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Homöopathisch

Vorentscheidende Spiele gibt es nicht. Sechspunktespiele gibt es nicht. Eine Meisterschaft dauert bis zum letzten Spiel. Tja, eigentlich richtig, man braucht nur auf das vergangene Jahr blicken, Klagenfurt wird es bestätigen. 4:1 Punkte, 4:2 Tore im Duell mit dem späteren Aufsteiger, drei Runden vor Schluss noch tabellarisch in Führung. Nach dem Saison-Schlusspfiff halfen jedoch nicht mal mehr Globuli, es war trotz Kantersieg gegen Wacker Innsbruck kaum zu ertragen. Darauf kann man aufbauen am Tivoli – auf die Ergebnisse ja nicht unbedingt.

 

potentia

Denn Wacker Innsbruck geht mit seiner Chancenverwertung eher homöopathisch um. Man muss ja nicht jede reinmachen, eine mehr als der Gegner reicht ja meist. Also mal ein Tor in unzähligen vernebelten Bällen und leeren Anläufen aufgelöst, ein paarmal feste geschüttelt, und schon sind mit Hängen und Würgen drei Punkte am Konto. Während der wackere Angriff kaum über den Placebo-Effekt hinaus wirkt, hält Klagenfurt nicht so viel von Verdünnung. 14 Tore in drei Spielen. Manche sagen, ein Lauf. Es könnte aber auch zum Übermut ausarten, wenn man nicht richtig dosierte Bachblüten zur Regelung der emotionalen Ausgeglichenheit und Standfestigkeit anwendet. Sechsmal Pink in drei Spielen macht den Ex-Mattersburger, der auch schon für die Karawanken-Mutante Austria Kärnten die Schuhe schnürte, nicht nur zur aktuell größten Gefahr für gegnerische Abwehrreihen, sondern auch zum ersten Verfolger des zukünftigen Torschützenkönigs aus Linz. Aber selbst wenn man ihn unter Kontrolle bringt, ist noch keine Ruhe gegeben. Zweimal Gkezos, zweimal Maciejewski, einmal Mahrer, einmal Markoutz, einmal Andersson, einmal Cvetko in nur drei Spielen seit 9. April. Für so viele Tore müsste man sich in Innsbruck in Bottichen von Schüßler-Salzen wälzen. Oder die dreifache Menge an Spielen heranziehen. Um auf dieselbe Tordifferenz zu kommen, bräuchte es nochmals eine Potenzierung. Also alle gewonnenen Spiele seit November (bei geflissentlicher Exkludierung der Niederlagen), sechzehn Spiele zurück insgesamt. Die Chancengleichheit scheint derzeit nicht gegeben. Auf diesen Schock erst mal ein paar Tröpfchen Alkohol mit nicht einmal im Teilchenbeschleuniger von Cern nachweisbaren Zusatzstoffen unter die Zunge.

similia similibus

Dabei versucht man an der Sill, Herrn Hahnemanns Prinzip von der Medizin auf den Fußball umzulegen: Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden. Funktioniert derzeit solala. Oder, wie man gemäß einer Unterlassungsklage des Homöopathie-Unternehmens Hevert gegen eine Ärztin nicht über die medizinischen Erfolge der Präparate, aber über die Umsetzung im Fußball sagen darf: wirkt nicht über den Placebo-Effekt hinaus. Nämlich, das Problem mangelnden Erfolgs in der Vorsaison durch Einkäufe und damit durch Geld regeln zu wollen. Ohne wird es nicht gehen, keine Frage. Aber, ein bisschen Futter für mein auch ohne Tier-Homöopathie pumperlgsundes Phrasenschweinderl, Geld allein spielt halt auch nicht Balli. Denn die beiden Krösus… Krösi… Krösen… Kössusse… Ach, der Liga-Krösus und sein finanziell erster Verfolger liegen zwar in der Liga dicht nebeneinander auf den ersten beiden Aufstiegsplätzen, aber dennoch nur auf Rang vier und fünf der Tabelle, ein gutes Stück vom direkten Aufstieg und meilenweit vom Meistertitel entfernt. Drei Vereine, von denen sich zwei den Schritt nach oben aus Geldmangel (und damit einherschreitender infrastruktureller Problematik) noch nicht zutrauen, vor ihnen. Und das auch zu Recht. In einer virtuellen Tabelle der Top-Fünf offenbart sich das erschreckende Problem der Innsbrucker: Gegen spielstarke Gegner auf Augenhöhe zu reüssieren. Sechs Spiele hat jedes Team bisher gegen seine vier direkten Tabellennachbarn absolviert. Liefering war dabei ebenso wie Lafnitz viermal siegreich, 13 und 12 Punkte stehen zu Buche. Gefolgt werden die beiden von Linz mit neun Zählern und ebenso einem positiven Torverhältnis. Klagenfurt stolpert mit acht Pünktchen und einem ausgeglichenen Torverhältnis bei zwei Siegen, zwei Remis und zwei Niederlagen hintennach. Und Wacker? Ein einziger Punkt in sechs Spielen, das Remis in Runde 10 gegen Austria Klagenfurt. Und ein negatives Torverhältnis von minus elf Treffern. Spieler, die zuvor noch in Lustenau oder Klagenfurt Partien herumrissen und Spiele entschieden, sind in Schwarz-Grün nur homöopathisch wirksam. Darauf gleich ein paar Kügelchen Saccharose hinter die Binde, vielleicht wird es dann erträglicher.

verum

Am Freitag Abend kann Wacker, trotz einer bisher durchwegs durchwachsenen Saison, den Platz an der Sonne um einen das schlechtere Torverhältnis ausgleichenden Punkt übernommen haben. Oder von einem Aufstieg nicht nur zwei Relegationspartien, sondern auch de facto sechs Punkte entfernt liegen, und das fünf Runden vor Schluss. Vorentscheidende Spiele gibt es nicht. Sechspunktespiele gibt es nicht. Eine Meisterschaft dauert bis zum letzten Spiel. Mag alles sein, aber das Duell gegen Klagenfurt wird aber weit über den Placebo-Effekt hinaus wirken.

Bild von Bruno /Germany auf Pixabay

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Autor: Stefan Weis

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