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In Linz beg…

Nein. Das wäre jetzt zu billig. Oder glauben Sie jeden Spruch, nur weil er sich reimt? Buchen sollst du suchen? Dann erwischt dich der Blitz wie Wacker die Realität am Anfang der letzten Saison. Außderdem wär’s auch nicht wahr. Denn begonnen hat’s in Steyr, und auch, wenn die Oberösterreicher den Industrie- und Stahlstadt-Mythos beschwören, die Vorwärts ist die wahre Buggler-Truppe. Und älter. Aber die sind schon Vergangenheit für Innsbruck, die Zukunft heißt Blau-Weiß Linz.

 

Chemie, Langeweile, Drogen

Den besten Ruf hat sie ja nicht, die Oberösterreichische Landeshauptstadt. Nicht früher und auch nicht jetzt. Wolfgang Höbel meinte noch vor rund einen Jahrzehnt lakonisch:

„Eigentlich geht man nicht nach Linz in die Disco. Eigentlich geht man überhaupt nicht nach Linz. Linz ist der Arsch der Welt: Chemie, Langeweile, Drogen.“

Stahl hat er vergessen. Und an dem, dem Ursprung der Blau-Weißen, ist irgendwie auch Innsbruck Schuld. Und die Drogen. Denn als der dicke Hermann (Göring), damals noch dünn, ein vom Krieg ausgezeichneter Kampfflieger, doch auch schon geistig umnächtigt (wie 1925 bei einer Untersuchung in Schweden bestätigt), nach dem erfolglosen Putschversuch in München angeschossen nach Innsbruck floh, wurden ihm gegen die Schmerzen Morphine verabreicht. Der Beginn seiner Drogensucht. Der dicke Hermann, nein, das klingt zu nett, der wahnsinnige Hermann, er ließ dann 1938 den Spatenstich vornehmen für die nach ihm benannten Göring-Werke in Linz, die spätere Voest, den Ursprung des Stahlstadt-Mythos. Also irgendwie trägt Innsbruck mit an der Geschichte von Blau-Weiß, und leider auch an der dunklen Geschichte des mörderischen Hermann. Direkt neben den Stahlwerken wurden die Stickstoff-Werke erbaut, die spätere Chemie Linz, auch eine Legende des Fußballs. Anfang der 60er als „Stickstoff“ erstklassig (der SK VÖEST absolvierte mehrfach die Vorspiele im Linzer Stadion), stieg man 1964 am letzten Spieltag ab, genau in der Saison, als man mit dem SKV eine Kooperation einging. „Stickstoff“ blieb lange zweitklassig, bis zum Neubeginn als „Chemie“ 1973. 1987 knapp vor dem Wiederaufstieg in die zweite Division, doch in der Relegation an Rapid Lienz und Kapfenberg gescheitert. 1989 am LUV Graz. Und dann spielen aufgehört, als Hobbytruppe reaktiviert und derzeit in der 2. Klasse Mitte in Oberösterreich am Spielen. Gegen ein Team, das sich Stahl Linz FC nennt, sich als einzig legitimen Nachfolger der VOEST-Mannschft sieht und sich auf den Stahlstadt-Mythos beruft. Aber daran trägt Innsbruck jetzt aber wirklich nicht Schuld.

Langeweile und Gift

Lange, lange vor der Industrialisierung der Stadt schien die oberösterreichische Landeshauptstadt aber auch nicht von pulsierendem Leben geprägt gewesen zu sein, glaubt man Eduard von Bauernfeld und seinem poetischen Tagebuch:

„Mit Cyankali hats keine Eile! Man kann auch ruhig sterben vor Langeweile. Wie in der Provinz. Zum Beispiel in Linz.“

