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Lasst uns froh und munter sein…

51 Wochen im Jahr ist für Innsbruck St. Nikolaus ein Stadtteil. Anbruggen sagen manche und verweisen stolz auf die lange Geschichte. Koatlackn sagen andere und meinen damit despektierlich gleich alle Einwohner der Stadt. Eine Woche des Jahres aber wird St. Nikolaus zu einem sehnsüchtig erwarteten Gabenbringer und fast jede und jeder Erwachsene wieder zum Kind. Oder zum Angsthasen, wenn die Glocken der Krampusse, der treuen Begleiter des braven Mannes, ertönen. Doch vorm Nikolaus kommt Kapfenberg, und mit ihm die große Unbekannte: Geschenke oder Rute?

 
Anbruggen

Die Geschichte von Innsbruck beginnt mit einem Flecken, einem Markt an der Brücke. Doch nicht dort, wo jetzt die Altstadt steht, sondern am linken Innufer. Lange konnte sich das heutige St. Nikolaus aber nicht am Licht halten, verlor Rasch an Bedeutung, wurde zur Vorstadt degradiert, zum Siechenhaus und Hinrichtungsplatz. Ganz so schlimm ist es nicht in der Geschichte von Wacker Innsbruck mit  Kapfenberg. Früh gab es schon Duelle mit der Sportvereinigung, im ersten Nationalliga-Jahr traf man bereits auf die Steirer, die eine lange Oberhaustradition vorzuweisen hatten. Tor fiel keines, als Tschenett, Senekowitsch, Sikic und Co die roten Teufelchen besuchten. Mehr noch, drei der ersten vier Aufeinandertreffen endeten torlos, das verbleibende Spiel jedoch gleich 6:0 für die Tiroler – das torreichste Spiel und der höchste Sieg in der Geschichte dieses 52jährigen Duells. Das „Köpflplatzl“, der Hinrichtungsort an diesem Tag: nicht St. Nikolaus, sondern das Tivoli. Die Henker:  zweimal Wolny, Santek, Siber, Wartusch, den Rest besorgte ein Kapfenberger selbst. Das langsame Siechen kam später, 2014/15. In vier Spielen konnte man gegen die Steirer kein Tor erzielen, mehr noch, man musste sieben hinnehmen. Drei Niederlagen und ein Remis besiegelten in diesem Jahr beinahe den Durchmarsch in die Regionalliga, hätte nicht ein Nikolaus mit roter Vergangenheit den Trend gestoppt – Klaus Schmidt erbarmte sich der braven Kindern in Innsbruck, Wacker erlebte einen Umschwung. Und weil sich Geschichte so gerne wiederholt, trifft man immer wieder auf ein ähnliches Muster. Die ersten sechs Spiele gegen Kapfenberg brachten vier Remis und zwei Innsbrucker Siege. Die letzten sechs Spiele gegen Kapfenberg brachten vier Remis und zwei Innsbrucker Siege. Die letzten sechs Spiele des FCW in der Liga brachten vier Remis und zwei Innsbrucker Siege. Und täglich grüßt das Murmeltier.
 
