Lieber Heil’ger Nikolaus…
Wenn aus Klorollen und Gurkengläsern kleine rote Männer gebastelt werden, wenn Kinder abends im Bett in Dauerschleife „Lasst uns froh und munter sein“ singen, wenn Erwachsene von nichts anderem mehr reden als von der neuen Larve und ihrem Fell und in den Geschäften die Schokoladenfiguren den Weg zu Obst und Gemüse versperren, dann ist sie wieder da: die Krampu…, Verzeihung, die Nikolaus-Zeit. Die Vorfreude steigt ins Unermessliche, alles davor wird zur lästigen Pflicht. Auch das letzte Pflichtspiel des FC Wacker Innsbruck im Jahr 2019, das Heimspiel gegen Horn.
…komm herein in unser Haus…
Wenn der Nikolaus kommt, öffnet jeder gerne seine Türen. Obwohl ja eigentlich das Original, der aus Myra, gar nicht in die Häuser ging. Nachts, wenn es still und leise war und die Dunkelheit seine Taten vor den Augen der Anwohner versteckte, warf er seine Gaben durch das Fenster in die Häuser. Den Innsbruckern soll nichts Schlimmeres passieren, als dass am Freitag auch die Horner still und leise ihre Geschenke bringen. Es wäre ein versöhnlicher Abschluss mit einer Heimsaison, die ja geradezu unglaublich begonnen hat. Fast meinte man, an der Sill hätte man eine neue Festung errichtet. Die jungen Buben rund um Thomas Grumser gewannen die ersten vier Partien am Tivoli, mehr noch, mit einem Torverhältnis von 7:3 standen sie überlegen da, auch der zu diesem Zeitpunkt noch brilliant und überzeugend auftretende Grazer Athletikerclub wurde vor der recht ansehnlichen Zuschauerzahl von 3.721 unentwegten Schwarz-Grünen mit 2:0 gebogen. Da war jeder willkommen im eigenen Haus. Naja, bis eben das erste Remis, jenes gegen Liefering, die schwarze Pechsträhne in der Fremde beendete, die fern der Heimat in drei Spielen drei Niederlagen ohne auch nur ein einziges Auswärtstor brachte. Ab jetzt, ab Ende September, punktete man auswärts, drei Spiele, drei Siege. Und daheim? Da kehrte die Tristesse ein, der Krampus machte sich breit. Gegen die vermeintlichen Underdogs aus Lafnitz lief man in ein 0:3-Debakel, gegen Kapfenberg, Ried und Klagenfurt wurde unglücklich, aber letztlich doch nicht ganz unverdient verloren. Daheim gab es nichts mehr zu holen in der Liga. Nur der unbändige Cupfight gegen die Wolfsberger zeigte, dass es in den Ruinen der Festung doch noch Verteidigungswillen gibt.
…hast du was, dann setz dich nieder…
Vielleicht ist Horn nicht der schlechteste Gast, um wieder etwas Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Niederösterreicher sind nämlich nicht ganz ungern gesehene Gäste in Innsbruck. In vier Spielen am Tivoli gab es drei Siege und ein Remis. Und noch kein einziges Horner Tor in Tirol. Was den Herren bislang nicht gelungen ist, holten vor zwei Wochen die Damen nach. Die ließen es nämlich in einem einzigen Spiel, ihrem ersten Bundesliga-Spiel gegen die wackeren Mädels, gleich viermal klingeln. Das letzte Mal in Minute 88, und das tat besonders weh, denn zuvor waren die Innsbruckerinnen viermal in Führung gegangen und hätten beinahe den ersten Sieg eingefahren. Das mit dem Rückstand, das ist etwas, das die Hornerinnen mit ihren männlichen Kollegen verbindet. In 15 Spielen lag man unglaubliche 12mal bereits mit mindestens einem Tor zurück. Kein Team der Liga öfter. Man darf aber nicht glauben, dass es von den Blau-Weißen dann Gastgeschenke gibt, dass sie sich niedersetzen und die Arbeit einstellen. Denn kein Team der Liga holte nach Rückständen mehr Punkte als Horn. Insgesamt 10. Um sechs mehr als der FC Wacker, der bei neun Rückständen nur zweimal noch Punkte erkämpfen konnte. Was jetzt zunächst nach einer Stärke der Niederösterreicher ausschaut, ist eigentlich gar keine so große. Etwas frech könnte man sagen, es ist eher so etwas wie fehlende Konstanz. Denn siebenmal waren sie in den 15 Spielen der Liga auch in Führung, gingen aber nur viermal danach als Sieger vom Platz – der schlechteste Wert der 2. Spielklasse. Die schwarz-grünen Buben brachten sieben Siege nach acht Führungen ins Trockene. Geschenke gibt’s nur vom Nikolaus.
…hast du nix – dann schleich dich wieder!
Wobei, ganz so ist es ja nicht. Wenn man an die individuellen Aussetzer denkt, an geschlagene Luftlöcher und Fehlpässe, an fehlendes Stellungsspiel und direkte Torvorlagen, dann würde einen schöne rote Kasel und eine güldene Mitra für die Innsbrucker auch recht kleidend sein, nicht nur die schwarz-grüne Wäsch‘. Manchmal war man, wie der Nikolaus, der brave Geschenkegeber. Mit brav sein ist es jetzt aber vorbei, ein Heimsieg wäre ein starkes Zeichen in viele Richtungen. Richtung Besucher, Richtung Medien, Richtung wirtschaftlicher Interessenten. Und wer weiß, vielleicht bringt ja nicht nur das Christkind Geschenke, sondern schon der heilige Nikolaus ein paar gute Nachrichten. Denn als Bischof, vor 1700 Jahren, verteilte Nikolaus sein Erbe unter den Notleidenden und warf Gold durch die Fenster der Armen. So ein Geschenkegeber wäre auch in Innsbruck herzlich willkommen. Wer nichts dalassen will, darf auch gleich wieder gehen. Drum, brav sein, kammpeln und schneuzen, und fest üben: „Lieber heil’ger Nikolaus, komm herein in unser Haus…“
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