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Euroleague?

Wir schreiben das Jahr 1918, die k. und k. Monarchie hatte sich gerade aufgelöst, der Kaiser, das Bindeglied zwischen allen Reichsteilen und de jure auch zwischen den einzelnen Bundesländern war im Exil und was mit „Deutsch-Österreich“ werden sollte, war alles andere wie klar. Eine Hauptstadt für ein Großreich und dem gegenüber im Westen ein kleines Völkchen, das sich Restösterreich aber so gar nicht als neuen Staat vorstellen konnte und wollte.

 

Wer sich jetzt einen gelungenen Schwenk, zur aktuellen Situation des FC Wacker Innsbruck erwartet hat, wird leider enttäuscht. Zu frustrierend, zu eindeutig ist die Lage, dass es wenig Sinn macht, über Statistiken oder sonstiges zu lamentieren. Aktuell ist der Wurm drin und fertig.
Aber zurück in die Zeit, als der Tiroler Vorzeigeverein erst drei , vier oder fünf Jahre alt war, je nach Auslegung, und noch niemand eine Erwartungshaltung nach den glorreichen Epochen hatte. Als Fußball noch eher eine Randerscheinung war und die Sorgen der Menschen sich eher ums persönliche Überleben und nicht um die gefühlt 100ste Niederlage drehten.

Also zurück ins Jahr 1918. Wäre es damals so gekommen, wie es die Politiker und Bevölkerung damals erträumt hätten, der Wacker wäre in der deutschen Bundesliga in der Saison 2017/18 auf einem guten Euroleague Platz gestanden und am Samstag wäre man nicht im unterem Play Off auf den „Kanton Übrig“ getroffen, sondern eben in der Euroleague.

Im Jahre 1918 konnte sich niemand vorstellen, dass der Rumpf Staat „Deutsch-Österreich“ in irgendeiner Form überlebensfähig sein würde. Vor allem in sozialistischen Kreisen sah man als einzige Lösung den Anschluss an das damals sozialistische Deutschland. Diese Epoche bezeichnete der emeritierte Zeitgeschichteprofessor an der Universität Innsbruck Rolf Steiniger als „Sozialistische Anschlusseuphorie“. Unterstützt wurden die Bestrebungen von den Deutschnationalen, dort aber aus anderen Gründen, die in weiterer Folge noch viel Unheil bringen sollten. In ganz Österreich gab es also den Wunsch, sich dem großen Bruder im Norden anzuschliessen? Nicht ganz: ein kleines Völkchen jenseits des Arlbergs hatte da andere Gedanken. Vorarlberg wollte ein Kanton der Schweiz werden. So wurde eine Volksabstimmung initiiert, mit der Frage, ob der Landesrat der Schweizer Bundesregierung die Absicht des Vorarlberger Volkes, in die Schweizerische Eidgenossenschaft einzutreten, bekannt geben und mit der Bundesregierung in Verhandlungen treten solle. Über 80% der Bevölkerung sprachen sich dafür aus. Doch den Eidgenossen war dies gar nicht recht. Man wollte weder das fragile Gleichgewicht der Religionen und Sprachen in der Schweiz gefährden und schon gar nicht in Konflikt mit der Entente (Allierten) kommen. Da die Schweiz auf dieses Angebot daher sehr verhalten bis nicht reagierte, etablierte sich im Volksmund der Begriff „Kanton Übrig“.

Diesen ganzen Spekulationen wurde schliesslich im Friedensvertrag von St. Germain 1919 ein Riegel vorgeschoben, in dem die Siegermächte sämtliche Anschlüsse in welche Richtung auch immer verboten. Aus „Deutsch-Österreich“ wurde Österreich und aus den Träumen vom Wacker in der Euroleague der beinharte Kampf ums Überleben in der obersten Spielklasse. Statistisch geht es nur mehr darum am Ende der Saison nicht auf dem Abstiegsplatz zu stehen und somit der „Verein Übrig“ zu sein. Jeder Punkt zählt, jedes Tor zählt… Mehr ist aktuell nicht zu sagen…

Doch auch Österreich traute 1918 fast niemand zu, überlebensfähig zu sein. Und heute steht die Alpenrepublik als einer der stabilsten Staaten Europas da, Analogie zu Wacker erwünscht….

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Autor: admin

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