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Die Qualitätslüge

Seit drei Jahren sorgen die Profis des FC Wacker Innsbruck für alles, nur nicht für volle Häuser, oder Furore. Seit dieser Saison nun wird von einer immer größeren Menge an Fans und Funktionären der Mannschaft die spielerische Qualität abgesprochen. Obwohl der Kader einer der teuersten der Liga ist und gespickt ist, mit ehemaligen Nationalspielern und Akteuren mit internationaler Erfahrung, sollte das alles verloren gegangen sein? Das Erklärungsmodell ist zwar einleuchtend und in erster Linie zielführend, doch es kaschiert etwas: Die Mannschaft kann sich auf dieser weiteren Ausrede wunderbar ausruhen.

 

Autunno italiano (italienischer Herbst)

1.220 Minuten in der Serie A, 1.668 Minuten in der Serie B, 328 Minuten 2. deutsche Bundesliga und tausende Minuten Österreichische Bundesliga – das sind Zahlen, die Qualität nicht nur versprechen, nein sie müssten dafür garantieren. Jürgen Säumel spielt nun seit drei Jahren in Innsbruck.  Wirklich gezeigt, da muss man den Qualitätsverfechtern leider recht geben, hat er sie bis heute nicht warum er einst in einer der besten Ligen Europas spielte. Dazu kommen noch Einsätze in allen Nachwuchsnationalteams und 20 Einsätze im Nationalteam. Die Qualität muss da sein, nur wird sie nicht gezeigt.

Der zweite Ex-Italiener ist Thomas Pichelmann. Während Säumel mit 32 noch im besten Fußballeralter steht, befindet sich Pichlmann mit 35 schon im Spätherbst seiner Karriere. Hier finden sich weit über 4.000 Minuten in der Serie B auf dem Lebenslauf, Unmengen an Minuten in der österreichsischen Bundesliga und auch drei Einsätze im Nationalteam. Dabei erzielte er 139 Tore in seiner Karriere, davon 20 im Vorjahr in Innsbruck. Auf einmal über Nacht, war sie weg…. Wer? Die Qualität. Nicht ganz nachvollziehbar, oder?

Meistertitel en masse

Eine Kaderanalyse betreffend der Titel, welche die einzelnen Akteure in Schwarz-Grün erspielt haben, zeigt wiederum das an sich zu erwartende Qualitätsniveau der Mannschaft:
Grünwald (Cupsieger, Meister), Siller (Meister Erste Liga), Schimpelsberger (Niederländischer Cupsieger), Hölzl (Meister, Meister Erste Liga, Cupsieger), Hauser (2x Meister Erste Liga), Roguljic (Meister und Cupsieger) und Pichlmann (Cupsieger) haben eine beeindruckende Bilanz zu Buche stehen. Wie oft sie in den jeweiligen Saisonen zwar zum Einsatz kamen, ist eine andere Geschichte, doch schien die Qualität ausreichend, um in Teams zu spielen, die stark genung waren, Titel zu erspielen. In Innsbruck reicht es aber kaum zum Klassenerhalt. Ausrede: Die Qualität der Mannschaft ist nicht ausreichend. Welche andere erste Liga Mannschaft kann mit so einer Titelfülle im Kader aufwarten?
Die dominierenden Linzer haben in ihrem Kader folgende Titel: zweimal Meister, zweimal erste Liga Titel und dreimal slowenischer Meister. Das wars.

84.707 Bundesligaminuten Erfahrung

Ein nächster Versuch die „mangelnde Qualität“ an Zahlen festzumachen sind die Einsatzminuten der einzelnen Akteure in Österreichs Bundesliga. Im Bereich der Torhüter hat hierbei nur Grünwald Erfahrung – und das im Ausmaß von 5.329 Minuten.
In der Abwehr finden sich folgende Werte: Pichler mit 13.094, Kobleder mit 641, Baumgartner mit 529, Siller mit 2209, Schimpelsberger mit 4.221 und Hölzl mit 19.964 Minuten. Das ergibt 41.658 Minuten.
Im Mittelfeld kommen abermals Unmengen an Bundesligaminuten zusammen:
Kerschbaum durfte 1.415 Minuten in der höchsten Spielklasse auflaufen, Freitag 4.166 Minuten, Säumel 15.596 Minuten, Hamzic 550 Minuten, Jamnig 5 Minuten, Hauser 13.767 Minuten, Roguljic 193 Minuten und Gründler 741 Minuten. In Summe ergibt das die stattliche Anzahl von 36.433 Minuten.
Einzig der Sturm ist in dieser Aufstellung unterbesetzt: Da scheint Pichlmann mit 7.607 Minuten auf. Die neun Minuten von Hesina fallen dabei nicht wirklich ins Gewicht.

