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Pausentee mit Floridsdorf

Halbzeit ist. In Amerika würden jetzt die Cheerleader aufs Feld kommen, die Marchin‘-Bands oder Musiksternchen, die ihre Platte promoten wollen. Medizinstudenten im Sezierkurs würden zum legendären Leichwendfest ausrücken und die Wirkung von linearen n-Alkanolen auf den eigenen Körper austesten. Und Wacker? Keine Feier, keine Party, keine Pause. Floridsdorf wartet, und die Wiener sind keine leichte Aufgabe für einen Mittelständler.

Daheim ist daheim

Mehr ist Innsbruck derzeit nicht als Mittelständler. Wenn auch nicht Durchschnitt. Da wird man etwa als Reaktion auf eine anhaltende Spielschwäche von Teilen der eigenen Fangruppierungen bestreikt und hat dennoch nur 131 Zuschauer im Schnitt weniger als der Publikumsmagnet der Liga, der Tabellenführer Lustenau. Und 847 pro Spiel mehr als der kleine Bruder aus dem Unterinntal. Und dieser Unterschied zu Wattens ist um 38 Personen mehr als der durchschnittliche Besuch am FAC-Platz, die aber wiederum 415 Zuschauer pro Spiel mehr haben als die Jungspunde aus Liefering. Das heißt aber auch, dass mit 2406 Gästen nur 55 mehr alle sechs Heimsiege Lieferings zusammen sahen als bei Innsbruck den Auftaktsieg in Runde eins gegen den FAC. Und selbst Floridsdorf hatte mit 2780 mehr Jubler über die drei Heimerfolge an der Auslinie stehen als die Salzburger in der doppelten Spielanzahl. Aber die Absenz der organisierten Fanszene am Tivoli hat gezeigt, dass dies nicht zwingend spielentscheidend ist – wenn auch 59 % der Punkte an die Heimteams gingen, bei den Schwarz-Grünen gar 68,2 % und damit ein Punkt mehr als bei Tabellenführer Lustenau (38,9 %). Gut auch, dass Floridsdorf aufs Tivoli kommt. Denn dort, im Schatten der Nordkette, ist Innsbruck seit fünf Spielen ungeschlagen, erreichte dabei drei Siege und zwei Zu-Null. Mehr noch, gegen den FAC hat man zu Hause noch nie verloren, feierte drei Siege und blieb ebenfalls zweimal ohne Gegentreffer. Floridsdorf mag die Fremde nicht. Ein einziger Sieg in bislang neun Spielen, und das im naheliegenden Wr. Neustadt sprechen für eine kleine Auswärtsphobie, die man sich mit den Innsbruckern teilt. Doch während der FCW die zweitmeisten Tore auf fremdem Terrain hinnehmen musste, ließ Floridsdorf in neun Spielen nur 10 Gegentreffer zu, nur ein einziges Spiel wurde mit mehr als einem Tor verloren, ein Drittel der Partien blieb man ohne Gegentreffer.
 
Da war mal Daheim

Ein Mann stach dabei ganz besonders hervor – Marco Sahanek. Mit vier Toren ist er zusammen mit Flavio nicht nur erfolgreichster Torschütze, sondern auch um vier Tore erfolgreicher als in seiner Zeit in Tirol. In Innsbruck kam die Floridsdorfer Offensivgefahr nur in sechs Ligaspielen für 265 Minuten zum Einsatz, einziges statistisches Merkmal bleibt seine Rote Karte gegen Kapfenberg, welche ihn um die Chance brachte, im Innsbrucker Dress gegen seinen nunmehrigen Arbeitgeber zu spielen. Dies holte er gleich im ersten Match für Horn nach, schoss dabei zwei Tore und legte eines auf – natürlich in der Fremde. Denn Auswärts ist das Zuhause Sahaneks, der an allen sieben Auswärtstreffern des FAC beteiligt war, dreimal als Torschütze und viermal als Assistgeber. Und auch für Schussvorlagen ist Sahanek zu gebrauchen, 40mal legte er dafür einen Ball auf, der drittbeste Wert der Liga. Dennoch ist Floridsdorf derzeit seit acht Spielen ohne vollen Erfolg, zuletzt konnte man in Runde 10 über die volle Punkteanzahl jubeln – beim Sieg gegen den FC Wacker Innsbruck, eingeleitet durch das erste Saisontor von Thomas Hirschhofer, einen weiteren ehemaligen Schwarz-Grünen. Und auch der Dauerbrenner der Wiener kennt das Gefühl, in Tirol zu Hause zu sein: Christian Deutschmann, der Innenverteidiger, spielte bislang alle 18 Spiele und alle 1620 Minuten, ebenso wie sein Deffensivpartner Mario Kröpfl. Der einzige Dauerbrenner in Innsbruck ist eine latente Verunsicherung.
 
Die Besten im Land

Mirnes Becirovic wird das seinige tun, um zur Innsbrucker Verunsicherung beizutragen, ist er doch immer dort, wo der Rauch aufgeht. Kein Spieler der Liga wurde öfter gefoult, mit 56 Vergehen gegen sich kann er um neun mehr verbuchen als Patrik Eler. Becirovic ist aber auch aktiv tätig, 57 Tackels bedeuten Rang zwei, vier Tackles vor seinem Teamkollegen Sascha Viertl, der ebenso gerne regelkonform den Gegner abklopft. Und wer ist der Spieler, der die meisten Bälle bei Floridsdorf abfängt? Mirnes Becirovic, dessen 69 erfolgreiche Aktionen die drittbeste Leistung der Liga bedeutet. Dem kann Innsbruck ein starkes Zweikampfverhalten entgegensetzen. Oder zumindest ein intensives, denn kein anderer Verein führte mehr Duelle am Feld als Wacker (2383). Offensiv stechen Patrik Elers 52 Schüsse aufs gegnerische Tor heraus, nach Dwamena und Berisha der beste Wert der Liga, auch wenn dies bislang erst zu sieben Toren führte (Rang sechs in der Toschützenliste). Und: Innsbruck zeigt nicht nur Nerven, sondern auch Nervenstärke. Das Comeback nach 0:2-Rückstand in der letzten Runde war das siebte Mal, dass Wacker nach einem Rückstand noch Punkte mitnehmen konnte. Nur Lustenau ist mit vier Siegen und fünf Remis nach 11 negativen Spielsituationen öfter erfolgreich. Und Floridsdorf? Ein Sieg, zwei Remis, aber neun Niederlagen folgten nach den bisherigen 12 Rückständen – und auch drei Niederlagen nach Führung. Wacker hingegen ist eines von vier Teams, das nach Führung stets mit Punkten vom Platz ging.
 
Die Allerbesten…

Doch nicht nur das gibt Mut für die letzten Spiele vor der Winterpause. Denn der FC Wacker Innsbruck kann etwas, das kein anderes Team der Liga geschafft hat – man geht defensiv stärker, sicherer in die zweite Halbzeit hinein als in die erste. Im zweiten Durchgang kassierten die Schwarz-Grünen 11 Gegentreffer und damit drei weniger als in Halbzeit eins – als einzige Mannschaft. Vielleicht bringt ja die zweite Saisonhälfte auch eine Verbesserung…

 

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Autor: Stefan Weis

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