Skip to main content

Vom Herzensverein zum Schmerzensverein

Buh, 1:2 beim Aufsteiger SV Horn verloren. So etwas reiht sich ja nahtlos in die „Highlights“ der laufenden Saison ein. Beispiele gefällig: gegen einen Aufsteiger in die Regionalliga in der ersten Cuprunde ausgeschieden. Das erste Meisterschaftspiel gerade noch mit ach und Krach in der 93. Minute gewonnen. Dann nur mehr Unentschieden oder Niederlagen. Gegen alle drei Ligaaufsteiger holte man gerade einmal ein mickriges Pünktchen. Und das mit sehr viel Dusel. Ja Kruzifix noch einmal, ist unser FC Wacker Innsbruck verflucht, oder einfach unsere Spieler von allen guten Geistern verlassen?
Apropos Geist, ein Gespenst ist zum Tivoli heim gekehrt. Unser neunter Tabellenrang bedeutet, wir befinden uns wieder einmal auf einen Abstiegsplatz. Da hilft denen höchstwahrscheinlich auch kein Weihrauchpfandl und auch kein Weihwasser mehr. Die Geister, welche man gerufen hat, muss man selbst wieder los werden.

 

Was nun?

Fan sein heißt zu seinem Verein zu stehen. In guten so wie auch in schlechten Zeiten. Und besonders wenn es mal gar nicht läuft, können die Fans das Tüpfelchen sein, was das I wieder in die richtige Position rückt. Aber was tun, wenn diese „schlechte Phase“ eine Ewigkeit andauert? Wenn die nicht, aber auch gar nicht mehr enden will? Wenn man vergebens auf eine Besserung hofft und es wird – im Gegenteil – immer noch schlimmer?

Horn war keine Reise wert

In den Weiten des niederösterreichischen Waldviertels verirrten sich ohnehin nur etwa 20 Schwarz-Grüne. Vielleicht ein bisschen mehr. Die rieben sich erst die Augen, weil die Ihren forsch begonnen haben. Und dann wurden deren Augen eher nass, weil die Schwarz-Grünen am Feld urplötzlich sämtliche Tugenden vermissen ließen, die zum erfolgreichen Fußball spielen aber unbedingt von Nöten wären. Dazu noch die Notbremse unserer Nummer Eins und mit zehn Mann ging aber plötzlich wieder wesentlich mehr. Man ist den Niederösterreichern über weite Strecken überlegen gewesen. Hatte die weit besseren Möglichkeiten. Zusätzlich wurden den Unseren ein glasklarerer Strafstoß verwehrt. Das hat dann gar der Schiedsrichter so eingestanden. Nützt uns ja enorm viel. Und so haben die Schwarz-Grünen bis auf die Schlussphase sogar mehr vom Spiel gehabt. Nur Punkte gibt es dafür wieder einmal keine. Was denkt man sich als Fan dabei. Werden wir verarscht?
Aber noch interessanter wäre die Frage: was denken sich unsere Spieler dabei?
Die hatten dann auf den weiten Weg nach Innsbruck sehr lange Zeit zum nachdenken. Leid kann einem auch Vereinsikone Gogo Feistmandl tun. Der hatte einen Tag vor dem so wichtigen Spiel Geburtstag gehabt und sein sehnlichster Wunsch wurde ihm nicht erfüllt.

Was uns aber keiner mehr nehmen kann

Leid können einem auch unsere Fans tun. Ärger könnte deren Geduldsfäden nicht mehr strapaziert werden. Schön langsam aber beginnt der dickste Faden sich aufzulösen. Da denkt man dann gerne zurück an Highlights, die man nie mehr vergisst. An die 14.000 Zuseher in der Regionalligarelegation 2003. An die 3500 Fans die trotz brütender Hitze, Stau und Wochentags mit nach Schwechat zum Rückspiel reisten um die Rückkehr ihrer Idole in den Profifußball mit zu erleben. Dort, wo unweit der Brauerei Sammy Koejoe schon nach wenigen Minuten unseren Führungstreffer geschossen hat. Dort wo sich unzählige unserer Fans in den Armen lagen, die noch vollen Bierbecher durch die Lüfte flogen und gar für eine willkommene Abkühlung sorgten.

Solche Highlights gab es immer wieder. Egal ob erste oder zweite Liga. Der Hammer aber ist der Aufstieg 2010 gewesen. 4500 mitgereiste Fans des FC Wacker Innsbruck feierten in einer emotionalen Begegnung in Pasching unseren Aufstieg und Doppeltorschützen Marcel Schreter samt den Rest der Mannschaft. Das ist einfach ein grandioses Erlebnis gewesen.
Genauso wie das Entscheidungsspiel 2013 in Wolfsberg. Dort, wo wir durch ein Wellental der Emotionen gegangen sind. 0:2 hinten, ein sattes Minus am Konto und einen Millionenkredit offen. Viele wussten, was es geschlagen hätte. Aber dann drei Tore in sechs Minuten. Ein Wahnsinn und fast emotionaler als jeder Titel in unserer Geschichte.

Leistung sollte seinem Publikum schon geboten werden

Das sind Erlebnisse, die einen keiner mehr nehmen kann. Die Auswärtsspiele im letzten Herbst. Das Geisterspiel in Schwanenstadt, dort wo über 350 Fans unsere Mannschaft begleiteten, obwohl man vom Stadion nur die Flutlichter aus der Ferne zu sehen bekam. Gefeiert haben wir, als wären wir im San Siro.
Das liest sich alles wie eine Erfolgsgeschichte. Ist aber nicht so. Negatives gab es genug. Trotzdem wurden immer wieder Choreographien gezeigt, ist unser Wacker nie alleine gewesen. Trotz weiter Fahrten konnte man auf die Unterstützung seiner Fans bauen. 1700 Mitglieder aus ganz Österreich und von weiter können sich ja auch sehen lassen. Überhaupt kann sich unser Verein (der nicht nur aus der Kampfmannschaft besteht) sehen lassen. Unsere Identität FC Wacker Innsbruck wurde nach vielen Namenshickhack zurück gekämpft. Das Wappen, mit dem unser Verein vor über 100 Jahren gegründet wurde ziert die Brust unserer Trikots, ist unser Wappen. Unser Stadion heißt, wie es immer geheißen hat. Das ist schon fast einzigartig im Fußball.

Aber diese Fassade bröckelt schön langsam. Unsere sportliche Misere fängt an zu nagen und fegt das Tivoli leer. Man erwartet keine Wunderdinge von unserer Mannschaft. Nur, ohne Leistung geht es auf die Dauer nicht gut. Das war in Innsbruck schon immer so. Auch in den goldenen Siebzigern und auch mal unter Trainer Ernst Happel. Aber dazu komme ich ein anderes mal….

Avatar photo

Autor: Rudolf Tilg

Dieser Text stellt geistiges Eigentum des tivoli12 magazins dar und ist somit urheberrechtlich geschützt. Um den Text, oder Teile davon nutzen zu können, setzen Sie sich bitte mit dem tivoli12 magazin in Verbindung.
Skip to content