Tristesse, toujours
Wenn es um die Meisterfrage der zweiten Liga geht, wurde ein Team in den letzten Spielzeiten immer als möglicher Geheimfavorit genannt: Austria Lustenau. Doch Jahr für Jahr verweigerten sie konstant diese Rolle und enttäuschten Publikum, Präsidenten, Experten. In dieser Saison lassen sie gleich zu Anfang keinen Zweifel aufkommen – pas avec nous, nicht mit uns.
Toutes choses nouvelles
Dabei wäre bei Lustenau so vieles neu. Eigentlich fast alles. Im vergangenen Jahr noch beinahe ein Sammelbecken für ehemalige Tivoli-Kicker. Von der Gruppe um die ehemalige Torfabrik Patrik Eler, den Flügelflitzer Christian Schilling, Ex-Wattener Lukas Katnik, dem Osttiroler Alexander Ranacher und dem Hühnen Christoph Freitag sind nur die letzten beiden übrig geblieben, ergänzt um Matthias Maak, der von Altach zu Lustenau kommt. Maak wird dabei aber nicht mehr auf die Stammkräfte der letzten Saison, Ronivaldo und Darijo Grujcic, treffen, die nach Innsbruck übersiedelt sind. Fast könnte man meinen, die Blickrichtung der Vorarlberger geht über das große Bergmassiv im Osten des Landes. Fast. Wäre da nicht die neue Zukunft der Grün-Weißen, die als Projekt eines Schweizer Investors. Wieder einmal ein Investor. Es scheint, als bestünde die zweite österreichische Liga nur mehr aus Amateur-Teams wie Rapid, Austria oder Liefering, Kooperationsteams wie Dornbirn oder Kapfenberg, Investorenteams wie Klagenfurt, Innsbruck oder eben Lustenau. Wobei hier vor allem die Reichshofler eine besondere Rolle einnehmen, sind sie doch Teil eines Netzwerks der Core Sports Capital, des Unternehmens des Schweizers Ahmet Schaefer. Und nicht gerade das Zugpferd darin. Clermont Foot etwa, der Zweitligist aus der 150.000-Einwohner-Stadt im Herzen Frankreichs, scheiterte in der vergangenen Saison in einem heißen Kampf nur um drei Punkte am Aufstieg in die höchste Liga. Ein Aufstieg der bei noch zehn ausständigen Spielen mehr als nur greifbar gewesen wäre, doch der Abbruch der Saison ließ dieses Projekt scheitern.
Bienvenue, mes amis
Die Auswirkungen für Lustenau? Die heißen Brandon, Blankson, Till und Nael. Vier Perspektive-Spieler aus der Ligue 2. Also Perspektive der Spieler, nicht des aufnehmenden Vereins, denn alle sind Leihgaben auf ein Jahr. Brandon Baiye, der Lütticher, kickte zwar schon in der Youth League, bei Clermont brachte er es aber nur auf die Ersatzbank der Kampfmannschaft. Blankson Anoff war ebenfalls nur in der zweiten Mannschaft des Zweitligisten tätig. Der Pariser Till Cissokho kämpfte sich vergangenes Jahr in den Kader, spielte zweimal durch, kassierte im dritten Einsatz eine glatte Rote und war nicht mehr am Spielfeld gesehen. Und Nael Jaby, einziger Nachwuchsspieler aus Clermont-Ferrand selbst, war in 28 Partien ein einziges Mal am Spielfeld zu finden – als er sich in Runde sechs aufwärmte, aber nicht zum Einsatz kam. Allesamt maximal Ergänzungsspieler in Frankreich. Bei Lustenau hingegen stehen nach drei Partien 664 Einsatzminuten zu Buche, zwei Leihspieler waren gleich zu Stammkräften, ohne auch nur eine einzige Minute verpasst zu haben, mutiert. Ein Erfolg für die Spieler. Für den Verein – eher nicht. Drei Tore wurden bislang erzielt, eines davon schoss ein Ex-Innsbrucker, zwei der Neuzugang aus Ungarn, Haris Tabakovic. Auch die Vorlagen kamen mit Grabher, Gmeiner und Ranacher nicht von den Leihspielern, auf die man so viel Hoffnung setzt. Oder setzen muss, denn der Investor will etwas haben von seinem Netzwerk aus Teams, das jetzt noch um eine Mannschaft aus Dänemark, dem dortigen Zweitligisten Vendsyssel FF, erweitert worden ist. Mon Dieu. Entschuldigung, „Åh gud!“ in diesem Fall.
À un nouveau
Auf ein Neues also. Lustenau kann derzeit, nach zwei Niederlagen und einem Remis, nach sieben Gegentreffern und dem letzten Tabellenrang, nur den Schaum vom Mund abwischen und in einen neuen Kampf gehen. Irgendwann müssen die neuen Spieler von Clermont und Genk, von Diosgyör und Lotte, von Altach und Steyr die erwartete Leistung zeigen. Irgendwann muss das Engagement aus der Schweiz doch den erwarteten Mehrwert bringen und die Gerüchte verstummen lassen, es wäre nur der letzte Strohhalm in „einer finanziellen Gratwanderung“ gewesen – eine Aussage, welcher der Vereinsvorstand vehement entgegentritt. Und wir wissen ja, wenn Wacker etwas hat, dann Herz. Denn auf am Boden Liegende tritt man niemals drauf, man verhilft ihnen zu neuem Leben…
Photo by <a href=“/photographer/saavem-61725″>Miguel Saavedra</a> from <a href=“https://freeimages.com/“>FreeImages</a>