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Kobayashi Maru

Lange war man der Meinung, beim FC Wacker Innsbruck ginge es um Fußball. Ginge es darum, einen Verein finanziell stabil zu halten und dennoch sportlich zu reüssieren. Doch immer wieder krachte es, ob Abstieg nach einem Goldenen Jahrzehnt oder Umbenennung und Farbverlust, ob Verurteilung wegen Untreue oder donnernder Konkurs, ob Überlebenskampf als Verein oder Überlebenskampf am Rasenviereck. Wenn man glaubte, man hätte ein Problem gelöst, traten zwei neue auf. Was der Kobayashi-Maru-Test für Sternenflottenoffiziere im Star Trek universum ist, ist Wacker Innsbruck für den Tiroler Fußball. Ein Persönlichkeitstest. Es geht nicht darum, ein Problem zu lösen, sondern sich der Angst zu stellen in einer ausweglosen Situation. So wird jeder Gegner zum Angstgegner. Der nächste auf der Liste: SC Wr. Neustadt.


 
Beam me up!

Raufbeamen, das war der Plan des FC Wacker Innsbruck für diese Saison. Dazu müssen aber Gravitationskräfte überwunden werden, die unüberwindbar scheinen. Weder Anton Zeilinger (österr. Quantenphysiker) noch Montgomery Scott (Chefingenieur des Raumschiff Enterprise) – der sogar Porthos, den Beagle von Admiral Archer, unter Warpgeschwindigkeit beamen konnte – werden hier helfen zu können. Man kann nur beamen, was sich in einem stabilen Zustand befindet, heisenbergsche Unschärferelation und Eindämmungsfeld hin oder her. Wacker ist in keinem stabilen Zustand. In sieben Spielen wurde kein einziger Sieg eingefahren, in neun Pflichtspielen der Saison konnte nur Floridsdorf durch ein Tor in Minute 92 geschlagen werden. In einer einzigen von neun Begegnungen ging Wacker in Führung, acht Pflichtspiele wurden mit einem Rückstand begonnen – kein Team der Liga lag öfter zurück. Man könnte jetzt sagen, Innsbruck hat immerhin Moral bewiesen und rettete einen Sieg und zwei Unentschieden aus dieser misslichen Lage. Tja, auch die Austria aus Lustenau startet schlecht in Partien, gewann aber nach sieben Rückständen drei Matches, holte dreimal ein Remis, musste sich nur einmal geschlagen geben. Auch so geht es. Die einzige Partie, in der Lustenau nebenbei in Führung ging – Wacker. Gut, dass es Wiener Neustadt gibt. Die Blau-Weißen gingen in drei Runden – gegen die Aufsteiger Blau-Weiß Linz, WSG Wattens und SV Horn – 1:0 in Führung. Die Spiele endeten auch so, in acht Runden waren dies die einzigen Siege. Fünfmal gerieten die Niederösterreicher in Rückstand, fünfmal gingen sie als Verlierer vom Platz. Das erste Tor wird wohl entscheidend für den Abschluss des ersten Saisonviertels. Nebenbei, als Vergleich: gegen die Aufsteiger, die teils auch als mögliche Abstiegskandidaten gehandelt werden, holte Wr. Neustadt neun Punkte. Wacker einen einzigen. Beamen nicht möglich, Sir, ausweglos.
 
Red Alert, Redshirt!

