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The Apprentice

„You’re fired!“. Der Schlachtruf des kapitalistischen Amerikas eroberte in den frühen 2000ern das Trash-TV auch auf angesehenen Sendern wie NBC. Zu einer Zeit, als in Österreich kräftig am langsam gewachsenen Baum der Sozialpartnerschaften gerüttelt und gesägt wurde, übernahm Donald Trump die Rolle eines erfolgreichen Unternehmers und machte damit die Pleitewelle seiner Casinos und Universities vergessen. Während er in der größten Marktwirtschaft der Welt zur Wiederwahl steht, hat sein „Hire-and-Fire“-Konzept auch Eingang in Österreichs zweithöchste Fußballliga gefunden: „The Apprentice – Horn-Edition“.

 

 

M.W.G.A.!

Es ist ja manchmal gar nicht leicht, einen neuen Job zu finden. Die Zeiten, als eine Matura oder 200 Anschläge pro Minute auf der Schreibmaschine reichten, um eine lebenslange Anstellung zu finden, sind nicht viel mehr als nostalgische Geschichten der Boomer-Generation, Vollbeschäftigung nur ein Vokabel im VWL-Lehrbuch der 80er. Wenn man allerdings Fußballtrainer ist, der gerne auch lange Autofahrten auf sich nimmt und kein Problem damit hat, aus dem Koffer zu leben (Wohnungssuche zahlt sich nicht aus, nicht einmal ein Mietvertrag), dann gibt es einen Arbeitgeber in Liga Zwa, der immer wieder freie Posten zu besetzen sucht: Horn. Ganz oben im nordöstlichen Waldviertel, dort, wo Bäume ganz plötzlich explodieren können und man deswegen den Wald regelmäßig durchrecht, dort hat man die Philosophie eines Donald Trump im Blut. Regionalliga gewonnen? Ziele müssen her, nicht zu knapp. Unter der Champions-League machen wir nichts, make Waldviertl great again! Die bisherige Geldquelle ist versiegt? Egal, niemand ist better, greater, harder, da findet sich auch gleich Unterstützung. Es ist zwar nicht ganz klar, ob der neue Partner UFA Media, ein Vermarkter von Fernsehrechten im Sportbereich, seinen Firmensitz in Mazedonien oder Russland hat. Aber wenn sie schon so gute Leute schicken, dann fragt man auch besser nicht nach. Man kann dann immer noch behaupten, man wäre so tough zu den Russen gewesen, tougher war niemand zuvor in der Geschichte. Hauptsache, der Erfolg ist da. Und Erfolg ist, was man selbst dafür verkauft, nicht das, was sich konstant als solcher zeigt.

You’re fired!

Und wenn Konstanz in den erreichten Zielen nicht für die Akzeptanz von Erfolg notwendig ist, dann muss man auch keine Sonderwege und Eigenheiten von Angestellten akzeptieren und mit einem konstanten Kern von Mitarbeitern arbeiten. Nicht im Westwing der Pennsylvania Avenue, nicht in Horn. Der Verein beruft sich auf 98 Jahre Fußballgeschichte, gefühlt so viele Trainer gab es allerdings auch in den vergangenen zwei Jahren. Wenn etwa ein Carsten Jancker mit 18 Monaten zum Langzeittrainer mutiert, dann weiß man, dass man sich bei den Blau-Weißen nicht mit „Guten Morgen!“, sondern mit „You’re fired“ begrüßt. Kurt Jusits, Markus Karner, Hans Kleer, Genadi Petrov, Aleksandr Borodjuk, wieder Genadi Petrov, und dann Davor Mladina. Alexander Genrichowitsch Borodjuk wurde ja schon vom neuen Partner UFA-Media als Sensationstransfer geholt, der ehemalige Stürmer von Dynamo und Lok Moskau, Schalke, Freiburg und Hannover, Olympiasieger und Co der russischen Nationalelf, dürfte allerdings nicht gerade gut vorbereitet in Horn gelandet sein, nach drei Spielen war das Engagement schon wieder hinfällig. Der Mann für alles, Genadi Betrov, der schon Ende der vergangenen Saison als Interimscoach wirkte, rückte vom Co- und Damen-Trainer erneut zum Herren-Chef auf. Allerdings nur, um gleich wieder abgelöst zu werden. Die Medien brauchen Sensationen, die nächste war Davor Mladina. Mit ihm stiegen Vukovar, Marsonia, Cibalia und Dragovoljac in die höchste kroatische Liga auf. Als Kicker beim WAC (damals hießen die Gegner noch Klopeinersee, Mölltal, Matrei und Lienz) und der Voest lernte er Österreich im Detail kennen – was man bei seiner neuen Anstellung nicht behaupten konnte. Wenn Borodjuk der Sean Spicer der Waldviertler war, dann wurde Mladina zum Anthony Scaramucci. So schnell weg, dass es ein Wunder ist, seinen Namen noch im Ohr zu haben. Ein einziges Spiel leitete er, dann war er schon wieder Geschichte.

Covfefe!

Bei so viel feuern kein Wunder, dass in Horn der Hut brennt. Petrov rückte wieder in das zweite Glied, verlor für seine treuen Dienste auch noch das Amt des Frauen-Trainers, das nun Karlheinz Piringer übernimmt. Und Alexander Schriebl soll als Feuerwehrmann im Herren-Team agieren. Der ehemalige violette Salzburger übernimmt ein Team, das mit sechs erzielten Toren die geringste Offensivkraft der Liga hat – gemeinsam mit Innsbruck. Das mit acht erhaltenen Treffern aber eine respektable Defensive aufweist – wie auch Wacker. Das zwar erst zwei von sieben Spielen verloren hat, aber dennoch in der zweiten Hälfte der Tabelle zu finden ist – wie die Tiroler. Das bisher noch kein Heimspiel gewinnen konnte und bei zwei Remis vor eigenem Publikum hält – wie die Schwarz-Grünen. Wacker Innsbruck trifft am Freitag also auf sich selbst. Kein leichter Job. Oder, wie man in Amerika sagt: Covfefe.

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Autor: Stefan Weis

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