(Kein) Schmidteinander
Eigentlich hätten Sie hier ja jetzt etwas ganz anderes gelesen. Vielleicht etwas über Wiener Neustadt, den nächsten Gegner, verpackt in eine seltsame Rahmenhandlung wie, sagen wir, die unendliche Geschichte. Oder ich hätte Sie mit Zahlen gequält zur Saison 2015/16, vielleicht so unspektakuläre wie die Rekordhalter des Abseits-Stehens oder die Anzahl der auf der Linie geklärten Bälle. Oder mit Ergüssen über spielentscheidende Situationen wie kurz abgespielte Ecken. Aber nein, Wacker Innsbruck trennt sich von seinem Trainer. Worüber soll man da bloß schreiben…
Eine Waage im Vergleich
Gut dann, schreiben wir halt über Klaus Schmidt. Vom Sternzeichen her ist er ja eine Waage, und Sie wissen ja, was man über Waagen sagt. Fein, ich nämlich nicht, ich kann Ihnen nur ein paar vage Zahlen zu seiner Zeit in Tirol präsentieren. 55 Bewerbsspiele leitete der Steirer als Übungsleiter der Schwarz-Grünen, seine Bilanz ist durchaus positiv, wenn auch nicht überragend: 24 Siegen stehen 16 Niederlagen gegenüber, 15mal trennte man sich Remis. Ebenso positiv (und ebenso knapp) ist auch das Torverhältnis aus diesen Liga- und Cup-Partien: 85:71 Tore, oder anders gerechnet 1,55 Tore pro Spiel geschossen, 1,29 erhalten. Im Schnitt führt das zu 1,58 Punkten pro Begegnung, gäbe es auch für Pokalspiele nicht nur „weiter“ oder „raus“. Für einen, der als Feuerwehrmann den Abstieg in die dritte Liga verhindern sollte, ein hervorragendes Ergebnis. Für einen, der mit seinem Team um den Titel mitspielen will, zu wenig zum Jubeln. Aber immerhin war er mit seinen 543 schwarz-grünen Tagen der längstdienendste Trainer seit Walter Kogler und überflügelte beispielsweise Roland Kirchler um 117 Tage. Koglers 1592 Tage bedeuten aber auch, dass den erfolgreichen Wochen in der Ersten Liga harte Tage in der Bundesliga gegenüberstehen, weshalb Schmidt mit einem Punkteschnitt von 1,58 um 0,01 Punkte besser ist als sein Kärntner Vorgänger. Nur Michi Streiter setzt diesen Quoten noch die Krone auf: 2,17 Punkte in der Regionalligasaison 2002/03 machen ihn zum erfolgreichsten Trainer der Post-FCT-Ära. Genau jener Michael Streiter, der in seiner zweiten Amtsperiode von Klaus Schmidt vorzeitig abgelöst wurde.
Drei Phasen Schmidt
Für Schmidt und den FC Wacker Innsbruck hat es zeitweilig schon besser ausgesehen. Und auch schlechter, deutlich schlechter. Als Schmidt am 28. November 2014 die Mannschaft zum ersten Mal aufs Feld führte, lag sie mit nur 21 Zählern aus 19 Spielen auf einem Abstiegsrang, nicht einmal 1 Tor pro Spiel konnte bis dahin erzielt werden (0,95). Vom neuen Trainer hatte man sich eine Trendwende erhofft – die sich aber zunächst nicht einstellen wollte. Drei Runden und acht Gegentreffer später hatte sich am Punktekonto nichts verändert, die Rote Laterne war nur noch einen Punkt entfernt, der rettende achte Platz aber bereits drei Zähler und 12 Tore. Und Tore wollten auch in den nächsten Runden nicht allzu viele fallen, in den ersten sechs Spielen unter Schmidt erzielte Innsbruck exakt zwei Treffer, einen bei der Niederlage gegen Lustenau durch Rene Renner, einen beim Remis gegen Hartberg durch Peter Hlinka. Doch damit war die erste Phase der Ära Schmidt vorüber. Kein Spiel zu früh, Wacker hatte die Laterne geerbt und musste eine Aufholjagd starten, um nicht wieder in der dritten Leistungsstufe zu landen. Es folgten vier Siege en suite, in den verbleibenden elf Spielen wurden nur in zwei Spielen keine Punkte geholt, Wacker zog sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf – und ignorierte in