Mad men
Mannsdorf heißt also der Gegner im Cup. Wenn Sie nicht gerade zwischen Fuchsenbigl und Haslau zu Hause sind, wird Ihnen das wohl nicht allzu viel sagen. Es sei denn, Sie haben den Niederösterreichischen Fußball der letzten Jahre verfolgt, denn da hörte man den Namen SC Mannsdorf öfter, als einem als Schwarz-Grüner lieb sein kann. Aber wer gemeinsam aufsteigen will, für den darf auch eine noch so verrückte Truppe aus der Wiener Vorstadt kein Hindernis sein. Sagt man sich zumindest Jahr für Jahr in Innsbruck, um sich dann über die erste Cuprunde hinwegzuzittern. Wenn’s gut geht.
Men who stare at goats
Die letzten Jahre machten es nicht gerade einfach, als Tiroler den Cup zu lieben. Oder, genau genommen, die eigene Mannschaft im Cup – denn der Bewerb selbst hat einen unglaublichen Charme, der leider viel zu selten gewürdigt wird. Die Möglichkeit, dass sich Amateure und Halbprofis mit Kampfmannschaften aus der Bundesliga messen und diesen auch die Grenzen aufzeigen, dass Unterdogs zu „men of honor“ aufsteigen, bringt die Faszination des Spiels Fußball auf den Punkt. Wacker Innsbruck war hier oft ein dankbarer Gegner. Fast könnte man meinen, man versuchte, den Kontrahenten vom Platz zu starren – funktionierte leider recht selten. Im vergangenen Jahr musste man 120 Minuten und mehr bangen, um im Elfmeterschießen Regionalligisten Blau-Weiß Linz in der 1. Runde zu biegen. In diesem Jahr hat man gegen die Stahlstädter nur vier mal 90 Minuten Zeit. Vor zwei Jahren brauchte man 120 Minuten, um Regionalligisten Donaufeld zu biegen. Vor vier Jahren war es erneut das Elfmeterschießen, das Wacker gegen Regionalligisten Gratkorn rettete. Und dringlich muss man an Cupspiele wie 2008/09 erinnern, als man in der ersten Runde nach Verlängerung an Regionalligist Parndorf scheiterte – bei denen damals nebenbei auch ein junger Olushola Olumuyiwa Aganun kickte, der kurz zuvor noch in den Tiroler Bergen zu Hause war. Oder 2006/07, als man im ersten Spiel gegen Regionalligist Voitsberg verlor. Oder 2004/05, als in Runde 1 Ende war gegen die Amateure aus Hütteldorf, einem Stadtligisten aus Wien mit zugegeben talentierten jungen Burschen wie Andreas Lukse, Thomas Burgstaller, Andreas Dober, Jri Lenko, Rene Gartler oder György Garics.
Erkennen Sie ein Schema? Regionalligisten sind für die Schwarz-Grünen wohl so etwas wie Windmühlen für den „Man of la Mancha“. Oder der siebenfache österreichische Cupsieger FC Wacker Innsbruck nimmt den Cup wohl nicht allzu ernst. Oder, falls doch, sollte man vielleicht aufhören, Regionalligsten anzustarren, und beginnen, gegen sie zu spielen.
Men on fire
Denn Mannsdorf hat Feuer gefangen. Die Gegend, in der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, hat in den letzten Jahren ja schon einige Male für Aufsehen gesorgt. Schwechat liegt etwa um die Ecke, ein Stadion, in dem die Rückkehr Innsbrucks in den Profifußball besiegelt wurde. Schwadorf liegt beinahe in Sichtweite, auch wenn deren Lizenz jetzt mit der Admira in der UEFA-Quali spielt. Parndorf ist nur einen Steinwurf entfernt, ebenso Untersiebenbrunn. Die Region strebt in höhere Fußballsphären, und mitten drin statt nur dabei: Wackers nächster Gegner Mannsdorf. 1947 gegründet und fünf Jahre später schon wieder aufgelöst, wird 1985 als eigentliches Gründungsjahr des Vereins aus der rund 400-Seelen-Gemeinde angegeben. 2003 Meister der 2. Klasse, 2009 der 1. Klasse, 2010 der Gebietsliga Nord, 2012 der Landesliga Ost, wurde Mannsdorf 2016 Meister der 1. NÖ Landesliga und qualifizierte sich damit für die Regionalliga Ost. Der steile Aufstieg brachte auch mit sich, dass man bereits Cup-Erfahrung vorweisen kann: 2013/14 wurde Gratkorn mit 1:0 nach Verlängerung besiegt, um dann in einer wahren Cupschlacht in 120 Minuten mit 4:6 dem zukünftigen Gegner des FCW, dem SV Horn, zu unterliegen. Der übliche Innsbruck-Bezug: zwei Horner Tore schoss dabei Marco Sahanek, in der Verteidigung spielte Hannes Eder. So weit, so gut, nur – das ist alles Geschichte. Die Gegenwart ist das Spiel am Sonntag, und da erwartet den FC Wacker eine völlig veränderte Mannschaft. Kein dreifacher Cup-Torschütze Michael Frantsich mehr, der spielt nun bei Altruppersdorf. Kein Trainer Roman Mählich mehr, der versucht, Rainer Pariasek das Fußballspiel zu erklären. Dennoch setzt Mannsdorf auf Erfahrung, und wie…
No country for old men?