Damals hat es aber auch noch keinen Fußball gegeben, muss man der Stadt an der Donau zu Gute halten. Denn langweilig war es in Fußball-Linz selten. Auch, wenn die beiden Auswärtspartien 1971 und 1972 ohne ein einziges Tor mit einem öden 0:0 endeten (wie nur zwei weitere von insgesamt 66 Liga-Spielen). Drei von vier torlosen Remis waren Teil einer Saison, die mit einem Meistertitel gekrönt wurde, die „erfolglose“ mit einem Vizemeister-Titel. Auch das würde Innsbruck heuer wohl mit Handkuss nehmen. Linz war aber anfangs ein recht harter Boden für die Schwarz-Grünen. Nach dem ersten Duell am Tivoli schien alles eitel Wonne, zweimal traf Wolny, je einmal Hohenwarter, Obert, Ettmayer. Doch in Linz gab es nichts zu holen. Eine 0:3-Niederlage zum Auftakt, die ersten drei Begegnungen in Oberösterreich ohne ein einziges Tor für Wacker. Der Bann wurde gebrochen von Wolfgang „Bobby“ Breuer, österreichischer Torschützenkönig 1973. Vielmehr unterbrochen, denn gleich die nächsten zwei Spiele auf der Gugl gingen wieder torlos verloren, ein hartes Pflaster. Auch vergangene Saison konnte Wacker keinen Sieg in der Heimat von Blau-Weiß verbuchen, doch Langeweile kam weder beim umkämpften 2:2 (nach 0:2 Rückstand) noch beim 1:3 (in einer lange offenen Partie, das dritte Tor fiel erst in der 94. Minute) auf. Und die vierte Begegnung, zu Hause am Tivoli, brachte gar den ersten Sieg der Saison gegen Blau-Weiß, nach Rückstand erzielte Jamnig in der 94. das 2:1, ein Ergebnis, auf dem man aufbauen kann. Keine Notwendigkeit also, das Dilemma mit Cyankali zu verkürzen.

In Linz geboren

Thomas Bernhard, der große österreichische Schriftsteller, starb zwar 1989 in Oberösterreich, etwas anderes konnte er sich aber nicht vorstellen, wie er in seinem Stück „Heldenplatz“ verriet:

„In Linz geboren, allein das ist ein fürchterlicher Gedanke.“

Ein Gedanke, mit dem sich nicht allzu viele Blau-Weiß-Spieler beschäftigen müssen. Der 19jährige Ersatztorhüter Ammar Helac begann seine Karriere zwar in Linz, aber bei „Donau“. Markus Blutsch – Enkel des großen Dolfi, der beim LASK spielte und bei Wacker Innsbruck, bei Austria Salzburg coachte und bei Rapid Lienz – hat auch Linzer Blut, aber das ist schwarz-weiß und stammt aus dem Stadtteil St. Magdalena. Manuel Hartl startete bei Babenberg, Sinisa Markovic beim LASK, Thomas Pellegrini bei Pasching. Ein Großteil der Spieler hat oberösterreichische Wurzeln im heiligen Umland wie St. Marien, St. Florian oder St. Valentin und macht den Hauptstadt-Club zum eigentlichen Landes-Verein. Lediglich Einzelne sind durch und durch blau-weiß und kommen wie der 16jährige Bastian Horner, der 18jährige Manuel Hartig oder der 22jährige Stefan Haudum aus dem völlig eigenen Nachwuchs. Jenen Nachwuchs, den man erst wieder mühsam aufbauen musste, nachdem Präsident Franz Grad (der nun nach Pasching am nächsten Kunst-Projekt in Oedt werkelt) den FC Linz mit dem ASK fusionierte und damit die Kaderschmiede dem einstigen Hauptstadt-Klub überantwortete, der nun selbst Linz verlassen hat und in die Vorstadt gezogen ist. Linz hält also nicht einmal seinen eigenen Fußball.

Linz droht

Aber bevor man in Innsbruck übermütig wird und Linz für einen vermeintlich leichten Gegner hält, sollte man sich an letzte Saison erinnern. Oder den Auftakt gegen einen Regionalligisten aus Oberösterreich. Oder den klaren 5:1-Sieg von Blau-Weiß in der regulären Spielzeit gegen Karabakh Wien, den Ostligisten. Oder einfach auf Fritz von Herzmanovsky-Orlando hören:

„Werden Sie nicht übermütig, Nepomuk! – Sie wissen: Ihnen droht Linz!“.

Eben.

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Autor: Stefan Weis

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