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Blaues Wunder

Man könnte ja glauben, sie hätten schon genug blaue Wunder erlebt. Hätten schon oft genug erlebt, was passiert wenn man… Nein. In manchen Belangen lernt man auf die harte Tour. Die Austria aus Klagenfurt ist gerade dabei, wieder so einen Lernerfolg durch Schmerz zu erleben. In einer sportlich bereits entschiedenen Liga, in welcher der Klassenerhalt nicht an den sportlichen Erfolg gekoppelt ist, zittern die violetten Kärntner um den Erhalt der Lizenz im dritten Anlauf. Es wäre wohl eher ein Wunder, würden sie sie erhalten. Ein Wunder mehr, nach all den blauen Wundern, die sie bereits erlebt haben.


 
Blue Men Group

Ihr erstes blaues Wunder erlebte die Austria, als sie ihren Namen verlor. 1997 ging man eine Spielgemeinschaft mit den blau-weißen Villachern vom SV ein, um den Kärntner Fußball wieder auf die Beine zu bringen. Doch für manche war dies nicht genug, trotz der erfolglosen Vorbilder der Geschichte wie FC Vorarlberg, FC Niederösterreich oder schlussendlich auch FC Tirol wurde 1999, im Jahr, an dem Jörg Haider wieder die blaue Seite der Macht in Kärnten zum Landeshauptmann führte, der FC Kärnten gegründet. Die Austria war Geschichte, mit ihr die Farbe Violett, Kärnten spielte in den Landesfarben gelb-rot. Unter dem Präsidenten ehrenhalber aus dem Bärental kam das Projekt FCK kurz in den UEFA-Cup, um schnell wieder in der zweiten Liga zu versinken. Und ein blauer Wunderheiler hat nichts in der zweiten Liga zu tun, so trat der blaue Landeshauptmann als Präsident zurück und ließ den Verein wie eine heiße Kartoffel fallen. Doch das war noch nicht das eigentliche blaue Wunder des Jahres für die Klagenfurter. Aus Pasching wurde ein ganzer Verein importiert, um am Wörthersee plötzlich als Austria Kärnten aufzutreten und Bundesliga-Fußball in der wunderschönen, neuen Arena zu präsentieren, die eigentlich nie in diesem Bundesland hätte stehen dürfen. Aber Blau war in der Regierung und konnte dort die logischen Favoriten Oberösterreich oder Steiermark einfach ausschalten und ein EM-Stadion im Fußballerischen niemandsland bauen. Blau hatte auch die Hypo Alpe Adria, die man der Bayern LB verkauft hatte, und bei diesen Geschäften hatte man kräftig mitgeschnitten und sich so eine Fußballlizenz, ein Stadion und ein paar Profis gegönnt. Ein blaues Wunder, das man in Kärnten 2007 bejubelte, um dann in die größte Finanzkrise des Landes zu rutschen und einen Reigen von Prozessen über sich ergehen zu lassen. Doch zuvor benannte man das Stadion noch um in Hypo-Group-Arena, und als diese nicht mehr zahlen konnte, weil all die gefälschten Zahlen der Blue-Men-Group aufgetaucht waren, und auch der Big Spender Jörg Haider nicht mehr war, da kam der blaue Trauerzug mit Strache an der Spitze, und forderte eine Umbenennung in „Jörg-Haider-Stadion“. Daran kann man sich bei den Blauen nicht mehr erinnern, auch nicht an die unglaubliche Bewunderung für Jörg Haider oder an das blaue Hypo-Debakel. Das muss doch wer anderer gewesen sein. Ebenso, wie sich niemand mehr an die violette Austria Klagenfurt erinnerte, außer ein paar vereinzelte Fans, die zwar 2007 den Verein wiedergegründet hatten, aber für drei Jahre keine Fußballmannschaft aufstellen konnten. Hat man aus den blauen Wundern gelernt? Eher nein.
 
