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Make it great again

Eigentlich möchte ich mich entschuldigen, gleich vorab. Aber ich kann mir nicht helfen. Da hört man Aussagen von einem orangefarbenen Bauunternehmer aus Übersee, und denkt an die Herren aus dem Bullenkonzern. Da lässt ein postpubertärer Soziopath Worte fallen – und er kennt die besten Worte, die besten – die einem den Schauer über den Rücken jagen, und man denkt an die unschuldigen Buben aus Liefering. Definitiv mein Fehler, ich weiß, aber dennoch…

„I don’t like losers.“

Da ist schon einmal die grundsätzliche Einstellung im Verein. Es geht ums Gewinnen. Stimmt, kein Fehler, wenn man im Spitzensport tätig ist, im Gegenteil. Aber irgendwie hat es so ein G’schmäckle. Die Guten ins Körbchen, die Schlechten massenhaft zu den Gegnern. Oder wieder heim, wo auch immer in der Welt das ist. Entweder man ist sofort voll leistungsfähig, oder man hat ausgedient. Eine lange Entwicklung ist nicht eingeplant, ebenso wenig eine wirklich grundlegende Jugendarbeit, diese besteht eher aus perfektem Shopping bei anderen Vereinen. Und wieder, im Spitzensport ist gutes Scouting kein Fehler, und trotzdem, sie wissen schon: so ein G’schmäckle. Und gerade dieses G’schmäckle macht die Attraktivität der Lieferinger aus: „Part of the beauty of me is that I am very rich.“. Geld spielt halt doch manchmal Fußball. Geld baut etwa Akademien, die diesen Namen auch verdienen: 12.330 m², vier Naturrasen-, zwei Kunstrasenplätze, eine Halle mit originaler Feldgröße, eine Kleinfeldhalle, 92 Zimmer für Internatsschüler. Mehr noch, ein Motorikpark, Beachvolleyballplätze und die notwendige Infrastruktur für die Unterhaltung und Verpflegung der Fußballschüler. Geld bietet die neuesten Entwicklungen in der Verbesserung der physischen, taktischen und psychischen Entwicklungen. Das macht in aller Welt attraktiv, im Falle Lieferings etwa in Brasilien, Polen, Ghana, Deutschland, Kroatien, Mali, Japan, Serbien – so bunt ist der Salzburger Kader. Ach ja, und natürlich Österreich. Nicht Salzburg, Österreich. Kärntner, Niederösterreicher, Oberösterreicher, Steirer, Wiener. Natürlich werden auch Salzburger Talente gefördert. Und ihre Familien scheinen die einzigen Salzburger zu sein, die Interesse an den Spielen dieses Vereins zeigen. Der Verein ist für Jungspieler attraktiv, auch für Vereine, die von ausgesiebten Talenten profitieren wollen, nicht jedoch für Fans. Da kann es Innsbruck noch so schlecht gehen und das Tivoli noch so sehr boykottiert werden, Wacker wird sich auf dieser Ebene nie mit Liefering messen müssen. Aber der Erfolg ist alles was zählt. Erfolg bringt Sympathien. Egal, wie dieser Erfolg zustande kommt, ob durch Entbehrung oder durch Geld. Denn harte Arbeit steckt immer dahinter. Fast immer.
 
