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Wollen’s eana a bisserl fürchten…?

„Heit fohr ma mit da Geisterbauhn, heit schau ma si des nüchtern aun…“. Voodoo Jürgens weiß den Wiener Charme in Worte zu packen. Aber um sich zu fürchten, muss man nicht in den Würstelprater. Oder in die U6 nachts, wenns regnet. Brrr… Früher reichten auch Fotos von Oberlippenbärten, Vokuhilas und Strähnchen. Später das Ankündigen einer Finanzprüfung. Heute reicht es auch aus, sich der Realität zu stellen.

 

Das Einzige, was wir zu fürchten haben…

…ist die Furcht selbst. Naja, lieber Michel de Montaigne, die Furcht und die Zukunft. Wobei man die ja nicht kennt und deshalb auf die Gegenwart schaut. Die es ja eigentlich nicht gibt, sondern die Vergangenheit ist. Und die jüngere davon schaut sportlich nicht sonderlich rosig aus bei den Schwarz-Grünen. Obwohl, man spielt in der Bundesliga. Das Saisonziel Klassenerhalt ist mit Rang 10 von 12 voll auf Kurs. Nur, leichter wird es nicht werden, im Gegenteil. Die Abgänge von Vallci und Baumgartner schmerzen bei einer Defensive, die auch mit ihnen bereits 19 Gegentore in den ersten 9 Spielen, insgesamt 26 bis zum Winter kassiert hat. Man könnte sagen: eh alles paletti, nur sieben Gegentreffer in den zweiten 9 Spielen, nur Sturm Graz hat weniger erhalten. Ja, aber das gesteigerte Defensivverhalten ging halt, nona, auf Kosten des Angriffs. 53mal kam Wacker in der relativen Nähe des gegnerischen Tores, also 40 Meter oder näher, in Ballbesitz. Der zweitschlechteste Wert der Liga, nur St. Pölten gelang das seltener. Die haben aber ihre 43 Eroberungen zumindest 10mal zu Abschlüssen umgemünzt. Und Innsbruck? 8mal, keine Mannschaft seltener. Der Gegner darf also weit eindringen in die Tiroler Spielhälfte, und beinahe wie im Eishockey-Powerplay seinen Angriff mit Pässen nach Belieben vorbereiten. 16,9mal, um genau zu sein. So oft spielen sich die gegnerischen Angreifer den Ball zu, bevor von wackerer Seite ein Zweikampf gesucht wird. Man konnte sich das lange Abwarten erlauben, weil man dicht am Strafraum stand, weil die Spieler, wenn es denn zum Zweikampf kam, diesen auch erfolgreich beendeten oder zumindest die Abschlussposition des Angreifers klar verschlechterten. Zwar gingen durch diese Taktik in den zweiten 9 Spielen etwas mehr Schüsse in Richtung Knett‘sches Gehäuse (138 zu 124), aber deutlich weniger auf das Tor selbst (37 zu 53). Nur, diese Defensive gibt es nicht mehr, die kickt jetzt an der Salzach und der Ruhr.

Zu Tode g’fürcht‘…

…is a g’storb‘n, heißt es. Stimmt. Aber ein bisserl Furcht schärft die Sinne. Und das hat der FC Wacker Innsbruck dringend nötig. Denn die Teilung der Tabelle kommt unaufhörlich näher, und es wird dann nicht leichter werden. Eigentlich absurd, denn die Mannschaften, die bislang am erfolgreichsten Punkte gesammelt haben, brechen weg. Und gegen diese Teams hat Innsbruck nur 7 von 30 möglichen Zählern geholt, gegen die Tabellennachbarn immerhin 10 von 27. Naja, jetzt kommt ein vermeintliches Paradoxon – gegen die Teams der zweiten Tabellenhälfte konnte nur in vier Partien gepunktet werden, gegen die der oberen Hälfte fünfmal, die 10 Niederlagen verteilen sich elegant. Oder, noch drastischer: gegen drei der fünf Gegner im Abstiegsplayoff konnte bislang kein einziger Punkt erreicht werden, während im Meisterplayoff nur St. Pölten alle Punkte gegen Innsbruck einheimsen konnte. Wohl eine Folge der fehlenden Spielstärke, die ja auch die abwartende Defensivtaktik hervorgebracht hat. Das funktioniert gegen Mannschaften, die zum Siegen verdammt sind gegen die „Kleinen“, gegen Teams auf Augenhöhe aber deutlich schlechter. Zieht man eine Teil-Tabelle, in welcher nur die Spiele der potentiellen Abstiegsplayoff-Mannschaften gegeneinander antreten heran, zeigt sich das Dilemma noch mehr. Innsbruck ist das einzige Team mit fünf Niederlagen, das Team mit den wenigsten erzielten Toren (gegen die kommenden direkten Gegner, wohlgemerkt), das Team mit der schlechtesten Tordifferenz. Der sonntägliche Konkurrent Mattersburg liegt mit einem Spiel weniger nur einen Punkt hinter Wacker, Rapid nach Verlustpunkten deutlich an der Spitze.

