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Steirer, die bellen, beißen nicht

Cave canem! Hüte dich vor dem Hund! Diese Warnung fand man in römischen Ruinen, um unliebsame Gäste abzuhalten. Und man findet es auch heute, als Alternative zum Hinweis „Achtung, bissiger Hund!“. Von wegen bissig. Außerhalb des Zaunes ist dann aber nichts mehr zu sehen von der Gefährlichkeit, glaubt man den Besitzern. Der will ja nur spielen, der kläfft nur. Und Hunde, die bellen… Steirer bellen auch. Sagt man zumindest, wenn man ihren doch recht lautmalerischen Dialekt hört. Aber beißen sie auch? Muss Innsbruck dem TSV Hartberg einen Maulkorb verpassen oder kommt man zum Streicheln in die Oststeiermark?

Nali

Womit soll man nur aoungéinzn? Also anfangen? Vielleicht mit dem, was nali war, neulich, also der aktuellen Saison. Denn diese hat für Hartberg ganz schön gut aounghéib. Zwei Spiele, zwei Siege. Vor dem Heimspiel gegen Wacker hat man bereits einen Tiroler Verein zu Null besiegt und auch zu Hause schon gewonnen. Drei Spieler haben sich in die Torschützenliste eingetragen, neben Manfred Fischer und Stefan Meusburger auch Dario Tadic, letzterer zweifach. Manfred Fischer, 21 Jahre jung, hat bereits Ligaerfahrung gesammelt, nachdem er für DSV Leoben und Kalsdorf gekickt hat, und zwar bei Wiener Neustadt. Also bei jenem Verein, der derzeit die Tabelle der Ersten Liga anführt, mit zwei Siegen und keinem Gegentor. Auch Stefan Meusburger ist kein Liganeuling, und trotz des Bregenzerwälder Namens ein waschechter Steirer. Auch er hat schon kräftig gebellt, nach ersten Erfahrungen bei St. Margarethen, Knittelfeld und Gratkorn stehen 66 Erstliga-Spiele für Kapfenberg im Lebenslauf wie auch sechs Pokalspiele. In seinem letzten, im April gegen Salzburg, gab er sogar per Kopf die Torvorlage für Joao Victor zum zwischenzeitlichen 1:0 gegen Salzburg und zwang damit den späteren Cupsieger in die Verlängerung. Und Dario Tadic brauch man erst gar nicht erklären. Tadic ist mit seinen 27 Jahren schon ein Urgestein im österreichischen Fußball, machte bei der Wiener Austria schon als 15jähriger die ÖFB-U17-Jugendliga unsicher und gab mit gerade 17 sein Erstliga-Debüt. Es folgten bislang 93 Spiele in der zweithöchsten Spielklasse, 56 Bundesliga-Spiele, 16 Cup-Auftritte und drei Partien in der EuropaLeague. Das ist ein sportlich ganz schön lautes Bellen, trotz einer schwierigen Zeit nach seinem Wechsel zu Wiener Neustadt und einer kurzer Vereinslosigkeit vor seinem Engagement bei Lustenau. Und die sollen nicht beißen?

