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Die roten Igel

Wenn am Samstag der FC Wacker Innsbruck auf die Athletiker aus Graz trifft, dann ist das ein Duell mit Tradition. Eines, auf das man sich lange zwölf Jahre gedulden musste. Und trotzdem eines der wenigen, das in dieser Saison dreimal durchgeführt wird – denn in 10 Tagen steht man sich im ÖFB-Pokal schon wieder gegenüber. Die Roten sind zurück im Business.

 

Der Igel

Die Athletiker waren ja nie die ganz Großen, zumeist nicht einmal in ihrer eigenen Stadt. Man wurde gegründet, weil die Buben Brodner, Egger, Maggi, Markel, Pfeiffer, Stanger und andere zwar gerne nach den Regeln der Association den Ball über die Wiese schupften, aber als Mittelschüler noch nicht dem Akademischen Sportverein beitreten durften. Man war Gründungsmitglied des Deutsch-Alpenländischen Fußballverbandes, deren ersten Saisonbewerb ein Verein namens Sturm gewann, der zum großen Konkurrenten werden sollte. Man musste 79 Jahre auf den ersten Cupsieg und 102 Jahre auf den einzigen Meistertitel warten. Aber gerade die nicht ganz Großen darf man ja nicht unterschätzen. Das wussten schon die Gebrüder Grimm, als sie ein altes Volksmärchen aufschrieben über das vermeintliche Laufduell eines Igels mit einem Hasen. Da kann der feine Herr ein noch so schönes Gewand anhaben und noch so stolz über die Felder marschieren, die Schlauheit und Hinterlistigkeit des kleinen, Steckrüben kauenden und einfaches Leinen tragenden Igels ließ ihn verzweifeln und verlieren. Denn der Igel ließ seine Frau am Ende des Feldes warten, er war nicht allein – und das sind die Grazer auch nicht. Das waren sie nicht, als sie 1973 mit Trainer Helmut Senekowitsch den späteren Meister aus Innsbruck besiegten und sich erstmals für das internationale Geschäft qualifizierten. Und auch nicht, als sie im Jahr darauf zwangsabsteigen mussten, weil in Wien eine spannende Ligareform nur einen Bundeslandvertreter zuließ. Man war nicht allein, als man Sturm Graz im Cupfinale 2002 die Grenzen aufzeigte und wiederum im Supercupfinale dieses Jahres. Man war plötzlich von noch nie gesehenen Freunden geherzt, als man 2004 Meister wurde und den FC Liverpool vor 42.950 Zuschauern an der Anfield Road besiegte. Und war von den echten Freunden umgeben, als man einen Konkurs nach dem anderen durchlebte und ganz unten, in der Gletscherliga mit neuem Namen wieder beginnen musste.

Die Roten

Wenn jemand Verständnis für die Situation in Innsbruck aufbringen kann, dann wohl der GAK. Dort weiß man, wie schwierig eine innere Strukturreform ist, wie alleine man stehen kann, wenn der Erfolg einen verlässt. Und auf wen man sich verlassen kann. Über 1000 Mitglieder und ebenso viele verkaufte Dauerkarten schon im ersten Jahr begleiteten den GAC aus der 8. Liga nach oben. Ein Schnitt von über 3.000 Besuchern in der aktuellen Saison würde derzeit sogar in der Bundesliga zwei Teams in den Schatten stellen, die 12.295 Zuschauer im letzten Cup-Viertelfinale gegen die Wiener Austria – noch als Regionalligist –zeigen das Potential der roten Igelchen. Das Potential schlägt sich auch im Alter nieder. Unter den zehn ältesten Startelfs der Liga befinden sich alle sechs Athletiker-Truppen, der Schnitt am dritten Spieltag betrug unglaubliche 27,1 Jahre. Zum Vergleich: würde man Innsbrucks ältesten Spieler, Alexander Gründler, alleine aufs Feld schicken, er wäre immer noch ein Jahr jünger als der Grazer Durchschnitt. Das Alter spiegelt aber auch die Erfahrung wieder. Sechs Spieler bringen 24 Saisonen und 390 Partien Bundesliga mit, internationale Spiele sind ebenso bekannt Qualifikationsturniere im Nationalteam-Nachwuchs. Mit dieser Abgeklärtheit startete der GAK in die Zweitligasaison. In vier Spielen ging man in Führung, viermal in Folge auch als Sieger vom Platz. Gepaart mit einem Remis steht nur eine einzige Niederlage, und diese in der ersten Runde der Meisterschaft, zu Buche. Wacker, als Vergleich, konnte nur dreimal in Führung gehen, ging dabei aber ebenfalls stets als Sieger vom Platz. Vom Tivoli-Rasen. Denn während man auswärts noch ohne Torerfolg ist, wurden alle Spiele vor heimischem Publikum gewonnen.

Die roten Igelchen

Es wird ein heißes Duell der Innsbrucker Jungspunde gegen die Grazer Altherren. Gegen jene Altherren, die vor 117 Jahren im Hinterhof der Grazbachgasse 21, im Lokal „Zum rothen Igel“ gegründet wurden. Erfahrung gegen Unbekümmertheit, junge Wilde gegen bedächtige Kraft. Das Märchen vom Hase und Igel zeigt, dass nicht immer der schnellere als Sieger vom Platz geht – sondern der, der nicht alleine ist.

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Autor: Stefan Weis

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