WTF?!
Citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker. So schön hätte man über das olympische Motto reden können, über Innsbrucks Leistung schwadronieren, ein paar Quervergleiche ziehen… Aber dazu fehlt die Muse. Es fällt schwer, bei Wackers Auftritten noch ruhig zu bleiben, ein w. t. f. rutscht einem da unwillkürlich über die Lippen. Und es wird nicht leichter, der Linzer ASK wartet in der nächsten Runde. Die beiden weidwund geschossenen Titelkandidaten suchen den Turnaround.
Welcher Titel-Favorit?
Wobei, so ehrlich muss man sein – welcher Titelfavorit? Der FC Wacker Innsbruck präsentiert sich als braver Mittelständler. Man hat jetzt nie die Angst, man hätte etwas mit dem Abstieg zu tun, aber jeder Gedanken an den Aufstieg scheint derzeit dank fehlender individueller Leistung und mangels gelebter Taktik völlig verschwendet. Bestes Beispiel: das Spiel gegen die WSG. Wattens spielte brav, wie man es von einem Aufsteiger erwarten durfte. Destruktiv, körperbetont, auf Fehler wartend und mit schnellen Gegenstößen. Die Schwarz-Grünen wussten dagegen kein Rezept. Ja, man hatte mehr Ballbesitz (51,5%), brachte mehr Schüsse aufs Tor (5 zu 3) und Pässe an den Mann (62,7% zu 57%). Und ja, Wacker gewann drei Fünftel aller Zweikämpfe, ein deutliches Übergewicht. Aber wenn es brenzlig wurde, nein, schon genügend davor, wählten die Wattener den einfachen, doch effektiven Weg: ein massiver Körpereinsatz im Zweikampf, alternativ ein Foul im Mittelfeld, möglichst in großer Distanz zum Tor. Sie waren an diesem Tag an den richtigen Schiedsrichter geraten, der dieses Spiel oft zuließ und selten mit Karten bedachte. Zu selten. 20 Aktionen der Innsbrucker wurden mit nicht regelkonformen Mitteln unterbunden, man wechselte sich dabei gut ab. Viermal Pranter, dreimal Nitzlnader, zweimal Gebauer, zweimal Steinlechner, einmal Svejnoha – 60% aller Fouls wurden von Spielern durchgeführt, die ehemals Schwarz-Grün trugen, dreimal griff auch Milan Jurdik persönlich ein, nicht nur, um zu treffen, wie nach einem Eckball in Minute 61, sondern um schon am gegnerischen Strafraum zu stören. Apropos Corner, Wattens kam zu neun davon, soviele ließ Innsbruck in der gesamten abgelaufenen Saison in keinem Heimspiel zu. Die verletzten Defensivkräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Dennoch war es ein Defensiver, nämlich Sebastian Siller, der den einzigen Treffer erzielte – aus einem Standard, nach einem Foul an Roman Kerschbaum und einem Freistoß von Claudio Holenstein.
What the fact?
Es war Sillers erstes Tor mit dem Kopf für den FCW und einer von Holensteins zehn Pässen, von welchen sieben den eigenen Mann fanden. Zu mehr kam er nicht, in Minute 35 wurde auch er vom Platz begleitet, um die Verletztenliste an der Sill zu ergänzen. Jamnig kam für ihn, brachte auch kurz gut Schwung in die Partie, veränderte das Spiel durch Laufwege statt langen Bällen, gewann alle seine Zweikämpfe – aber brachte nur knapp die Hälfte seiner gespielten Pässe an den Mann. Fakt ist, Wacker präsentiert sich derzeit keineswegs als Titelfavorit. Fakt ist auch, das taktische Konzept, das Coach Jacobacci seinen Mannen auferlegt, ist noch nicht in deren Spielweise übergegangen. Nicht zuletzt deshalb sah man Jacobacci wohl 90 Minuten an der Seitenlinie dirigieren, aufteilen, den Spielern während des Spiels ihre Laufwege erklären. Sie wurden beinahe physisch von ihm gestoppt, wenn sie an der Seite zu weit in die Offensive eingriffen, um dem Spiel doch noch etwas mehr Schwung zu verleihen. Und sie wurden von ihm dann auch nach vorne gewunken, wenn sie doch einen Abpraller außerhalb ihrer eigentlichen Spielzone holen durften. Überraschender Weise funktionierte diese Art von Spielsteuerung nicht einwandfrei, das Match stockte, zu oft waren die Innsbrucker einen Schritt zu spät. Drei Monate, meinte Jacobacci, braucht es, bis sein Spiel auch das seiner Spieler ist. Drei Monate, bis die neue Taktik auch auf dem Feld greift. Drei Monate können lang sein, wenn man gegen Floridsdorf nur mühevoll gewinnt und gegen Wattens eigentlich verdient verliert. Die Geduld des Tiroler Fußballkonsumenten ist eine überschaubare, wie sich schon während des Spiels gegen die WSG zeigte. Und der LASK wird sicherlich kein angenehmerer Gegner, denn auch für die Linzer lief es bisher nicht wie gewünscht.