„My whole life is about winning.“

Es geht also ums Gewinnen. Vermeintlich. Denn genau das ist bei Liefering eigentlich Nebensache. Klingt blöd und ist es auch. Nämlich für die Gegner, die eben jenen zielorientierten Jungfußballern Wettbewerbsverzerrung vorwerfen. Ziel ist nämlich, sich für die Kampfmannschaft in Salzburg zu qualifizieren. Und dann für die deutsche Bundesliga, vornehmlich Leipzig. Also muss man gute Leistung bringen, und die führt manchmal zum Sieg. Eigentlich öfter als manchmal. „I don’t lose often. I almost never lose.“ Diese Saison in dreizehn Spielen neun Siege und vier Remis. Niederlage unbekannt. Mehr noch, zu Haus musste man in sechs Spielen keinen einzigen Punkt abgeben, schoss dort durchschnittlich 2,3 Tore und blieb dort dreimal ohne Gegentreffer. Thomas Letsch leistet mit seinem Nachwuchsballett ganze Arbeit. Letsch hat Erfahrung dabei, war er ja unter anderem schon als Trainer des Nachwuchses der Stuttgarter Kickers tätig, als Co-Trainer und Scout bei den großen Kickers, betreute bereits die U16 und U18 der Salzburger Akademie, trainierte die U19 der Bullen. Nur folgerichtig, dass man ihm auch die Ausbildung der Zukunft im RB-Fußball-Konzern anvertraut. Also dem österreichischen Tochterunternehmen, das derzeit etwa vom Dänen Sörensen, dem Bosnier Revljak oder dem 19jährigen Xaver Schlager profitiert. Samuel Tetteh und Mergim Berisha sind derzeit die Speerspitze des Lieferinger Erfolgs. Jeweils neun Tore stehen bei den beiden Stürmern zugute, das gefährlichste Sturmduo der Liga. Zusammen scorten sie öfter als etwa Horn oder BW Linz oder Wattens oder Wr. Neustadt oder Kapfenberg. Und leider auch öfter als Wacker Innsbruck. Doch selbst, wenn man diese beiden Spieler aus dem Geschehen nimmt, wäre Liefering mit vierzehn Treffern besser als die beiden Teams am Tabellenende. „It´s about winning“. Und nicht weniger.
 
„Build a huge wall.“

Da heißt es nicht nur selbst nach vorne aktiv sein, sondern mauern, Zweikämpfe gewinnen, Raum abdecken, fehlerlos agieren. Denn eines allein kann Liefering nicht stoppen. „We’re totally predictable. And predictable is bad.“. Vor allem für den Gegner, der trotz aller Zahlen nicht weiß, wie man die Salzburger stoppen soll. Liefering gewann bislang 757 Zweikämpfe, der zweitschlechteste Wert der Liga, 159 weniger als Innsbruck, die den zweitbesten Wert vorweisen. Gingen sie allgemein in weniger Duelle? Ja, aber nur 47 weniger, Liefering verlor 901mal Mann-gegen-Mann, nur Kapfenberg mehr (913). Also sind genau jene Teams im Zweikampf unterlegen, die in der Liga bislang die wenigsten Tore erhalten haben. Es kommt halt drauf an, wo man ein Duell verliert. Es gäbe, so der Fußball-Laie in mir, ja auch die Möglichkeit, mit Fouls den Gegner zu stoppen. Nun raten Sie einmal, wer die wenigsten Fouls der Liga begangen hat: Liefering. 178 Stück sind 51 weniger als die Bad Boys aus Wiener Neustadt. Nebenbei, Wacker ist hier die Mannschaft mit den zweitwenigsten Fouls, den meisten Tackles (297) und den meisten erfolgreichen Tackles (239). Und auch das Team mit dem meisten Platzverweisen (3). Wenn man foult, dann häufiger mit einem schweren Regelverstoß, dies zeigen auch die Gelben Karten: Liefering ist mit nur 11 Stück in 13 Spielen (Wacker 22) nicht das, was so manche fürchten, wenn sie im Süden eine Mauer errichten wollen. „Nobody builds walls better than me, believe me.“ Naja, außer vielleicht Liefering.
 
„Grab them by the…“

Es wird kein leichter Kampf gegen die Salzburger. Aber auch kein unmöglicher. Man konnte Liefering heuer schon einen Punkt abnehmen, einen Treffer gegen sie erzielen, 60,2% der Zweikämpfe gegen sie gewinnen. Man konnte im vergangenen Jahr auch in Salzburg gewinnen. Man muss die Jungbullen nur richtig packen. An den Hörnern, natürlich. Nicht, wo sie jetzt denken.
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Autor: Stefan Weis

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