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Läuft

Man ist schon schlechter in die Saison gestartet, es läuft. Also bei Wackers nächstem Gegner, dem Nachwuchs aus Liefering, dem unangefochtenen Tabellenführer der Ersten Liga. Bei Innsbruck läuft es auch. Genau so, wie es in den letzten Runden gelaufen ist, wie es Ende der vergangenen Saison gelaufen ist, wie es seit Monaten läuft. Die Schwarz-Grünen schließen derzeit dort nahtlos an, wo sie aufgehört haben – fern dem selbst ausgegebenen Ziel.


 
Läuft wie gehabt

Da ist es nicht gerade von Vorteil, wenn der Spitzenreiter zu Besuch kommt, die einzige Mannschaft ohne Punkteverlust, das offensivstärkste Team der Liga, die Truppe mit dem größten Drive. Liefering ist derzeit völlig zu Recht Tabellenführer, 11 Tore in vier Spielen zeugen von einer unheimlichen Dominanz vor dem Tor, Mergim Berisha hält nun bereits alleine bei vier Treffern, so vielen, wie der FCW insgesamt aufweisen kann. Vier Gegentreffer beweisen aber einmal mehr, dass ihre Defensive nur Durchschnitt ist. Das wird gerne auf die permanente Fluktuation zurückgeführt, die bei Liefering Usus ist. Die Salzburger Vorstädter sind nämlich nichts anderes als Ausbildungszentrum für die großen Bullen, und das merkt man an allen Ecken und Enden. Man merkt es an der Infrastruktur, die sich kein weiterer Zweitligist leisten könnte und auch kaum ein Bundesligist. Man merkt es an der Kaderzusammensetzung, die stets den Österreicher-Topf ignoriert, im erweiterten Kader von 32 Kickern befinden sich 20 Legionäre. Man merkt es an den Zuschauerzahlen, beim ersten Saisonspiel durfte der Kassier 272 Besucher begrüßen. Man merkt es am Durchschnittsalter, der erweiterte Kader ist im Schnitt 19,1 Jahre jung, die bisherigen Startformationen zwischen 18,6 und 18,9 Jahren. Das schlägt sich auch in einer anderen Statistik nieder. Seit der 2012 gegründete FCL in der Ersten Liga mitspielt, trugen acht der zwölf jüngsten Torschützen sein Trikot. Die absolut jüngsten: Mergm Berisha mit 16 Jahren, 5 Monaten und 27 Tagen und Hannes Wolf mit 17 Jahren und 27 Tagen. Der FC Wacker Innsbruck folgt mit Tekir in dieser Liste erst auf Platz 30, Rami war 19 Jahre, 2 Monate und 5 Tage alt, als er sein erstes Tor erzielte – gegen den FC Liefering.
 

Die fluktuierende Leistung der Salzburger hat aber nicht nur mit der fehlenden Erfahrung zu tun, sondern auch mit der Problematik fehlenden Zusammenspiels, gibt es doch auf Grund der Kadergröße ständig neue Formationen, auf Grund der Transfergeschichte ständig neue Spieler, die integriert werden sollten bzw. deren Fehlen kompensiert werden muss. Dies führte in den vergangenen Jahren immer wieder zu holprigen Starts in die Saison, gerne auch nach dem Winter, ist man bei den roten Kälbchen doch auch um Weihnachten sehr aktiv am Markt. Für Salzburger Verhältnisse wurde aber in dieser Saison sehr zurückhaltend transferiert, 12 Abgängen (unter anderem drei zu Lustenau, zwei zum LASK, je einer zur SPG Pasching/LASK und zum FAC) stehen neun Neuzugänge gegenüber. Das Gros dieser Spieler genoss schon die „Philosophie“ der Bullen: drei stammen aus er eigenen Akademie, einer vom RB Brasil, einer kommt von den großen Bullen als Leihspieler, zwei von der West African Football Academy, also de facto von RB Sogakope aus Ghana, hat der Konzern doch auch hier bestehende Strukturen zwecks Talentelukrierung übernommen. Diese „Zurückhaltung“ wurde mit einem perfekten Saisonstart belohnt. Seit Einführung der Bundesliga 1974 gelangen nur 18 Teams vier Siege in vier Spielen in der zweithöchsten Spielklasse. Das beste dieser Teams: der FC Liefering selbst. In der Saison 2013/14 wurden Mattersburg, Horn, Parndorf und Altach gedemütigt, nach vier Spielen wies der FCL ein Torverhältnis von 16:4 vor – um dann in der fünften Runde auswärts zu verlieren, gegen das yellow submarine aus Döbling (Vienna). Im vergangen Jahr hielten die Lieferinger nach vier Runden bei sechs Punkten, vor zwei Jahren bei 10. Und – ein Trost für den FC Wacker Innsbruck – der letztjährige Aufsteiger SKN St. Pölten hielt im vergangenen Jahr bei nur vier Punkten nach vier Runden und stolperte noch bis Runde sieben (8 Punkte), ehe die Trendumkehr griff und man sich von Rang sieben stetig nach oben arbeitete…
 
Läuft die Zeit davon

Die große Frage ist, ob dem FC Wacker Innsbruck so viel Zeit bleibt. Für Niederösterreich war immer klar, dass St. Pölten und nicht Wiener Neustadt das favorisierte Team bleibt, wie sich auch am Standort des Stadionneubaus zeigt. Die Admira wird zumeist immer noch als Fremdkörper im Land wahrgenommen. Der Druck auf den damaligen Neo-Trainer Karl Daxbacher war auch nicht allzu groß, war doch der Aufstieg niemals als Variante ausgegeben worden. Da schaut es in Tirol schon anders aus: der mediale Rückhalt, der bereits in den vergangenen Jahren nicht mehr allzu groß war, ist nochmals geschmolzen, die Konkurrenz vor der eigenen Haustüre wird im Printbereich mit Freuden aufgenommen. Dem Trainer, der sein Konzept auf das vorhandene Spielerpotential überstülpen will, dem aber die routiniertesten Spieler durch Verletzungen abhandenkommen, wird die gewünschte Zeit nur schweren Herzens zugestanden werden, er ist zum Erfolg verdammt, nicht zuletzt durch die Kampagne des Vereins, der den Aufstieg an sich und nicht den Kampf darum als einziges Ziel ausgegeben hat. Und man darf es nicht nur an Jacobacci und den Verletzungen festmachen, ein Blick auf die Jahrestabelle offenbart es: Innsbruck hat von den 21 Erste-Liga-Spielen des Kalenderjahres 2016 nur sieben gewonnen, aber 10 verloren. Schwarz-Grün weist ein negatives Torverhältnis von 24:28 auf, sogar Wiener Neustadt war 2016 erfolgreicher als Wacker. Von den letzten fünf Heimspielen konnte nur eines gewonnen werden, Liefering am Tivoli erst einmal besiegt werden. Dem FC Wacker Innsbruck läuft langsam, aber beständig die Zeit davon, die starke Offensive des FC Liefering ist dabei nicht gerade hilfreich, um wieder Selbstbewusstsein aufzubauen und einen positiven Lauf zu bekommen. Denn derzeit läuft gar nichts. Naja, fast nichts. Sieht man sich die letzten Spiele an, ist man versucht, Paul Breitner zu zitieren: „Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief’s ganz flüssig.“
Läuft…

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Autor: Stefan Weis

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