Wer trifft für?
Ein Sieg, eine Niederlage, ein Unentschieden. Erfolgreichster Torschütze ist ein Defensivmann (Luckeneder mit zwei Toren), die Abwehr der uneffektivste Mannschaftsteil mit nur einem Tor. Der mit etlichen Legionären (je nach Zählung sieben bis neun) und etlichen ehemaligen Bundesligisten gespickte Kader kann auf 37.527 Minuten Bundesliga verweisen, 530 Spiele, 73 Tore in der höchsten Liga. Dennoch ist man im Schnitt 23,5 Jahre jung, zwei Jahre jünger als Innsbruck, das so richtig mit Erfahrung klotzt. 89.925 Minuten Bundesliga, 1213 Spiele, 104 Tore – zu merken war bisher noch nicht viel davon, auf beiden Seiten. Die Athletiker kassierten bereits sechs Treffer, vier davon wurden von Einwechselspielern erzielt, fünf von sechs in Halbzeit zwei. Rund um die Pause scheinen die Gegner den ASK etwas außer Acht zu lassen, drei der fünf selbst erzielten Tore waren zwischen Minute 45 und 46, die Linzer gehen wach in die Kabine und kommen wach aus ihr zurück. Ganz wach ist man in Innsbruck noch nicht, wie die Ergebnisse beweisen. Und auch, wenn Thomas Pichlmann schon anschreiben konnte, von seiner erfolgreichen Phase des vergangenen Jahres trennt ihn noch einiges, was auch dem fehlenden Zuspiel aus dem Mittelfeld geschuldet ist, nicht nur mangelnde Effektivität. Die wird es aber gegen die Schwarz-Weißen brauchen, die letzten zwei Tore gegen den ASK wurden von ihm erzielt, darunter auch der Siegestreffer im vergangenen Oktober. Seither konnte nur ein Tor gegen Linz erzielt, nur ein Punkt gestohlen werden. Das Toreschießen fällt Innsbruck gegen die Donaustädter allgemein schwer, in den vergangenen 11 Ligapartien bzw. zwölf Pflichtspielen wurde nur einmal mehr als ein Tor geschossen, das Verhältnis lautet 10:11 bzw. 10:13, obwohl sechs Partien zu Null endeten.
Was trotzdem freut…
… ist ein Blick auf die letzte Saison. Gut, man muss nun Punkte in Oberösterreich holen, um nicht gleich zu Saisonbeginn von den Medien, die sich derzeit ob der Konkurrenz einen Haxen ausfreuen, völlig zerrissen zu werden. Aber was sagt die Vergangenheit? St. Pölten, der Aufsteiger in die Bundesliga, stolperte im vergangenen Jahr durch die ersten Runden. Das Konzept von Daxbacher hatte noch nicht gegriffen, seine Spieler brauchten etwas Zeit, um seinen Vorstellungen entsprechend zu spielen. Bei vier Punkten stand der spätere Meister nach drei Runden, bei ebenso vielen nach vier, nachdem man gegen den FC Wacker Innsbruck zu Hause mit 0:3 verlor. Und in Runde sieben auch noch gegen den LASK unterging. Eine Meisterschaft wird nicht in einem Spiel und nicht in den ersten Runden entschieden. Eine halbwegs ansprechende Leistung wäre aber trotzdem Balsam für die Seele der Wacker-Fans…