Koatlackn

Das Murmeltier ist ja eigentlich in Hötting zu Hause, im Alpenzoo. Es scheint aber seine Wirkung in ganz Innsbruck zu haben. Die Saison begann etwa mit einem 2:1 gegen Floridsdorf vor eigenem Publikum ein spärlich besuchtes Tivoli erlebte zunächst einen kleinen Schock, als die Wiener 1:0 in Führung gingen. Wacker beherrschte aber die Statistik, 55,2% Ballbesitz, 4:2 Schüsse aufs Tor, 76,2% Passquote, 54,1% Zweikampfquote, mehr Eckbälle. Und dennoch brauchte es bis in die Schlussphase, ja in die Nachspielzeit, um mit zwei Toren und einer zwischenzeitlichen Roten Karte für den Gegner das Spiel unter kräftiger Mithilfe von Thomas Pichlmann zu drehen. Und was war in der letzten Runde los? Ein Gegentor, wiederum in Halbzeit eins, lange sah man in einem leeren Tivoli wie der Verlierer aus, trotz vermeintlich überzeugender Werte am Papier. 64,6% Ballbesitz, 5:2 Schüsse aufs Tor, 72% Passquote (wiederum deutlich über der des Gegners), 55,2% gewonnene Zweikämpfe, mehr Eckbälle. Und wieder brauchte es Nerven aus armdicken Drahtseilen, Glück, zwei Tore in der Schlussphase, das letzte in der Nachspielzeit, eine zwischenzeitliche Rote Karte und einen Thomas Pichlmann, um noch als Sieger vom Platz zu gehen. Es waren zwei von nur fünf Heimsiegen in zehn Partien – und dennoch hat das Tivoli in den letzten Jahren schon Schlimmeres erlebt. Nur ein Drittel Heimsiege in den vergangenen Spielzeiten bei zeitgleich mehr als einem Drittel Niederlagen. 2013/14 der Tiefpunkt: drei Siege vor eigenem Publikum in 18 Spielen, der Schmutz von Jahren ohne Fortschritt wurde in einer Saison zusammengespült und hatte sich am Stadionrasen gestaut. Nicht St. Nikolaus war die Koatlackn, das Tivoli verdiente diesen Namen.
 
St. Nikolaus

Das ist alles Vergangenheit, was zählt, ist das nächste Spiel gegen die KSV. Die Frage dabei ist, ob die Rothemden als Nikolaus kommen und Geschenke bringen oder als kleine Teufelchen, als Krampusse, als Klaubauf, als Perchten. Oder, ob sie wie in den letzten Runden auch, beides sind. In Halbzeit eins etwa zeigen sich die Steirer von ihrer lieben Seite, tun niemandem weh. Sechs Tore im ersten Durchgang bedeuten, dass niemand weniger in diesen 45 Minuten erzielt, dass nur 24% der Tore vor der Pause fallen. Sie machen in diesen Minuten aber auch ihre Reihen dicht, mit nur 9 Gegentoren ist Kapfenberg die erfolgreichste Defensivtruppe in dieser Spielphase – und Wacker die freigiebigste mit 15 erhaltenen Treffern. Die Sportvereinigung kann aber auch austeilen, nur ein Team der Liga – Wr. Neustadt – machte mehr Fouls als die Steirer, welche mit 327 Regelverstößen um 39 mehr begingen als die Tiroler. Und vor allem eines mehr als für sie gut, im letzten Aufeinandertreffen erzielte Patrik Eler das einzige Tor des Spiels aus einem Elfmeter. Dennoch wären die Rothemden schlechte Krampusse, zumindest nach Osttiroler Brauch. Denn wenn es nicht um Show und Pyrotechnik geht und auch keine Ruten im Einsatz sind, sondern es rein ums Ranggeln geht, um die Frage, wer gewinnt den fairen Zweikampf Mann gegen Mann, wer ist obenauf – dann sind die Kapfenberger mehr Nikolaus als Klaubauf. Kein Team verlor absolut mehr Duelle (1290), kein Team relativ mehr (53,44%), keine Mannschaft verlor mehr Kopfballduelle (443). Solche Zahlen nimmt Wacker fast noch lieber als ein Säcklein voller Nüsse und Mandarinen.
 
Brav sein…

Die Frage ist aber, ob Wacker Innsbruck wirklich brav genug war in diesem Jahr, um vom Hl. Nikolaus belohnt zu werden. Was aber auch bei schlimmen Kindern im letzten Moment noch hilft, ist ein Gedicht. Oder ein Lied. Vielleicht sollte man bis Freitag also noch fest lernen… „Lustig, lustig, trallalalal, bald ist Nikolaus-Abend da!“
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Autor: Stefan Weis

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