Selm

Anfangs waren sie etwas zahnlos, die Oststeirer. Selm, damals, als man Innsbruck das erste Mal in einem Pflichtspiel begegnete, da trank man die Mülli noch bei der Muam, so frisch war man, und noch einen Schritt vom Profisport entfernt. Und an der Muttermilch hat man sich auch gleich gescheit verschluckt. 1988 war man noch an der Relegation für die 2. Division gescheitert, der WAC und Ried waren zu stark. 1990 dasselbe Spiel. Meister der Landesliga, Barrage gegen den Kärntner und Oberösterreichischen Meister, wieder waren es Wolfsberg und Ried. Im Oktober 1993 stand der TSV dann im Sechzehntelfinale des ÖFB-Pokals, doch der regierende Cupsieger aus Tirol war eine Klasse zu stark. Oder zwei. Vor 3800 Zuschauern im Hartberger Stadion brachten Vaclav Danek (2) und der Herr Mag. Thomas Janeschitz die Schwarz-Grünen schon in Halbzeit eins mit 3:0 in Führung, der Kas war gegessen. Die Steirer wurden aber immer stärker. Schon im Jahr darauf stieß man bis ins Semifinale des Pokalbewerbs vor und stieg in die Regionalliga auf, im Jahr darauf stand man erstmals in der 2. Division. Aktuell ist es die 10. Saison in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse, von 2009 bis 2015 konnte man sich sechs Jahre lang dort halten. Was man allerdings noch in keiner einzigen Erstliga-Saison geschafft hat, ist ein positives Torverhältnis. Mit -4 musste man 1998 auf Grund einer Ligareform absteigen, die -34 im Jahr 2007 waren ein deutliches Zeichen für die nicht erbrachte Leistung, die zum zweiten Mal den Abstieg bedeutete. Aber es war nicht die schlechteste Saison. 2011/12 gab es in 36 Spielen 23 Niederlagen, 74 Tore kassierten die Steirer, -36 stand zu Buche – doch die Liga wurde gehalten, mit allem Glück, das man nur haben kann. Der LASK, bis zur vorletzten Runde noch auf Aufstiegskurs, verlor seine Lizenz und wurde ans Tabellenende verfrachtet, Hartberg durfte in die Relegation. Dort bekam man es mit unmotivierten Grazern und übermotivierten GAK-Fans zu tun, das Spiel wurde abgebrochen, strafverifiziert, eine katastrophale Saison war gerettet. Gebissen wird nur, wenn man muss.

Hianz

Hianz, also jetzt, jetzt spielt eine andere Musik. Wous gwein is, is gwein. Jetzt ist man nicht mehr so houndsoum, so pflegeleicht und gemütlich, wie man anfangs war. Zu Null, so endeten die ersten fünf Pflichtspiele aus Innsbrucker Sicht, gesamt 15:0. Doch wer ein Tor schießt, der geht nicht als Verlierer vom Platz. Und Tore haben sie geschossen, die Steirer, in jedem der letzten drei Begegnungen mit Wacker. Eine Niederlage, zwei Remis. Doch auch die Tiroler haben den Weg iwa d’Gschreams ins Tor, also geradewegs dorthin, gefunden. Zumindest auswärts, zu Hause setzte es ja gerade wieder ein torloses Remis. Seit 17 Auswärtsspielen ist man in der ersten Liga nicht ohne Torerfolg geblieben. Das 0:1 in Runde 4 gegen den LASK, vor 357 Tagen, vor fast einem ganzen Jahr, das war die letzte Partie auf fremdem Terrain, in der man keinen Treffer erzielen konnte. Seither gab es vier Remis und sieben Siege bei sechs Niederlagen, zuletzt 16 Punkte in sieben Spielen. Beeindruckend. Ebenso beeindruckend wie die Hartberger Heimbilanz. 12 Heimsiege in Serie, sechs Spiele ohne Gegentor, die anderen sechs mit nur einem, ein Torverhältnis von 35:6. Die letzte Liga-Niederlage vor eigenem Publikum gab es vor 329 Tagen – gegen die Juniors des LASK, ein hartes 4:5. Drei Tadic-Treffer reichten nicht, weil die Oberösterreicher mit einer Profitruppe antanzten, die Tore schossen Dominik Reiter, Felipe Dorta und Kennedy Boateng. Vor 318 Tagen musste man sich auch im Cup geschlagen geben, obwohl man 120 Minuten ein 1:1 gegen Wattens halten konnte. Seither wurde gebellt und gebissen, wenn das eigene Territorium zu verteidigen war.

Miaratwéign

Meinetwegen sollen sie also bellen, die Steirer. Ihre Nackenhaare aufstellen und die Zähne fletschen. Sie sollen versuchen, ihre Heimbilanz zu retten und die weiße Weste sauber zu halten. Steirer, die bellen, beißen nicht. Wau, wau!

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Autor: Stefan Weis

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