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Einigen wir uns auf ein Unentschieden

Manchmal fühlt sich ein Remis wie ein Sieg an. Fragen Sie die „Derbysieger“ im Ruhrpott, die einen 0:4-Rückstand aufholten. Und manchmal kann ein Remis eine Niederlage sein. Etwa, wenn man schon 0:4 geführt hat. Wenn man am Boden ist, wie der schwarze Ritter bei Monty Pythons Ritter der Kokosnuss, ist ein Unentschieden schon recht ehrbar. Kapfenberg ähnelt derzeit recht stark dem mutigen, doch nicht gerade erfolgreichen Kämpfer – doch gerade dann ist man oft gefährlich…

 

Die Suche nach dem Heiligen Gral

Ein Erfolg ist für jeden etwas anderes. Für Wacker wäre es derzeit wohl, mit nicht mehr als zwei Punkten Rückstand auf den Tabellenführer in die Winterpause zu gehen, um im Frühjahr ohne große Belastung den Kampf um den Aufstieg vollziehen zu können. Und für Kapfenberg? Da wäre ein Punktegewinn, so klein er auch sein mag, wohl schon ein großer Erfolg, beinahe der Heilige Gral selbst. Denn die Mannen von Stefan Rapp haben harte Zeiten hinter sich. In der Tabelle der zweiten Saisonhälfte liegt man auf dem vorletzten Platz, noch hinter Wattens und Floridsdorf. Fünf der letzten sechs Spiele gingen verloren, insgesamt 15 Gegentreffer musste man dabei hinnehmen bei nur drei erzielten Toren. Vier der letzten fünf Auswärtsspiele gingen verloren, zwölf Tore des Gegners wurden dabei zugelassen. Wenn man dann zum Tabellendritten muss, klingt das nicht gerade danach, als könnte man große Siege feiern. Schon gar nicht in einer Festung, die in dieser Spielzeit noch nicht bezwungen werden konnten. In sieben der ersten neun Heimspiele der Saison blieb Innsbruck sogar ohne Gegentor und kassierte insgesamt lediglich drei Gegentreffer, kein anderes Team kann derartige Ruhmeslieder über die eigene Leistung singen. Und das Lied hat noch andere Strophen, etwa, dass Wacker in den letzten acht Spielen nie mehr als einen Gegentreffer hinnehmen musste, dass Innsbruck im Kalenderjahr 2017 bislang 60 Tore erzielte und unfassbare 499 Schüsse abgab, so viele wie keine andere Mannschaft im Vergleichszeitraum. Eigentlich scheint das Spiel am Freitag, das letzte in diesem Kalenderjahr, ja nur mehr Formsache zu sein. Eigentlich.

Die Höchstgeschwindigkeit einer unbeladenen Schwalbe

Denn die Zahlen klingen zwar gut, spiegeln aber dennoch nicht ganz die Realität wieder. Die meisten Tore im Jahr 2016 hat man etwa nur deshalb erzielt, weil sich der Spitzenreiter des Frühjahrs, der LASK, in die obere Liga verabschiedet hat, während die Kanoniere der SV Ried erst aus dieser gekommen sind. Im Schnitt haben sowohl diese beiden Mannschaften wie auch der TSV Hartberg mehr Tore pro Spiel erzielt als die Schwarz-Grünen. Das klingt dann aber nicht mehr ganz so heroisch, wie man es in guten Geschichten an einer Tafelrunde hören will. Auch die derzeitige Abschlussschwäche der Wattener kommt Innsbruck zu Gute, denn nur die überschaubaren 23 Tore der aktuellen Saison ließen sie mit 58 Treffern hinter den großen Bruder zurückfallen. Auf der anderen Seite hätten es auch gut und gerne mehr Gegentore sein können bei den Burschen von der Sill, und damit auch weniger Erfolge. Ein 2:1 am Papier gegen Blau-Weiß Linz sagt etwa nichts darüber aus, dass man in Halbzeit zwei das Spiel beinahe noch aus der Hand gegeben hätte. Nach Minute 46 gab es etwa nur drei Torschüsse, abgegeben innerhalb von 8 Minuten. Zwei davon gingen am Ziel vorbei, einer wurde geblockt, ansonsten Flaute. Mehr noch, ein Strafstoß hätte beinahe noch zur Punkteteilung geführt. Doch all das sagt die bloße Ergebnisstatistik nicht aus, die kennt nur Tore und Punkte. Oder die Höchstgeschwindigkeit einer unbeladenen Schwalbe. Warum die Schwalbe so schnell fliegt und ob sie eine europäische oder afrikanische Schwalbe ist, weiß man dabei nicht. Es sei denn, man ist König der Briten, denn sowas muss man wissen, wenn man König ist.

Das blutrünstige Killerkaninchen

Kapfenberg wirkt in all diesen Statistiken wie ein schlagbarer Gegner. Mehr noch, harmlos wie ein kleines, weißes Kaninchen. Und gerade das macht sie so gefährlich, denn Innsbruck liebt es, scheinbar angeschlagene Mannschaften zum Leben zu erwecken. Und kleine weiße Kaninchen können blutrünstige Killermaschinen sein, man muss nur die Mannen von König Artus fragen. In diesem Jahr etwa hat der FCW gegen die KSV erst zwei Punkte geholt. Im April konnte man zunächst einen 0:2-Rückstand vor eigenem Publikum drehen, um dann doch nur mit einem Zähler vom Platz zu gehen. Beim ersten Heimspiel in dieser Saison wollte keiner Mannschaft ein Treffer gelingen, das letzte Aufeinandertreffen in Kapfenberg endete gar mit einem 2:1 für die Steirer. Vier der letzten fünf Heimspiele gegen die roten Falken konnte Innsbruck nicht gewinnen, auch wenn man in all diesen Spielen ungeschlagen blieb. Seit dem Abstieg in die zweithöchste Spielklasse verlor Kapfenberg nur eines der letzten sieben Aufeinandertreffen am Innsbrucker Tivoli, konnte aber zweimal als Sieger von Platz gehen. Viermal einigte man sich auf ein Unentschieden. In drei dieser Matches blieben die Steirer ohne Torerfolg, in vier Begegnungen konnte Innsbruck nicht treffen. Die KSV ist kein Gegner, der dem FC Wacker liegt.

Die heilige Handgranate von Antiochia

Ein solch ein Killerkaninchen zu besiegen ist nicht ganz einfach. Aber es gibt Mittel und Wege. Fürs Phrasenschweinchen: Disziplin, gesicherte Defensive, Effizienz im Angriff. Nona. Oder man hat eine Wunderwaffe wie die heilige Handgranate von Antiochia, deren Bedienungsanleitung sich die Schwarz-Grünen einprägen sollten, wenn es darum geht, wieviele Punkte man aus dem Spiel mitnehmen will. „Sodann sollst du zählen bis 3, nicht mehr und nicht weniger. 3 allein soll die Nummer sein, die du zählest, und die Nummer, die du zählest, soll 3 und nur 3 sein. Weder sollst du bis 4 zählen, noch sollst du nur bis zur 2 zählen, es sei denn, dass du fortfährst zu zählen bis zur 3.“ Wenn das ein König ohne Pferd weiß, dann doch wohl auch der FC Wacker Innsbruck. Auch, wenn es eine harte Nuss ist.

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Autor: Stefan Weis

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