Nicht zu Unrecht klingeln die Alarmglocken. Fluchtkurs nicht möglich, man muss sich der Gefahr stellen, ob man will oder nicht. Nur, mit welcher Truppe? Kirk nahm Spock und Pille mit (Star Trek), Jean-Luc ging gerne mit Data, Geordi und Worf oder sandte gleich seine Nummer Eins (Star Trek – New Generation). Und wenn wer Neuer mitging, hatte er in der sauberen Wäsche zumeist nur ein rotes Shirt gefunden und brachte kaum mehr als zwei Sätze heraus. Bei Wacker scheinen derzeit ausschließlich Redshirts Dienst zu verrichten, kaum einer überlebt die nächsten Runden. Die „Todesarten“ sind unterschiedlich. Da gibt es etwa die Ausfälle durch Verletzungen, ein wenig beeinflussbarer Faktor von außen. Oder es gibt Stehzeiten durch Karten. Grünwald, gerade wieder genesen, darf nach seiner Roten wieder eine solche Stehzeit in Anspruch nehmen. Abschussgrund Nummer eins ist aber die Leistung sowie das Konzept des Trainers, in welchem man keinen Platz findet. So landet der Top-Torschütze der vergangenen Saison schon mal auf der Bank, finden sich baumlange Innenverteidiger auf der Außenverteidiger-Position, Mittelfeldspieler in der Defensive, Mittelstürmer am Flügel, Flügelstürmer auf der Tribüne und vermeintliche Stammspieler bei der Zweier-Mannschaft wieder.4-2-3-1? 4-4-2 ? 4-1-4-1? Es wirkt manchmal eher konzeptlos, was da im Einsatz geboten wird. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Anweisungen von der Seitenlinie, die den Spielern im Gefecht ständig ihre Position zu weisen und sie am Weiterlaufen hindern. Wenn es auf der Brücke der Enterprise „Picard-Manöver“ hieß, wusste jeder, was er zu tun hatte. „Angriffsmuster Riker Alpha“, keine weitere Erklärung notwendig. Gut, die Crew der Enterprise hat bei ihren Trainings auch immer gut aufgepasst und ihre gestellten Aufgaben verinnerlicht. „Muster Gamma Sechs“, selbst Redshirts blieben unter rotem Alarm ganz ruhig. Gut, was sollten sie auch tun, wer den Mund aufmacht, fliegt. Fast wie bei Wacker derzeit, könnte man meinen. 23 Ballesterer kamen in Schwarz-Grün bereits zum Einsatz, kein Team hat bisher mehr Spieler zum Einsatz gebracht. Mehr noch, lediglich in Runde fünf und sechs stand dieselbe Startelf am Rasen. In neun Pflichtspielen gab es bisher acht verschiedene Formationen zu Spielbeginn. Sechs verschiedene Viererketten kamen zum Einsatz, in den ersten fünf Pflichtspielen waren niemals dieselben vier Defensiven auf dem Platz. Sechsmal gab es ein differierendes Mittelfeld hinsichtlich der Personalbesetzung, und selbst an jenen Spieltagen, an denen doch die selben Kräfte aufgeboten wurden, waren sie an anderen Positionen aufgestellt. Kein Wunder, dass dies manchmal zu einem Blindflug wie im Mutara-Nebel führt. Gegen Wiener Neustadt wird erneut eine zur vorhergehenden Runde veränderte Startaufstellung am Platz stehen, Redshirt Pascal war in Erscheinung getreten. Sind wir mal gespannt, ob dies Erfolg bringen wird. Erfolg und Glück sind auf der Seite der Narren, meinte James T. Kirk (Kapitän der legendären Enterprise). Wenigstens eine Hoffnung…
 
Ausweglos

Bevor Verzweiflung ausbricht, die gute Nachricht. Einen gab es, der den Kobayashi-Maru-Test an der Sternenflottenakademie erfolgreich absolvieren konnte. James T. Kirk war bereits zweimal gescheitert. Und trat ein drittes Mal an – er glaubt nicht an ausweglose Situationen. Wenn sich das Problem an sich nicht lösen lässt, müssen die Rahmenbedingungen geändert werden. Wenn man nicht Meister werden kann, um aufzusteigen, muss man einen anderen Weg finden. Die Bundesliga bietet ihn an: in der kommenden Saison dürfen bis zu drei Mannschaften aufsteigen. Faszinierend. Ein Problem bleibt – Wacker müsste mindestens Dritter werden. Doch vor dem Spiel gegen Wr. Neustadt scheint sogar der Klassenerhalt gefährdet, Innsbruck in einer ausweglosen Situation gefangen. Und wer hat schon einen Tiberius (das T in James T. Kirk) zu Hause…

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Autor: Stefan Weis

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