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Wir holen schwarz-grüne Fans vor den Vorhang (3)

Für diese Serie haben wir uns diesmal mit einem Fan der alten Schule unterhalten. Herbert T. ist seit den Sechzigerjahren Anhänger des FC Wacker Innsbruck und schwärmt heute noch von den „guten alten Zeiten“. Außerdem ist Herbert der große Bruder unseres Redakteurs Rudl und trägt somit die „Hauptschuld“ an dessen Fußballverrücktheit. Wenn der 1975 gewusst hätte, was er anrichtet…

Herberts Anfänge

Irgendwann in den sechziger Jahren fuhr Herbert mit unserem Vater und dessen Arbeitskollegen zum Fußball auf das Tivoli. Damals war es nicht selbstverständlich, dass jeder ein Auto besitzt. Und deshalb haben sich Fahrgemeinschaften gebildet. Damals war es nicht schwer, Fan der Schwarz-Grünen zu sein. Die Freizeitmöglichkeiten waren begrenzt und der Fußball eine willkommene Abwechslung. Als Herbert sein erstes Moped hatte, ging es mit dem Vehikel vom Zinteberg in Schwaz nach Innsbruck zum Tivoli. Leicht war das nicht. Vom Zinteberg nach Schwaz führte nur ein steiler Hohlweg hinunter und es waren genau 13 Gatter zum auf und wieder zu zumachen. Wacker war eben auch die komplizierteste Anreise wert.
Aber bald hatte sich eine Clique gebildet und es ging mit dem Zug in die Landeshauptstadt. Meistens war man da den ganzen Samstag unterwegs. Am Tivoli immer am selben Fleck – auf der Süd hinterm Tor ganz oben.

Erfolge

In dieser Zeit war echt was los. Kein Wunder, 1964 in die Nationalliga aufgestiegen sind die Schwarz-Grünen keine drei Jahre später nur an einem einzigen Gegentor im letzten Spiel (5:1 gegen SW Bregenz) denkbar knapp am ersten Meistertitel vorbeigeschrammt. In den Folgejahren platzierte sich der FCW immer in den Spitzenplätzen der Liga und wurde auch zweimal Vizemeister. 1970 Cupsieger und kurze Zeit später wurde Real Madrid im Estadio Santiago Bernabeu geschlagen. 1971 haben die Schwarz-Grünen den ersten Meistertitel nach Innsbruck geholt. Damals gab es eine Freinacht in Innsbruck und ein Wörgler Bauer trieb sogar seine Rindviecher in Schwarz-Grün durch die Stadt. Radio-Livesendungen, Zusatztribünen und meistens ein recht volles Tivoli.
Und anders als heute, der Samstag war Fußballtag. Da fuhr die Eisenbahn drüber und bis nach Innsbruck. Auch wurden die Spiele im Unterhaus so organsiert, dass es zu keinen Überschneidungen gekommen ist. Was dazu geführt hat, dass unser Publikum zwar enthusiastisch, aber auch fachkundig und sehr kritisch gewesen ist. Da wurde schnell einmal geschimpft und geflucht und 90 Minuten gepfiffen. Anders aber wenn die Leistungen gepasst haben, da war das Tivoli das Stadion mit der tollsten Stimmung im Staate Österreich.
Die Siebziger Jahre waren der absolute Wahnsinn. Wacker dominierte die Liga nach Belieben. So etwa wie der FC Salzburg die letzten Jahre dominierte. Nur mit weit weniger Möglichkeiten. Meister 1971 bis 1973. 1974 scheiterten die Schwarz-Grünen um einen einzigen Punkt an Vöest Linz. Hatten aber um 13 Tore mehr erzielt, als die Oberösterreicher. 1975 und 1977 sind Meistertitel vier und fünf gefolgt. Dazwischen 1976 wurde Wacker hinter der Austria wieder Vizemeister. Auch hat man in diesem Jahrzehnt fünfmal den Pokal nach Innsbruck geholt. Sogar noch als Absteiger. Aber die Geschichten um den Abstieg 1979 erspare ich jetzt unseren Lesern. Die wären schlüpfrig genug und ein paar Streithanseln hat es auch gegeben.

