden Bilanz bereits völlig zerbrochen und desinteressiert an der restlichen Saison – Floridsdorf nicht. Sie kratzen und beißen und kämpfen bis zum Schluss. Andererseits kann der FAC per Kopf eine Schussgenauigkeit von 49% aufweisen, niemand in der Liga mehr. 26% ihrer Tore wurden durch Köpfchen erzielt, der zweitbeste Wert der Liga. Und dennoch sind die Jedleseer keine Kopfballungeheuer, die hohen Prozentzahlen werden durch die magere Zahl von 5 Kopfballtoren relativiert. Der LASK und Klagenfurt erzielten je doppelt so viele, Wacker um drei mehr, nur Wiener Neustadt, Austria Salzburg (je 4) und Liefering weniger. Liefering verweigert sogar den Einsatz des Kopfes – Fußball heißt das Spiel, das haben die jungen Bullen ganz richtig erkannt.
Wer auch immer kommt…
Wacker hat eine Scharte auszuwetzen. Das 1:1 gegen den FAC vor eigenem Publikum hätte nicht passieren dürfen. Und dennoch bedeutet das eine Tor den Erhalt einer Serie: seit 13 Heimspielen traf Innsbruck jeweils zumindest einmal. Diese Serie gilt es beizubehalten, dann sollte einem schönen Abend am Tivoli nichts im Wege stehen. Egal, welches Team jetzt aus dem Leopold-Stroh-Stadion anreist…