 

    SP   G   U   V   Tore     +/-   Pkt   Pkt/Sp
1  Rapid Wien 8 5 2 1 12:7  5 17 2,13
2 TSV Hartberg 9 5 1 3 18:17  1 16 1,78
3 Admira 9 3 2 4 13:15 -2 11 1,22
4 FC Wacker Innsbruck    9 3 1 5 10:15 -5 10 1,11
5 SCR Altach 9 2 3 4 18:15  3 9 1,00
6 SV Mattersburg 8 2 3 3 11:13 -2 9 1,13

 

Große Furcht wird durch Wagemut vertuscht.

Sagt Marcus Annaeus Lucanus. Vertuscht, nicht besiegt. Wobei man ja gegen die Admira nicht gerade viel Wagemut gesehen hat. Ob das jetzt gegen die Burgenländer anders wird? Gegen den Ex-Trainer? Wobei, Ex-Trainer ist etwas weit hergeholt, von Klaus Schmidts Ex-Teams sind nur Lukas Hupfauf und Christoph Freitag in der Innsbrucker Kampfmannschaft mit Einsatzminuten übriggeblieben. Und auch die Klaus-Schmidt-Tabelle ist nicht sonderlich furchterregend: Wacker auf Rang 10, Mattersburg um einen Rang verbessert auf 8, der Abstand zwischen den beiden Kontrahenten aber um einen Punkt geschmolzen. Nur St. Pölten hätte mit Hartberg Platz und damit Playoff-Seite getauscht. Dennoch hat Klaus Schmidt den Mattersburgern gut getan. Der Punkteschnitt stieg bis zur Winterpause von 0,8 auf 1,2, 40% mehr Tore pro Spiel wurden erzielt, zeitgleich die Gegentoranzahl beinahe halbiert, Ballbesitz gesteigert, Passgenauigkeit erhöht. Mit welchem System diese Änderung passiert ist, lässt sich aber nicht sagen, denn Mattersburg bleibt unberechenbar. Dreierkette, Fünferkette, hoch stehend, tief zurückfallend, Schmidt gab jedem Gegner eine neue Aufgabe. Oder er suchte das perfekte System. Jedenfalls lässt Schmidt früh attackieren und schnelles Pressing spielen. Früh und schnell, aber nicht hoch, denn nur 63 Ballgewinne finden in der 40-Meter-Zone statt, und nur neun dieser erkämpften Situationen wurden auch mit einem Abschlussversuch beendet. Nur ein Team hat weniger, wir haben es schon gehört. Das Pressing in der eigenen Hälfte bedeutet aber, dass lediglich 11 Pässe des Gegners zugelassen werden, bevor er in den Zweikampf muss. Oder gefoult wird, es ist halt doch Mattersburg. 47 gelbe Karten der Burgenländer stehen 29 der Innsbrucker gegenüber.

Furcht oder Hoffnung

Wenn man sich also fürchten muss gegen Mattersburg, dann vor den Ali-Hörtnagl-Gedächtnis-Sensen. Und vor sich selbst. Aber „der Mensch gibt ebenso schwer eine Furcht auf als eine Hoffnung“, weiß Otto Ludwig. Na dann, hoffen wir das Beste…

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Autor: Stefan Weis

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