Europapokal

Herbert war aber nicht nur im Tivoli, nein, er hat seinen Herzensklub auch in die weite Welt begleitet. Beispielsweise war er in Glasgow oder Gladbach. Dort trat der FCW 1976 gegen die berühmte „Fohlenelf“ an und führte durch ein Tor von Kurti Welzl mit 1:0 bis kurz vor Schluss, ehe ein fragwürdiger Elfmeter die Sensation gegen den damaligen Deutschen Serienmeister kostete. Dazu kam noch der skandalöse Ausschluss von Tormann Koncilia. Beim Rückspiel konnte einem der völlig entnervte Ersatzgoalie Norbert Schatz so richtig leidtun. Wacker ging auch am Tivoli in Führung, aber in der 61. und 63. Minute kam es zum Doppelschlag der Fohlen und in der weiteren Folge zu Jupp-Heynkes-Festspielen, der vier Tore erzielt hat.
Eine Saison später folgte der große Skandal am Tivoli. In der zweiten Runde des UEFA-Cups ging es gegen Videoton Szekesfehervar und der Schiedsrichter war mit der Gastfreundschaft in Innsbruck nicht zufrieden. Er revanchierte sich mit einer skandalösen Schirileistung. Einfach unglaublich, dieser Herr Favre aus der Schweiz. Die Folge: einige Fans sind ausgetickt, haben den Herrn abgepasst und im Taxi „windelweich“ geschüttelt. Das hatte zwei Spiele Sperre des Tivolis zur Folge.
So musste man im Meistercup 1977 nach Salzburg Lehen ausweichen. Basel wurde geschlagen und mit Celtic Glasgow wurde für die nächste Runde ein übermächtiger Gegner gezogen. FCW-Trainer Kessler hatte eine „Hilfe“. Er kündigte an, ein Mister Waddle aus Schottland würde ihn mit Informationen nur so füttern. Nur, dieser ominösen Mister Waddle war eine Erfindung. Eine Finte unseres Trainers um die Presse in die Irre zu führen. Mit 1:2 hatte man sich in Glasgow eine gute Ausgangsposition geschaffen. Dabei haben die „Wackersleut“ auch da wiederum bis kurz vor Schluss ein 1:1 gehalten. Herbert war dabei, aber nicht jeder kam da pünktlich zum Spiel. Es gab Probleme mit einem Flugzeug. Laut Herberts Erzählungen schwimmt ein Wackerianer vielleicht noch immer in einem Brunnen von Glasgow herum. Der wurde zuletzt eben dort mit einer Flasche Whisky in der Hand gesehen und dann nie wieder.
Bei nasskalten Wetter ging es zum Retourespiel nach Salzburg. Eine wahre Völkerwanderung über Lofer und per Bahn hat sich in Bewegung gesetzt. An die 20.000 Zuseher haben für ein Spektakel gesorgt. Darunter ein Spruchband „3:0 in Lehen – Celtic auf Wiedersehen“. Trainer Kessler präsentierte den Journalisten seinen Matchplan, zeichnete ihn sogar auf eine Tafel und prophezeite, nach 45 Minuten würde es 3:0 stehen. Er sollte sich irren, denn bereits nach 29 Minuten hatten die Wackerianer den Endstand von 3:0 herausgeschossen.
Im Viertelfinale ging es wieder gegen Mönchengladbach. Am Tivoli wurde die Borussia sensationell mit 3:1 besiegt. Auswärts jedoch genügte den Borussen ein 2:0 um dank der Auswärtstorregel aufzusteigen. Dabei hatte Kurt Welzl wieder einmal mit „Bundesberti“ Vogts so seine Gaudi. Kurti traf zweimal die Stange und hat den „Terrier“ das ein oder andere Mal genarrt. Nicht zum ersten Mal. Wie schon 1975, als unsere Nummer 9 Vogts zweimal an der Eckfahne regelrecht vorgeführt hatte. Das war zum vor Freude auf dem Boden „welzeln“. Seither ist Wacker Innsbruck in Deutschland ein Begriff. Der Stoff, aus dem Erinnerungen sind.

Schwarz-Grün & Blau-Weiss

Herbert ist seinem Verein treu geblieben. Auch nach den Abstiegen. Aber irgendwann in den Neunzigern hat sich Herbert beruflich verändert und meistens Wochenend- und Nachtdienste leisten müssen. Die Besuche am Tivoli sind selten geworden. Trotzdem nutzt er jede Möglichkeit um seinen Schwarz-Grünen auf die Füße zu schauen. Das ging einmal fast nicht gut aus, denn bei einem Spiel gegen Admira bekam er Bauchkrämpfe und Schweißausbrüche. Musste aus dem Stadion raus und hat bei einer Telefonzelle seine bessere Hälfte angerufen. Ab diesem Zeitpunkt weiß er nichts mehr, ist zusammengebrochen und erst in der Klinik nach einen glatten Blinddarmdurchbruch wieder aufgewacht.
Herbert ist immer noch Mitglied des FCW. Auch wenn er inzwischen beim SC Schwaz von den Jüngsten bis zur Kampfmannschaft alles und jeden Fotografiert und das Geschehen bei seinem Heimatverein dokumentiert. Sein Interesse am FCW ist aber immer noch da. Er verfolgt fast jedes Spiel im TV und die Diskussionen mit ihm sind göttlich, wenn auch manchmal hitzig. Sehr zum Leidwesen meiner Schwägerin.

Habt auch ihr was über euch und den FCW zu erzählen? Dann schreibt an redaktion@tivoli12.at

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Autor: Rudolf Tilg

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