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Eine etwas andere Bilanz

Nun ist es also passiert. Zum ersten Mal seit der Saison 1958/59 ist unser FC Wacker Innsbruck sportlich nicht mehr die Nummer eins in Tirol. Nach dem Aufstieg in die Arlbergliga (damals zweite Leistungsstufe) belegten die Schwarz-Grünen knapp hinter dem FC Wattens den siebten Platz. Der Innsbrucker SK ist fünf Punkte vor uns auf Platz drei gelegen.
Da hatte ich noch gar nicht das Licht der Welt erblickt. Und dann sind 60 Jahre wackere Zeiten im Land gefolgt. Ununterbrochen Nummer Eins im Land der Täler und Berge.
Irgendwann reißt jede Serie. Und das hat sich im Herbst bereits etwas angekündigt. Darauf angesprochen hat unser Präsident auf einem Mitgliederabend gemeint: „Wenn das passieren sollte, sind wir selbst dran Schuld“ (Ist es wirklich so?)

Start ohne Euphorie

Was war das für eine Saison 2017/18! Der FC Wacker Innsbruck ist mit vier (!) Mannschaften sportlich aufgestiegen. Damen II in die zweite Liga, Damen I in die Bundesliga. Herren III mit einer extrem jungen Mannschaft in die erste Klasse und dazu wurde das Experiment mit den Herren II in der zweiten Liga gewagt. Dieses wurde anfangs sehr skeptisch beäugt. Aber das sollte sich später als großes Glück heraus stellen.
Zusätzlich haben unsere Profis nach einem fulminanten Frühjahr (in zu der Zeit sehr starken Liga) souverän den Meistertitel geholt und den Aufstieg in die Bundesliga geschafft.
Man möge meinen, das ganze Land wäre Kopf gestanden. Dem war aber nicht so. Ganz und gar nicht.
Die Erwartungshaltung in Innsbruck ist weit überzogen. Im Glauben noch immer zu den Großen zu gehören, wurde in Innsbruck schon von einem Internationalen Startplatz geredet. (Wohlgemerkt vom Umfeld und nicht vom Verein!) Dabei sind die Schwarz-Grünen was das sportliche Budget anlangt, Schlusslicht der Liga.
Und man war zu lange weg vom Fenster. In der zweiten Liga wurde zum Teil auf falsche Pferde gesetzt und die Sause nach oben hat gelahmt. Sehr schwierig – Medien, Sponsoren und das Publikum schrien extrem laut nach mehr.
Das ist nicht eingetroffen und das Tivoli wurde in dieser Zeit leer gespielt. Das Vertrauen wieder aufbauen ist sehr schwierig.
Und so wurde eher abgewartet, als in Euphorie zu verfallen.

Erstes Tor

Die ersten beiden Spiele gegen die Austria und Sturm Graz sind knapp verloren gegangen. Dabei war besonders der Auftakt in die Bundesliga sehr schwierig. Bei der Wiener Austria zu deren Stadioneröffnung. Da ist ein Gegner besonders motiviert und die Hütte voll. Zlatko Dedic hat aber das erste Tor in dieser abgelaufenen Saison erzielt. Dennoch hat man nach ansprechender Leistung knapp den Kürzeren gezogen. Bei toller Atmosphäre und vollem (!) schwarz-grünen Auswärtssektor.
Erster Sieg im Auswärtsspiel gegen Altach. Da war was los! Sensationell!
Dem Sieg ist eine Niederlage am Tivoli gefolgt und das Gastspiel bei Rapid wurde zur Nebensache. Der Wiener Exekutive sei Dank. Das Spiel selbst hat man wieder unglücklich verloren.
So ging es weiter, bis zum Heimsieg gegen den LASK. Ab da haben die Schwarz-Grünen Beton angerührt und das ist auch eine Zeit lang gut gegangen. Bis zur 15 Runde auswärts in St. Pölten. Die Gegner stellten sich besser auf den Innsbrucker Beton ein und erfanden Munition dagegen. Bis zur Winterpause hat man wichtige Punkte verspielt.