Ergibt also alles in allem 84.707 Minuten Bundesligaerfahrung, zum besseren Verstädnis, das sind 941 Spiele einzelner Spieler  beziehungsweise 85 Spiele einer Elf. Man möchte meinen, das sollte für Österreichs 2. Liga reichen!

Tristesse in Rot Weiss Rot

Nein damit ist nicht das Abschneiden des Nationalteams bei der EM gemeint, nein, es geht hier um die Nationalteameinsätze im Wackeren Kader.
Wir wollen nuns nicht mit den Nachwuchsnationalteams beschäftigen, da sich dort fast jeder Akteur des FCW schon mal wiedergefunden hat, sondern wirklich um die A-Mannschaft.
Mit Grünwald im Tor verfügt Wacker über einen dreifachen Teamtorhüter, Hölzl erzielte bei zehn Einsätzen gar zwei Tore, Säumel durfte 20 mal mi dem Adler auf der Brust auflaufen. Auch Pichlmann versuchte sich immerhin zweimal im Team. Vielleicht finden sich hier nicht die Zahlen von Superstars, aber auch für die Erste Liga ist ein Team mit 35 Teameinsätzen zumindest von der Logik her qualitativ sehr stark einzuschätzen.

Die Analysen ließen sich beliebig fortsetzen, es ließe sich auch ein Vergleich mit allen anderen Teams der Liga machen und unter den meisten Kritierien, würde als Fazit stehen: der FC Wacker Innsbruck hat qualitativ eine der am höchsten einzuschätzenden Mannschaften der Liga.  
Nur zeigt der vorhandene Kader Woche für Woche absolut nichts von dieser Qualität! Die Mannschaft hat es als erste geschafft einen fast halbjährigen Fanboykott auszulösen und das Tivoli leer zu spielen. An der Qualität dürfte es aber eben nicht mangeln. Woran dann?

Mangelnde Soft Skills

Darüber wird nicht nur an Stammtischen oder im tivoli12-Forum gerätselt, auch die Fußballfachleute im Land sind sich nicht sicher. Und so landet man schnell bei den Soft Skills. Mangelt es vielleicht an professioneller Einstellung, lässt das Mannschaftsklima und -gefüge etwa Erfolg nicht zu, arbeiten die Gruppen innerhalb des Teams nicht zusammen, wirkt sich die Hierarchie in der Mannschaft negativ auf die Leistungsbereitsschaft aus, ist die Negativität des Umfelds leistungshemmend? Indizien gibt es viele. Angefangen von kolportierten „Revolutionen“ gegen Trainer, über die Ablehnung sportpsychologischer Betreuung von weiten Teilen eines Teams, welches sich nicht gerade durch Stabilität und Nervenstärke in Drucksituationen auszeichnet bis hin zu einer Absage des Trainingslagers und genüsslicher Ausschlachtung inferiorer Leistungen in den Medien. Doch auch für diese Negativität trägt am Ende des Tages die Mannschaft selbst mit ihren indiskutablen Auftritten auf dem Feld die Verantwortung…

Mangelde Hardware

Man könnte auch noch die schlechte Trainingsinfrastruktur als Begründung anfügen. Denn eines ist leider ein nicht weg zu diskutierendes Faktum. Auch wenn der Durchschnittsinteressierte lediglich das Tivolistadion sieht, in Sachen Trainingsstätten-Quantität und -Qualität belegt der FC Wacker Innsbruck den letzten Platz im Österreichischen Profifußball. Wer es nicht glaubt, möge sich die Trainingsmöglichkeiten jedes anderen Klubs ansehen. Man wäre überrascht. Kein Wunder, dass man sich regelmäßig außerhalb von Innsbruck um Plätze bemüht.  

Woran auch immer es krankt, eines ist aber ganz sicher: Kaum ein Spieler, der von der Papierform her auch noch so gut war, hat sich in den letzten Jahren zum Besseren weiterentwickelt. Daran muss in Zukunft intensiv gearbeitet werden, sonst gehen über kurz oder lang die Lichter aus.

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Autor: admin

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