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Build that wall!

Eine Mauer muss her, dann ist alles gut. So einfach kann Politik sein, zusammengefasst in einen einzigen Chant, der den Wahlkampf in den Staaten dominierte. Überhaupt, die Chants. Verkürzte Ideen, die in den Köpfen der Menschen hängen bleiben und Meinungen bilden bzw. wiedergeben. Egal, ob sie Probleme bekämpfen oder erst schaffen, sie beherrschen immer mehr das Tagesgeschehen. Prinzipiell abzulehnen, könnte es gut sein für den FC Wacker Innsbruck, dieses Denken. Schauen Sie nach bei Rapid Wien.

 

 

 

Gogo raus!

Die Hütteldorfer können über Chants und Grasroots-Movements, also Aufstände von unten, ein Buch schreiben. Was sag ich, eine Bibliothek füllen. Derzeit beliebt in Penzing: Gogo raus. Nein, sie haben nichts gegen Gogo Feistmantl, den guten Geist des FC Wacker, der seit fast 25 Jahren und beinahe ebenso vielen Trainern Herz und und Seele für den Verein gibt, in guten wie in schlechten Zeiten und unabhängig vom eigenen Gesundheitszustand. So einen hätten sie gerne im Hanappi. Nein, ihr Problem heißt Goran Djuricin, Trainer der Grün-Weißen seit 502 Tagen. Und in diesen 502 Tagen verbesserte sich Rapid in der ersten Saison um zwei Positionen und war in der letzten Meisterschaftsphase drittbeste Mannschaft, auf Augenhöhe mit Salzburg und dem FAK. Nebenbei wurde auch das Cupfinale erreicht, für die Teilnahme am Europacup war die Wende allerdings zu spät. Das wurde in der vergangenen Saison nachgeholt, mit Rang drei in der Bundesliga, im Cup scheiterte man im Halbfinale am späteren Gewinner Sturm Graz, der auch Salzburg die Grenzen aufzeigte. Und derzeit steht Rapid mit einem halben Schritt schon in der Gruppenphase der EuropaLeague, die nicht nur Prestige, sondern Millionen für ein ohnehin schon üppiges Budget bringen würde. Acht Tore in drei internationalen Spielen, nur zwei Gegentreffer – nicht von schlechten Eltern, könnte man meinen. In der Liga sucht man noch ein bisschen den Tritt, hat eines (gegen furiose Linzer) von vier Spielen verloren, nahm Altach und Wolfsberg nicht ernst genug und hat die Admira klar in die Schranken verwiesen. Einem Innsbrucker könnte man auf Grund dieser Ergebnisse das selige Grinsen nicht einmal mit Fotos von Bambi auf der Suche nach seiner Mutter aus dem Gesicht wischen, wären das doch die hochrangigsten Erfolge seit 2002. Für Rapid allerdings, den Seriensieger der Wiener Liga und damit selbsternannten Rekordmeister Österreichs allerdings ist das zu wenig. Perfekt getimed, warfen die Fangruppierungen des SCR direkt vor der entscheidenden Partie gegen das ehemalige Steaua Bukarest einen offenen Brief, Transparente und Sprechchöre in die Waagschale und hätten so – auf Grund ihrer beeindruckenen Größe, Lautstärke und Macht – durchaus die Partie zu Ungunsten der Wiener beeinflussen können. Eine Schwierige Abwägung für die Kurve. Rapid schützen und das ganze gegen den deutlich einfacheren Gegner Innsbruck initiieren, den man wohl auch im Rückwärtsgang kontrolliert – und dabei das Risiko eingehen, das die Wiener Bukarest dominieren? Also schnell her mit dem Chant: GOGO RAUS!

Make Rapid great again!