Feeling Blue

Inzwischen war auch Klagenfurt Stadt blau geworden, und der Bürgermeister versuchte, die Austria zu fördern, auf vielfältige Weise. So ist es wohl kein Zufall, dass das Logo des Stadtmagistrats zum Wappen eines Vereins mutierte, der vor wenigen hundert Zuschauern in einer 30.000er-Arena spielte. In diesem Stadion erlebte die Kärntner Politik ihr nächstes blaues Wunder, als das Schmuckstück Wörthersee-Stadion plötzlich die Berechtigung für seine Oberränge verlor und kurz davor stand, auf 12.000 Plätze gestutzt zu werden. Wer bitte hat schon in all der Euphorie auf Umweltverträglichkeitsprüfungen oder ähnliches geachtet, alles Humbug. Ebenso Humbug wie leise geäußerte Bedenken gegen ein Trio, das die Austria wieder in den Profisport bringen wollte. Trio infernal, hörte man manchmal und wies auf die Vergangenheit der Herren. Einer davon: Peter Svetits, der hatte zuvor schon seinen Machtkampf mit den Vizepräsidenten gerichtlich entscheiden lassen, und dort, vor Gericht, hatte er ja Erfahrung. Er, der ehemalige Präsident und Sportdirektor des später insolventen GAK. Er, der als Sportdirektor des FAK unter Stronach Trainer und Spieler für ein Jahrzehnt verbrauchte und für Frank die Lizenz von Schwanenstadt nach Wr. Neustadt lotste, um sich auch dort mit einem lauten Krach zu verabschieden. Svetits holte sich Skender Fani an seine Seite, der auch in Tirol nicht unbekannt ist, saß er doch nach Krankls Tivoli-Ära wegen 3,6 Millionen Schilling „Handgeld“ und Anstiftung zur Steuerhinterziehung zusammen mit dem blauen Walter Meischberger auf der Anklagebank – der Startschuss zur Ära der FC-Tirol-Prozesse der kommenden Jahre. Das Trio in Klagenfurt komplettierte vor einem Jahr noch Klaus Wittauer, ehemaliger blauer Politiker, bekannt aufgrund der Prozesse zur Telekom-Affäre. Die Austria stieg wirklich auf, kehrte zurück in den Profisport – und steht nun, in ihrem ersten Jahr in der zweiten Liga, bereits wieder ohne Lizenz da. Wie bereits vor Monaten in den Medien angekündigt und beschrieben. Doch ein Svetits ist erschüttert und kann es nicht fassen, dass ihm die Liga die Spielberechtigung für die kommende Saison verweigern will. Klagenfurt muss das nächste blaue Wunder verdauen und erneut um seine Existenz zittern. Da wird das Sportliche völlig zur Nebensache…
 
Wundern, was geht

Und dennoch, es gilt noch ein Spiel in Waidmannsdorf zu absolvieren. Gegen eine Austria, gegen welche man in dieser Saison bereits dreimal gewinnen konnte. Gegen kein anderes Team der Liga blieb der FC Wacker Innsbruck ohne Punkteverlust, selbst im Cup musste man in beiden überstandenen Runden nach 90 Minuten eine theoretische Punkteteilung hinnehmen. Gegen die Violetten gab es zwar volle Punktezahl, aber kein Shutout, und auch kein allzu deutliches Ergebnis: neun geschossenen Toren stehen vier erhaltene gegenüber. Beim 4:2 musste man in der 74. den Ausgleich hinnehmen und konnte erst in der 90. den Endstand fixieren. Das 2:1 im Auswärtsspiel brachte ebenfalls den zwischenzeitlichen Ausgleich wie auch das 3:1 im letzten Aufeinandertreffen, in welchem der Endstand erst in der 88. Minute fixiert wurde. Klagenfurt ist sportlich zwar am Boden, war aber trotz des vermeintlich klaren Erfolgs nie ein Jausengegner für den FCW. Um zumindest einen Sweep in dieser Saison zu schaffen, muss Innsbruck mehr zeigen als nur etwas Standardfußball, denn sonst „wird man sich noch wundern, was alles geht“. Es gab bereits genug blaue Wunder, es muss an diesem Wochenende kein weiteres folgen…

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Autor: Stefan Weis

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