Beim SCM tummeln sich so einige bekannte Namen und Spieler mit Vergangenheit. Und Vergangenheit kommt mit den Jahren, denn auch wenn das Durchschnittsalter „nur“ 26,1 Jahre beträgt, finden sich acht Ü30-Spieler im Kader. Peter Reiter etwa, der Rapids U18, den FC Kärnten und die Vienna auf seiner Setlist vorweisen kann. Auch zwei Niederlagen gegen Innsbruck und sechs Gegentore. Oder Mark Prettenthaler, der seine Brötchen schon bei Kapfenberg, Sturm, Augsburg, Lask, Ried, Wiener Neustadt, St. Pölten verdiente und in 13 Spielen gegen Wacker sechsmal als Sieger vom Platz ging und achtmal mit Punkten, davon im einzigen Erste-Liga-Spiel sowie im Cup 2013/14 mit Pasching, dem Regionalligisten. Da gibt es neu bei Mannsdorf Michael Wojtanowicz, einst Pasching, Untersiebenbrunn, FC Lustenau und vieles mehr, der in seinen fünf Spielen gegen die Tiroler nur zwei verlor und auch bereits zweimal scoren konnte. Marco Salvatore steht am Spielblatt der Niederösterreicher, aus dem Nachwuchs des FAK kommend kickte er bei Vöcklabruck, Austria Kärnten, der Vienna und Horn, zwei Spiele gegen Innsbruck kann er ebenfalls vorweisen. Nacho Casanova, die spanische Offensivgefahr, zieht nunmehr nach dem Rieder, Paschinger und Horner Trikot (und dem von Las Palmas oder Alicante) das rot-schwarze der Mannsdorfer über. Casanova braucht man in Innsbruck nicht mehr vorzustellen, zwei Tore und ein Assist beim 0:5 im Jahr 2011 waren ein deutlicher Einstand, in den kommenden sechs Spielen gelang ihm aber kein Treffer mehr, die letzten drei mit Horn gingen verloren. Auch Julian Salamon kann neben Bundes- und Erste-Liga-Spielen eine Partie gegen Wacker aufweisen – doch zentral in jederlei Belang wird in diesem Spiel eine Person sein: Christoph Saurer. Nach 12 Spielen gegen Schwarz-Grün und 37 im Innsbrucker Dress zieht der Mannsdorfer Neuzugang nun die Fäden in deren Mittelfeld. Dass Saurers Pässe an guten Tagen hervorragend sein können und auch an schlechten nicht von schlechten Eltern sind, hat er trotz langen Verletzungspausen immer wieder bewiesen. Und mit seinem Wissen über viele Tiroler Ballesterer ist er der „man who knew too much“.
12 angry man
Und das könnte für Innsbruck zum Problem werden, ist man hier doch eher „the man who knew too little“. Vorbereitung ist alles, sagt auch Maurizio Jacobacci, der so mit dem SC Kriens auch schon mal in das Schweizer Cup-Halbfinale vorgestoßen ist. Es braucht keinen „Man of steel“, um gegen Mannsdorf zu bestehen, sondern nur Konzentration und Respekt vor dem Gegener. Denn sonst erwarten Wacker schon nach dem ersten Pflichtspiel mehr als nur „12 angry men“…