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Werksport Lafnitz

Wo Fuchs und Hase gute Nacht sagen, wo gegnerische Chorgesänge aus österreichischen Kleinststädten sich ihrer Herkunft nicht mehr erinnern und die Heimmannschaft als Bauern verhöhnen, wo der kleine Lafnitzbach noch lange kein Fluss ist, dort sind sie beheimatet. Blau-Gelb gekleidet, familiär gegliedert, ein Fußballplatz im Nirgendwo. Und ein Angstgegner für viele Aufstiegsaspiranten: Lafnitz, der Schrecken der Oststeiermark.

 

Grenzwertig

Grenzlandstadion heißt es in Kufstein. Es wäre eigentlich auch ein passender Name für das Lafnitzer Rasengrün, denn das langsam fließende und selten plätschernde Wasser, das den gleichnamigen Ort beinahe großräumig umrunded, war seinen Weg bis zur Raab entlang lange Zeit Grenze zwischen Österreich und Ungarn. Bis ein Teil von Ungarn österreichisch wurde: das Burgenland. Zu sagen, wenn ein Ball zu weit übers Tor geht, muss man ihn im Nachbarbundesland holen, wäre etwas übertrieben, es sind ja doch ein paar hundert Meter bis dorthin. Dabei war die Grenze nicht immer klar, die Lafnitz, also der Fluss, mit ihren unzähligen Biegungen suchte sich auf ihrem Weg stets ein neues Flussbett, verschob ihr Bett nach links und rechts und schuf so Grundlage für viele Streitigkeiten. Bis Maria-Theresia Grenzsteine setzen ließ, die sich auch heute noch finden lassen. Die Lafnitz hat nicht nur so manches Land geschluckt, sonder auch schon den ein oder anderen Ball, mäandert sie doch nur wenige Meter hinter dem Sportplatz vorbei, zwischen Feldern und Wiesen. Dort, in dieser idyllischen 1.400-Einwohner-Gemeinde, und nur 12 Kilometer vom Bundesligisten Hartberg entfernt, dort würde eigentlich niemand Profifußball erwarten. Und es gäbe ihn auch nicht, hätten sich nicht fußballverrückte Mäzene aus der heimischen Wirtschaft gefunden, gäbe es den beinahe familiären Zusammenhalt im Dorf nicht. Walter Kogler etwa. Also nicht dieser Walter Kogler, sondern den Chef einer Liftfirma. Vorsicht, in Tirol denkt man bei Liften gleich an die harmonisch in den Bannwald geschlägerten Aufstiegshilfen für Schifahrer. Nein, Aufzüge stellt die Firma her – und sie stellt auch den Klubpräsidenten.

Leuchtend

Der Präsident von Lafnitz ist dabei aber ein bisschen wie der Präsident von Österreich. Theoretisch eigentlich eh der wichtigste Mann, aber praktisch halt nicht. Denn da gibt es da den Kanzler, und dort den Obmann. Und der Obmann des Vereins SV Lafnitz ist auch der Hauptsponsor, der Namensgeber, der langjährige Partner der Ballesterer. Seit der Gründung 1964 werden die Fußballer von Licht Loidl unterstützt, kann man manchmal lesen, und das zeigt die lange Verbundenheit mit den Kickern, wurde die Firma laut eigener Homepage ja erst 1966 vom Vater des jetzigen Senior-Geschäftsführers eröffnet. Mit mehreren hundert Angestellten ist die Firma mehr als nur Rückgrat für die Wirtschaft der Region. Bernhard Loidl sagt, sein Erfolg soll auch kein Schaden für den Verein sein. Beide Erfolge gehen beinahe Hand in Hand. Licht Loidl, also die Firma, erreichte 2005 200 Angestellte, vier Jahre später 300, 2016 schon 400 – und die Zahlen steigen weiter an. Licht Loidl, der Fußballverein ist seit 2009 unter der Leitung von Bernhard Loidl, stieg bis 2013 von der sechsten Leistungsstufe bis in die Regionalliga Mitte auf, musste 2017 noch Hartberg den Vortritt lassen und durfte dann 2018 endlich in die zweithöchste Leistungsklasse Österreichs wechseln.

Familiär

Dort bleibt man dem Konzept des Familienvereins aber treu. Der Sportdirektor Erwin Frieszl etwa wird vom Obmann als Kenner der Fußballszenerie im In- und Ausland und Top-Vertrauensperson bezeichnet. Nebenbei ist Frieszl Autohausbesitzer im benachbarten Rohrbach und Schwager Loidls. Tormann Andreas Zingl spielte bislang nur in der nähesten Region, in Rohrbach, Stegersbach und einmal kurz bei den Amateuren von Mattersburg. Kein Wunder, war er ja bis vor Kurzem noch Elektriker beim Hauptsponsor. Rainer Wohlmuth, Co-Trainer von Philipp Semlic, macht seinen Job nebenberuflich. Also den sportlichen, denn Hauptberuflich ist er Servicetechniker. Und so geht es weiter, immer wieder begegnen einem dieselben Namen, in Firma und Verein. Oder auch im Verein in Mehrfachfunktion – Obmann-Stellvertreter Josef Lechner etwa, der Busfahrer des Teams. Eine echte Werksportgemeinschaft, entstanden aus der Region, aus der Firma. Und dennoch, oder vielleicht deshalb, ein Schrecken für die Gegner. Denn überraschende Erfolge lassen den Verein ebenso wenig abheben wie eine längere Durststrecke, wenn etwa Verletzungen durch den schmalen Kader nicht aufgefangen werden können. Der wurde im Sommer nach einigen Abgängen wieder aufgefüllt, natürlich hauptsächlich aus der Region. Der eigene Nachwuchs, Hartberg, Gnas und Gleisberg sind die abgebenden Mannschaften, Kapfenberg beinahe schon ein Zugang von weit weg. Lafnitz bleibt familiär. Und gefährlich.

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Autor: Stefan Weis

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