Was die Rapidler nicht wahrhaben wollen – ja, und auch ein Leiden hier in Innsbruck ist – ist Titel eines Films von Hans Weingartner. Die fetten Jahre sind vorbei. Während Tirol es zumindest im Ansatz verstanden hat, scheint es in Hütteldorf noch nicht angekommen zu sein. Sicherlich, man ist der publikumswirksamste Verein der Liga, der budgetär mittlerweile hervorragend arbeitet und wohl das großartigste Stadion und den besten Ruf hat, von der Größe der intensiven Fanszene gar nicht zu sprechen. Sportlich aber… In den letzten dreißig Jahren, also seit dem Gründungsjahr des Ultras Block West, war selbst Innsbruck öfter österreichischer Meister als die Grün-Weißen und konnte ebenso viele Cupsiege feiern. Und das trotz 16 Jahren Brot und Wasser, die in dieser Hinsicht die Wackerianer begleiten. Rapid ist nicht mehr die Dominatorin, die sie gerne wäre, Rapid ist die Herausfordererin. Neun Vizemeistertitel in den vergangenen 30 Jahren, fünf Finalteilnahmen ohne Erfolg, Rapid ist der Baum, an dem man sich gerne kratzt. Nur, dass dieser Baum nicht stehen bleibt, sondern regelmäßig umgeschupft wird, und das nicht nur von außen. Goran Djuricin etwa hat trotz der für Wiener Verhältnisse unzureichenden Ergebnisse einen besseren Punkteschnitt (1,8) als seine Vorgänger Damir Canadi (0,88), Mike Büskens (1,64), Zoran Barisic (1,76), Peter Schöttel (1,61), Zoran Barisic (1,4), Peter Pacult (1,79, Meistertrainer), Georg Zellhofer (1,09), Josef Hickersberger (1,61, Meistertrainer), Lothar Matthäus (1,13), Peter Persidis (1,33), Ernst Dokupil (1,74). Erst Heribert Weber, Herausforderer der Schwarz-Grünen in deren Meisterjahr 2000, kann mit 1,88 einen besseren Schnitt aufweisen. Aber was juckt uns Statistik, was ein strukturelles Problem? Und außerdem, der Trainer ist immer Schuld, nie der Vorstand, die starken Gegner oder gar die eigenen übersteigerten Vorstellungen. MAKE RAPID GREAT AGAIN!

Build that wall!

Innsbruck soll’s recht sein. Denn Wacker kann jede Hilfe gebrauchen, um gegen Rapid zu reüssieren. Schon gegen eine Austria in Troubles und eine angeschlagene Sturmmannschaft hielt man zwar gut mit, blieb aber trotz dreier Tore ohne Punktgewinn. Vom Spiel gegen St. Pölten, das derzeit einen Höhenflug erlebt, ganz zu schweigen: die Partie dominiert, Chancen für ein ganzes Saisonviertel verballert und 0:2 untergegangen. Und dann kommt jetzt Rapid. Jene Rapid, die vor der Niederlage gegen den LASK zuletzt im Februar gegen einen Nicht-Meister oder – Vizemeister verloren hat. Jene Rapid, die seit 9 Spielen gegen Innsbruck ungeschlagen ist und davon sieben gewinnen konnte. Wenn sie sich noch an den letzten Auswärtssieg der Tiroler erinnern, dann sind sie auch nicht mehr junges Gemüse. Loddar Matthäus war damals Trainer in Penzing, Jogi Löw an der Sill, Innsbruck zu diesem Zeitpunkt schon überlegener Meister mit einem Vorsprung von 16 Punkten auf den zweiten Sturm, und das vier Runden vor Schluss. Also dem vollständigen Schluss, denn man spielte nur auf Pump und wurde liquidiert. Rapid lag auf Rang acht, die schlechteste Platzierung der Vereinsgeschichte, trotz Weltmeistertrainers. Tja, Realität und Anspruch, auf beiden Seiten. Die Macht hat sich nun wieder gedreht, Wacker kämpft um jeden Zähler, Rapid wird dominieren. Die letzten fünf Heimspiele gegen Innsbruck hat man gewonnen, seit 11 Partien ist man gegen den jeweiligen Aufsteiger ungeschagen und hat 9 davon gewonnen. Innsbruck bleibt wohl nur, die Rettung in einem anderen Chant zu suchen: BUILD THAT WALL! Denn sonst wird man wohl selbst die Quittung begleichen dürfen, und nicht die Mexikaner…

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Autor: Stefan Weis

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