Folge die deutlichen Zeichen der Zeit, um wie Münchhausen aus dem eigenen Leben eine großartige Geschichte zu machen. Denn auch wenn Innsbruck gerettet war, es hatte ein schweres Problem: die Offensive. Dass 12 Tore in elf Spielen fünf Siege und vier Remis bedeuteten, war nicht bloß Effizienz und starke Defensivarbeit, es war oftmals auch Glück. Riesengroßes Glück, das durch den Glücksgriff Thomas Pichlmann verlängert wurde, um gleichzeitig die Baustelle Angriff zu überdecken. Innsbrucks Erfolgslauf setzte sich fort, Schwarz-Grün träumte gemeinsam mit den Medien schon vom Titel, denn in den ersten 12 Runden ging Wacker neunmal als Sieger vom Platz, lächelte von der Tabellenspitze. Dann kam St. Pölten, eine 1:3-Niederlage vor eigenem Publikum, der Beginn der dritten Phase. Bereits im Oktober 2015 war absehbar, wohin die Reise gehen wird, auch wenn man noch lange vom Punktepolster und den Träumen lebte. Die kommenden 23 Runden brachten lediglich acht Siege, nur 1,3 erzielte Tore pro Spiel (nur drei Teams – Salzburg, FAC und Klagenfurt – haben weniger erzielt) und ein negatives Torverhältnis von 30:33. Betrachtet man lediglich die Spiele seit Mitte Oktober 2015, Wacker stünde am 7. Tabellenrang, 27 Punkte hinter Meister St. Pölten. Und einen Punkt hinter Wiener Neustadt, die ein vergleichbares Leistungskonto aufweisen können (Torverhältnis 31:33). Das letzte Spiel der Saison gegen den Tabellensiebten wird ein Duell auf Augenhöhe. Mit leichten Vorteilen für die Niederösterreicher…
Vereinstreue
Man hatte sich mehr erhofft von Klaus Schmidt. Und von der Mannschaft, die nicht aus der Verantwortung entlassen werden darf. Für Schmidt war die Erste Liga kein Neuland, in der Saison 2012/13 hatte er bereits die KSV für 20 Spiele betreut, ein Schnitt von 2 Punkten pro Spiel und nur vier Niederlagen bei zwölf Siegen machen sich ganz gut im Lebenslauf, Kapfenberg war in dieser Phase die drittbeste Mannschaft hinter den späteren Aufsteigern Grödig und Altach, den heurigen Meister St. Pölten fügte man am 1. März eine schmachvolle 1:7-Heimniederlage zu, bei der auch Danijel Micic zweimal zuschlagen durfte. Allerdings scheint Schmidt seine Ex-Vereine nicht gar so gut zu kennen, oder vielleicht zu sehr an ihnen zu hängen. In sechs Spielen gegen Kapfenberg konnte Wacker unter seinem ehemaligen Trainer nur einen einzigen Sieg einfahren, in drei Partien wurde kein Tor erzielt. Nicht viel besser sieht es gegen Fixabsteiger Austria Salzburg aus, die ebenfalls nur einmal in vier Spielen besiegt werden konnten. Gegen den kommenden Gegner Wiener Neustadt ist die Bilanz positiv. Zwei Siege und ein Remis, sieben Tore durch sechs verschiedene Spieler (fünf davon bei Innsbruck unter Vertrag) lassen hoffen, dass Wacker die Saison versöhnlich abschließen kann.
Schmidteinander
Mit Klaus Schmidt trug Innsbruck vier Runden lang die Rote Laterne, aber schaffte auch den Klassenerhalt. Mit ihm lächelte man 18 Runden lang von der Tabellenspitze, liegt nun aber bereits 13 Runden lang auf Rang drei. Ohne Klaus Schmidt muss dieser dritte Rang nun im letzten Spiel abgesichert werden gegen einen SC Wiener Neustadt gegen den man in zehn Spielen in der zweiten Leistungsstufe nur einmal – bei einem 0:0 – keinen Treffer erzielen konnte. Sechs Spiele beendete Innsbruck zu Null, 24 Tore konnten erzielt werden – alles Vergangenheit, Neustadt spielt derzeit auf Augenhöhe mit dem FC Wacker, der derzeit wenig zu feiern hat. Außer vielleicht Thomas Pichlmann, der im letzten Saisonspiel seinen 100 Schuss abgeben und die Torjägerkrone holen könnte…