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Seines Glückes Schmidt

Das Team, das jetzt aufs Tivoli kommt, sollte man nicht unterschätzen. Ja, Blau-Weiß Linz liegt nach 33 gespielten Runden ein gutes Stück hinter dem FC Wacker Innsbruck. Und ja, die Oberösterreicher haben sich erst in den letzten Runden – und natürlich durch die einmal mehr saisonentscheidenden Lizenzierungsverfahren – von den Abstiegsrängen entfernen können. Aber ein etwas anderer Blick müsste die Schwarz-Grünen beinahe das Fürchten lehren: nämlich der auf die aktuelle Formtabelle des Jahres 2017.

 

Hammer-Schlag

Das drittletzte Spiel der Saison bringt nicht das Spiel zweier Traditionsmannschaften, die sich neu finden mussten, um wieder im Sport vorhanden zu sein. Also nicht nur, denn wenn der zehnmalige österreichische Meister auf den einmaligen Meister trifft, der einst den klingenden Namen VÖEST trug und nur nach diesem, seinem Arbeitgeber gerufen wurde, dann sind das Geschichten, die man sich in der zweiten Spielklasse wehmütig erzählt, mit der aktuellen sportlichen Situation aber nichts mehr zu tun haben. Im Gegensatz zum Tabellenstand des Jahres 2017, also den letzten 13 Runden. Man könnte sagen, die Daxbacher-Tabelle, denn genauso lange steht der Sir, der einst die Konkurrenz der Stahlstädter zu Siegen führte, am Kommandoposten beim FCW. Für Innsbruck nicht gerade die erfolgreichste Zeit des Jahres, denn fünf Siegen stehen sechs Niederlagen gegenüber, das Torverhältnis ist negativ – mehr noch, nur die KSV musste in dieser Phase der Saison mehr Tore ertragen als Wacker, das 24 Gegentreffer erhielt. Zum Vergleich: die sich am absteigenden Ast befindlichen Horner kassierten sechs weniger, Tabellenschlusslicht FAC hat eine um neun Tore stabilere Abwehr, Blau-Weiß gar um elf Tore. Gäbe es nicht Patrick Eler mit seinem und eine in einigen Spielen schier unglaubliche Effizienz der wackeren Offensive, diese Offenheit der Hintermannschaft hätte Innsbruck wie einen Hammerschlag getroffen und zu Boden geworfen. Thor, der alte Schmied und nordische Donnergott, hätte seine reinste Freude daran gehabt. Wie vom Donner gerührt ist man auch, blickt man auf die Auswärtstabelle des Jahres. In den sechs Spielen auf fremdem Boden verlor Linz kein einziges Mal, ging viermal als Sieger vom Platz, holte 14 Punkte und ist mit einer Tordifferenz von plus neun das beste Auswärtsteam des aktuellen Jahres. Na bumm.

Von wegen Hinkebein

Der Erfolg hat wohl auch mit einem Namen zu tun – Klaus Schmidt. Seit Runde dreizehn leitet er das Training von der nunmehr einzigen Linzer Mannschaft, die auch die Gugl ihre Heimat nennt. Und wie Hephaistos, der alte Grieche am Amboss, schuf er aus einem rohen Stück Eisen ein Team, das nicht unterschätzt werden sollte. Hephaistos, von den Göttern auf die Erde geschleudert, war kunstfertig, aber durch ein Hinkebein gehandicapt. Wie Linz, möchte man meinen, denn der Zauber des aktuellen Erfolgs kam nicht durch neue Spieler, sondern musste schon in der Mannschaft gesteckt haben, die in den ersten zwölf Runden der Saison jedoch nichts davon abrufen konnte. Aber schon gar nichts, denn diese zwölf Spiele brachten lediglich einen Sieg (gegen den Stadtrivalen ASK) und drei Remis (gegen die Teams des Westens Lustenau, Wattens und Innsbruck). Zehn Tore bedeutete die schwächste Offensive, das Torverhältnis von minus neun das schlechteste der Liga, mit sechs Punkten lag man abgeschlagen am Tabellenende. Bis dann Schmidt kam, der Schmied, wie einst auch der griechische Göttersohn. Aus Hephaistos Hand stammen Ketten, um übermächtige Gegner zu fesseln. Wie etwa Prometheus an den Kaukasus. Oder so manche Offensive vor dem Strafraum wie bei Schmidt. In den ersten drei Spielen gab es keinen Gegentreffer. Es folgten noch weitere sieben Spiele zu Null, in weiteren sechs Partien musste man nur einen einzigen Gegentreffer hinnehmen. Sechzehn Spiele von einundzwanzig unter Schmidt, sechs Gegentore – die Defensive stand.

Fabrum esse suae quemque fortunae

Schon Appius Claudius Caecus wusste im Rom der Antike, dass ein jeder seines Glückes Schmied ist. Und er musste es wissen, brachte er es doch bis zum Konsul und dann sogar Diktator, reformierte Staat und Sprache, ließ die Aquädukte und die nach ihm benannte Straße nach Rom bauen. Ein Macher also. Wie so mancher Trainer, der in der Not geholt wird und sich dann als Wunder für den Erfolg eines vermeintlich toten Teams beweist. Den Trainereffekt gab es in dieser erneut wechselhaften Saison bereits einige Male. Als etwa Maresch Halper beim FAC ablöste, stieg der Punkteschnitt der letzten fünf Spiele unter Trainer alt im Vergleich zu den ersten fünf Spielen unter Trainer neu von 0,2 auf 1,2. Und als nur zehn Runden später Maresch von Glawogger abgelöst wurde von 0,8 auf 1,33. Der FAC sollte also als fünf Runden Trainer wechseln. Nicht so Innsbruck. Der Wechsel von Jacobacci auf Grumser katapultierte zwar Innsbrucks Punkteschnitt von 0,8 auf 2,0 in den jeweiligen fünf Spielen und macht damit den Trainer ohne Lizenz zum erfolgreichsten Tausch der Saison. Doch der Start unter Daxbacher war, sagen wir, holprig. Nach fünf Spielen ohne Niederlage im Herbst folgten beim Sir vier Niederlagen und nur ein Sieg, der Schnitt sank von 1,8 auf 0,8, die Statistik sagt: der schlechteste Wechsel der Liga, kein Trainerstart war erfolgloser. Und Schmidt? Er hob den Linzer Punkteschnitt von 0,8 auf 1,4 und ist der einzige Trainer, der keines seiner ersten fünf Spiele verlor. Ein Glücksgriff für Blau-Weiß.

Schmied und Schmiedl

Da ist es dann auch wenig verwunderlich, wenn das einstige Tabellenschlusslicht als Favorit aufs Tivoli kommt. 2017 die deutlich erfolgreichere Mannschaft, seit Schmidts Amtsübernahme so wenig Spiele verloren wie nur der LASK. Und gegen Innsbruck noch kein einziges Mal (zwei Remis, ein Sieg). So wenig Tore erhalten wie nur der LASK. Blau-Weiß hat sein Glück gefunden, der Schmiedl sitzt derzeit in Innsbruck.

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Autor: Stefan Weis

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