Katastrophaler Frühjahrsstart

Die ersten vier Runden im Frühjahr sind glatt in die Hosen gegangen. Trotz Fünfer-Abwehrkette fing man sich ein Tor nach dem anderen ein und man trennte sich von Sir Karl. Dann ist der Start in die Qualifikationsrunde mit einem souveränen und überzeugenden Sieg gelungen. Wacker wieder obenauf. Aber bereits im drauf folgenden Heimspiel gab es gegen Rapid Wien einen herben Dämpfer. Die haben uns an die Wand gespielt. Aber was für eine Wahnsinnsstimmung war da im Tivoli. Das wird es lange nicht mehr geben.
Obwohl auch die nächsten drei Spiele klar verloren gegangen sind, war der Klassenerhalt noch immer aus eigener Kraft möglich.
Da ist schon längst vermehrt auf noch jüngere Spieler gesetzt worden. Zuerst hat es Kritik gehagelt und nach den Siegen in Altach und besonders gegen Hartberg ist die leicht verstummt.
Aber wieder wurde Rapid zur Spaßbremse. Ohne den Glauben an eine Überraschung war da nichts zu holen. Zumindest haben wir diesmal das Stadion von innen gesehen. Tolles Erlebnis, toller Support unsererseits.
Dann hätte es nur einen Punkt beim direkten Konkurrenten gebraucht und man hätte mit einem Sieg im letzten Spiel gegen die sich schon auf das Play-Off vorbereitenden Mattersburger alles klarmachen können. Doch die Nerven unserer Spieler haben versagt. Nur 38% (!) gewonnene Zweikämpfe sagen alles. Ab da lag nichts mehr in eigener Hand und es war klar, was folgen würde!

Warum?

Man muss sich vor Augen halten, dass der FC Wacker Innsbruck mit der „Mannschaft der Saison 2017/18“ der 2. Liga aufgestiegen und in die Bundesliga gestartet ist. Wer nicht in dieser Auswahl vom FCW war, wurde dazugeholt (Durmus, Meusburger). Für den zum LASK abgewanderten Florian Jamnig kam Cheikou Dieng. Mit Bryan Henning kam eine gefragte Arbeitsbiene aus der 3. Liga in Deutschland und mit der Rückkehr von Goalgetter Patrik Eler war man – zumindest auf dem Papier – gut aufgestellt. Es war klar, dass sich jeder einzelne Spieler des Teams weiterentwickeln musste, um in der Bundesliga bestehen zu können. Die Anpassung hat dann wirklich lange gedauert und Spieler, die in der 2. Liga zu den besten der Saison gezählt hatten und Leistungsträger waren, konnten die nötigen Entwicklungsschritte nicht machen (bspw. Meusburger, Gabriele). Der Systemwechsel vom seit Jahren praktizierten 4-1-4-1 auf ein defensiveres 3-5-2 ging in die Hose und wurde zunächst schnell verworfen, dann wieder ausgegraben um in späterer Folge in einem 5-4-1 vollends zu scheitern.

Erhoffte und zugesagte Budgetaufstockungen durch Sponsoreneinnahmen sind nicht nur ausgeblieben, es gab sogar eine Kürzung. Im Winter musste man Spieler verkaufen. Albert Vallci wurde zum neuen Rekordtransfer und auch für Dominik Baumgartner kam noch etwas Geld in die Kasse. Die Winterzugänge Christian Klem und Sascha Horvath waren durchaus gut und solide. Das Kapitel Mo Kiprit stellte sich als Missverständnis heraus. Als dann noch in der Vorbereitung Grumsers gut organisiertes FCW II Daxbachers Profis dübierten, schrillten alle Alarmglocken. Apropos FCW II: Das Modell hat sich bewährt und wäre die absolut richtige Struktur. Sechs Spieler wurden hochgezogen und konnten mit den Profis nicht nur mithalten, sondern wurden zu wichtigen Bausteinen (bspw. Maranda, Hupfauf, Satin, Taferner). Bei den Profis versuchte man mit einer defensiven Fünferkette zu punkten, doch Punkte fuhren nur die Gegner ein. Der Trainerwechsel war dann wohl die unausweichliche Folge. Es brauchte dringend neue Impulse. Grumser war die logische Wahl, sollte er doch ohnehin im Sommer das Ruder übernehmen. Sein 4-3-3-System in der Qualifikationsrunde fruchtete zwar in einer wesentlich attraktiveren Spielweise, brachte aber zum Schluss leider auch nicht die benötigten Punkte. Denn die viel zu vielen Fehler und daraus resultierenden billigen Gegentore und die viel zu geringe Chancenauswertung zogen sich weiterhin wie ein roter Faden durch die gesamte Saison. Schlussendlich hat man nicht nur gegen direkte Konkurrenten zu wenige Punkte gemacht (siehe vier klare Niederlagen gegen Admira), man ließ viel zu leichtfertig etliche Punkte liegen, die am Ende schmerzlich fehlten.

Nun heißt es Umdenken. In der 2. Liga wird auch unterhaltsamer Fußball gespielt und es sind tolle Vereine dabei. Außerdem heißt es endlich einmal der Realität ins Auge zu schauen und sich die weit überzogenen Ansprüche von außen nicht auf die Schultern zu laden. Man kann nicht mit einem Gokart Formel 1 fahren – auch wenn man es noch so gerne möchte! Man muss weiter aufbauen und erst wenn die Basis (finanziell aber auch infrastrukturell!) passt, kann man wieder den Weg nach oben gehen.
Eines aber bleibt: Wacker Innsbruck für immer!

(Rudolf Tilg & Christian Hummer)

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Autor: Rudolf Tilg

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