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Blibt alls andaescht

In Vorarlberg ist irgendwie nichts normal. Der Vorarlberger, zu Hause im Hochlohn-Bundesland, geht, um gut zu verdienen, nach Liechtenstein oder in die Kantone. Die Landeshauptstadt hat zwar einen feschen See, aber nur am drittmeisten Einwohner im Land. Die Stadt Dornbirn hat mehr Einwohner als die Bezirke Reutte, Landeck oder Lienz, aber als Wahrzeichen keine stolze Burg, sondern ein mit Ochsenblut und Oschsengalle rotgefärbtes Bauernhaus. Kein Wunder dass auch im Fußball nichts so läuft, wie man es erwartet. Es blibt halt alls andaescht.

 

Auf, nicht ab

Das Rheintal hat mit gut 250.000 Einwohnern einen Einzugsbereich, der mit Innsbruck vergleichbar ist. Die seit Jahren unangefochtene Nummer eins des Ländles findet sich aber nicht in Dornbirn, Feldkirch, Bregenz, Lustenau, Hohenems, Bludenz, Hard, Rankweil, Götzis, Lauterach, Wolfurt oder Höchst. Sondern im mit der Unglückszahl behafteten, dreizehntgrößten Ort der Metropolregion, Altach. Während dort an einem Stadion gebaut wurde und an einem Trainingszentrum gewerkelt wird, versprühte die Birkenwiese in Dornbirn den Charme der 70er-Provinzklubs. Holzbänke, das zarte Rauschen der nahen Ach und die absurde Besonderheit eines mächtig aufragenden Baumes direkt hinter dem Tor, noch innerhalb der Laufbahn, die Feld und Zuschauer trennte. In diesem Stadion haben die Rothosen des FC ihre Heimat, hier durften sie im vergangenen Sommer den Meistertitel der Regionalliga feiern. Mit dem deklarierten Ziel Klassenerhalt, nicht mehr. Nach drei Runden hielt man nach Auftakt-Niederlagen gegen Lustenau und Innsbruck und einem torlosen Remis gegen Klagenfurt bei einem mageren Punkt und einem mageren Tor, die Richtung schien vorbestimmt. Pustekuchen. Denn in den ersten beiden Runden verlor man doppelt so oft wie in den kommenden zwölf, zwischen 1. September und 23. November musste man sich mit keiner einzigen Liga-Niederlage auseinandersetzen. Man war Aufsteiger, nicht designierter Absteiger.

Weg, nicht da

Nur gegen die ganz großen tat man sich wirklich schwer. Der Start in die Liga war ebenso schwer wie die letzten drei Partien. Gegen Ried setzte es zwei Klatschen mit 0:9 Toren, nicht der beste Abgang in den Winter. Dementsprechend bedient torkelte man in den Frühjahrsauftakt, auch das zweite Derby gegen Lustenau ging mit 1:4 deutlich verloren. Und das, obwohl die Bewerbsspiel-freie Zeit eigentlich gutes verheißen hatte. Zunächst sicherte man sich in einer Mannschaft der Namenlosen einen ehemals großen Namen: Christopher Drazan wurde verpflichtet, der 29jährige Mittelfeldspieler mit 144 Spielen für Rapid Wien und vielen weiteren für den LASK, Erfurt, Kaiserslautern und so manch anderen Verein. Zusammen mit dem 20jährigen Innenverteidiger Leonardo Zottele, der bei Altach im Kampf ums Stammleiberl scheiterte, füllte man den mit drei Abgängen geschmälerten Kader auf zumindest 20 Feldspieler und zwei Tormänner auf, mit nur vier Legionären und einem Durchschnittsalter von 24,1 Jahren. Es kam aber wieder einmal anders, in Dornbirn hat man nicht so viel Glück bei Transfers. Drazan hat seine Fitness nach erneuten Knieproblemen, die ihm kein einziges Spiel in Vaduz erlaubten, noch nicht gefunden und wurde nicht einmal im Derby-Kader berücksichtigt. Dort fand sich zwar Zottele und spielte durch, die Leihgabe von den Rheindorfern musste aber schon in den Vorbereitungsspielen ordentlich einstecken. Gegen Hohenems wurde er vom Platz getragen, das MRT ergab ein kleines Knieproblem. Ein paar Tage später krachte es im Test gegen Altach im Knöchel, man befürchtete Schlimmeres. In etwa so wie bei Timo Friedrich, dem 22jährigen Kapitän der Dornbirner, der in der bisherigen Saison ganze 14 Minuten auf den Platz brachte, nachdem in der allerersten Trainingseinheit im Sommer sein Meniskus so geschädigt wurde, dass er zweimal operiert werden musste.

Alt, nicht jung

Kein Wunder also, dass man bei all diesen Erfahrungen ruhig und behutsam in das Jahr 2020 starten wollte. Man lud sich eine gediegene Altherren-Truppe zum ersten Frühjahrstest, deren Kraft nach 15 Minuten und Toren von Benjamin Pranter und Zlatko Dedic verpulvert war. Nicht nur gegen die im zweiten Durchlauf völlig kaltgestellte WSG (1:2), auch gegen Bundesligist Altach setzte es nur eine knappe Niederlage (0:1), in drei weiteren Vorbereitungsspielen schoss man sich mit 11 Toren warm – Dornbirn ist nicht zu unterschätzen. Wenn die Mannschaft am Sonntag Vormittag dann nicht nur von den treuen Rothosen-Fans, sondern auch von der wahlkämpfenden und ehrenanstoßkickenden Bürgermeisterin unterstützt wird, darf man sich keine Geschenke erwarten. Die Buben können tschuttn.

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Autor: Stefan Weis

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