Alte Bekannte
Manche Fußballer werden zu Legenden nicht nur über ihr Spiel, sondern weil sie dem Verein treu bleiben. Robert Wazinger etwa. Von der WSG ins Tivoli gelotst, spielte er bei Millionenclubs und Pleitegeiern, bei Meistern und Regionalligisten, 18 Jahre lang nur Innsbruck. Solch treue Seelen finden sich immer seltener, die neuen Vereinsstrukturen verhindern das. Und dann gibt es andere, die müssen die Welt entdecken, Neues kennenlernen. Die müssen hinaus, aufs Land, in die Länder. Manchmal finden sie auf ihrer Reise nicht nur Unbekanntes, sondern treffen auf alte Bekannte. Etwa, wenn der FC Wacker in Kapfenberg zu Gast ist.
Auf Schusters Rappen
Wer sich zu Fuß, mit Schuhen aus schwarzen Lederrestchen fortbewegte anstatt hoch zu Ross zu galoppieren, der war auf Schusters Rappen unterwegs. Auch mit kleinen Schritten kommt man vorwärts, und man lernt viel am Weg, wenn nicht alles an einem vorbeirauscht und nur das Ziel zählt. Stefan Rapp machte sich zunächst genau so auf den Weg, mit kleinen Schritten durch den Innsbrucker Zentralraum und die Rheintalfurche. Er spielte sich über die Nachwuchsmannschaften des BNZ bis in die zweite Mannschaft des FC Swarovski, um dann doch in Rum Erfahrung zu sammeln. Er versuchte es erneut bei den Amateuren des FC Wacker Innsbruck, um dann wieder einen Schritt seitwärts zu gehen, zum SV Hall in die Regionalliga. Er wechselte zu Helmut Kraft nach Wörgl und schnupperte Profiluft beim Zweitligisten Schwarz-Weiß Bregenz. Dort erlebte er mit der Steiermark (gegen Hartberg) sein erstes Tor als Berufsballesterer, mit der Steiermark (gegen Leoben) musste er auch das erste und einzige Mal das Feld nach einem Platzverweis verlassen, wiederum als Torschütze. Mit den Bregenzern wurde Rapp Meister und lernte die Bundesliga kennen. Mehr noch, er traf wiederum auf seine alten Bekannten, auf Innsbruck. Nur, Innsbruck hatte sich gewandelt, von blau-weiß über schwarz-grün war man nun bei rot-grün-schwarz gelandet und trug wieder Tirol im Namen. Innsbruck war ein Hybrid aus den Mannschaften, die Rapp kennengelernt hatte. Es warf mit Geld um sich wie einst der FCS, hatte aber keines wie der FCW. Doch noch wollte es keinem auffallen, was an der Sill unter Hochstaffel und Co. geschah, war man doch zu geblendet von den Ergebnissen. Gegen Innsbruck erlebte Rapp in drei Spielen drei Zu-Null-Niederlagen, bevor er verletzungsbedingt in die zweite Reihe von Bregenz treten musste. Einen großen Erfolg gönnte sich Rapp aber noch zuvor, einen Doppelpack gegen einen Bundesligisten, wiederum waren die Gegner Steirer (der GAK). Über den FC Lustenau kam er wieder nach Tirol, zur SPG Wacker Wattens, feierte noch einmal einen Titel und Aufstieg, bevor mit Hall, Rinn und Absam die aktive Karriere ausklang. Rapp hatte viel erlebt, auch den Schmerz des zum Zuschauen verdammt seins. Und so hatte er sich neben dem Fußball ein zweites Standbein als Feinmechaniker bei Swarovski geschaffen. Aber nicht nur in den Werkshallen funkelt es, auch der Fußballsport glitzerte weiterhin verlockend…
Rappen
Heute ist der Rappen die kleinste Schweizer Münze, doch einst wurden im ganzen deutschen Südwesten Münzen als Rappen bezeichnet. Silbermünzen. Naja, wobei… Sie glitzerten verlockend nach Silber, enthielten aber kaum welches und wurden schnell unansehnlich dunkel. „Schwarzpfennige“, sagte man, schwarz wie ein Rappen. Tja, manchmal glänzt etwas so wunderschön, dass es nicht wahr sein kann. Stefan Rapp hat das auch schon erlebt, doch bis dahin war es noch ein Stück. Der Fußball ließ ihn nicht los, und so stand er zunächst bei Absam und Schwaz an der Seitenlinie, um nebenher für die A-Lizenz zu büffeln. Als Individualtrainer unter Walter Kogler und für wenige Spiele, bis zu seiner Freistellung, unter Roland Kirchler betreute er die Schwarz-Grünen in der Bundesliga. Dann ereilte ihn der Ruf aus dem fernen Burgenland. Für viele Tiroler eine Strafe, zog Rapp erfreut in den Osten, meinte er ja: „Das war Liebe auf den ersten Blick. Ich war nie ein Bergfex, ich mag das Wasser und die Weite. In Tirol ist es hingegen schon sehr eng.“ Rapp wurde Co-Trainer von Fuad Djulic, ein Jahr lang, bis es Fuad nach Tirol zog, in die Enge, und Stefan zum Cheftrainer aufstieg bei einem Verein, der Profis beschäftigte und den es in die Profiligen zog. Man könnte meinen, der Traum sei erfüllt. Doch die Weite des Landes hat den Blick doch versperrt, und lange Reisen können auch vergesslich machen. Der Verein hieß Ritzing, sein Manager Robert Hochstaffl, ein alter Bekannter, wenn auch damals als Gegner. Das vermeintliche Silber wurde schnell schwarz, aus dem designierten Aufsteiger in die erste Liga wurde ein Verein der II. Liga Mitte Burgenland. Rapp warf hin und heuerte bei Kapfenberg an, als Betreuer der Amateure. Nicht im Rampenlicht zu arbeiten war kein Problem für jemanden, der auch als Spieler ein Arbeiter war. 2012 hatte er auch schon mal vier Monate bei einer Gerüstbaufirma angeheuert, Trainer einer zweiten Mannschaft zu sein brach da keinen Zacken aus der Krone.
Waldrapp
Im Orient gilt der Waldrapp als Glücksbringer, als der Vogel, der Noah nach der Sintflut den Weg vom Berg Ararat in das fruchtbare Tal des Euphrat gezeigt haben soll. Kapfenberg ist zwar nicht das Zwischenstromland, das Mürztal nicht der Euphrat, aber einen kleinen Waldrapp hatte wohl auch Stefan Rapp, als er vor einem Monat die Nachfolge von Robert Pflug antrat, der aus privaten Gründen das Amt aufgeben musste. Jetzt ist er also Chef der Falken und trifft mit ihnen wieder auf alte Bekannte, auf den FC Wacker Innsbruck. Viel zu holen gab es für Kapfenberg in letzter Zeit nicht, auch wenn Ex-Innsbrucker Daniel Rosenbichler mit einem Traumtor auf sich aufmerksam machte. Immerhin, drei Siege konnte Rapp schon verbuchen und die KSV stabilisierten. Der letzte Sieg von Kapfenberg gegen Innsbruck ist aber bereits zweieinhalb Jahre her und datiert aus der Saison 2014/15. Florian Jamnig kann sich an dieses 0:1 noch erinnern, der Routinier im Innsbrucker Dress (107 Einsätze) stand auch damals am Feld, nicht jedoch der Dauerbrenner der Falken, David Sencar (227 Einsätze für die Steirer). Das Kapfenberg des Stefan Rapp ist nicht mehr das Kapfenberg, das Wacker im Juli traf – und selbst da kam man über ein 0:0 nicht hinaus. Diesmal sind Tore gefragt, um sich an der Spitze der Liga zu halten.