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From Höll to Hell

In Innsbruck, mitten im Heiligen Land Tirol, kann es ganz schön teuflisch zugehen. Höllisch sozusagen. Höllisch steil: 28%. Die Höttinger Höll hat schon so manchem Fahrradfahrer den Atem geraubt. Und gezeigt, was denn die Stadt zwischen Nordkette und Bergisel so zu bieten hat.

Vom imperialen Glanz der Habsburger über den Inn, in die alten Dorfgassen und zum ehemaligen bäuerlich kargen Leben. Die Reise in die Hölle der Wiener dagegen ist gar nicht schwierig. Es gibt sogar nicht nur einen Weg dorthin, sondern viele. Jedleseer-, Nord-, Brigittenauerbrücke, Steinitzsteg, Georg-Danzer-Steg, die Floridsdorfer Brücke und viele andere – Transdanubien, jenseits der Donau, wo es nach Schwefel riechen muss, die Horrorvorstellung der Bewohner der „Stadt“. Dorthin müssen jetzt auch die armen Buben in Schwarz-Grün, Gott sei ihrer Seele gnädig.

 

Höllische Überraschung

Vorerst hätt‘s ja gar nicht so schlecht ausgesehen für die Tiroler. Die letzte Saison – ganz schön durchwachsen für die Wiener. Zwischenzeitlich ein höllisches Tief, in 12 Spielen nur gegen den Lokalrivalen, die Amateure aus Hütteldorf, gewonnen, bis man sich am Ende wieder erfing. Die Abwanderung des Trainers Miron Muslic hat man nicht gut weggesteckt. Die Auslosung – nicht gerade ein Freund des Stadtmeisters (und damit österreichischen Meisters) von 1918. In den ersten sechs Runden gleich der Überraschungsgegner Amstetten, die Aufstiegsfavoriten Lustenau und St.Pölten und dann noch der Meister Liefering, bevor es nach Innsbruck geht. Das untere Drittel der Tabelle winkte. Und winkt noch immer, aus der Ferne. Gegen die Jungbullen Remis, den SKN besiegt, die Ländle-Elf und damit den Tabellenführer gebogen, gegen Amstetten ohne Niederlage geblieben. Seit vier Spielen unbesiegt, seit zwei Spielen ohne Gegentreffer. Ein Platz besser als die Schwarz-Grünen platziert, gleich viele Punkte wie sie. Der Sieger aus dem Duell könnte bis auf Rang zwei vorrücken, der Verlierer in die zweite Tabellenhälfte abrutschen. Wie es nicht geht, zeigte etwa Lustenau vor. Überlegener Tabellenführer, Anreise zu einem Gegner, der noch nach der Form suchte. Überheblich in das Spiel, unkonzentriert bei Standards. Nach 11 Minuten stand es 0:2, zwei beinahe identische Eckbälle, ein völlig außer Acht gelassener Marcel Monsberger, der in Halbzeit eins noch gut zwei, drei Tore mehr hätte schießen können, aber nur mehr das dritte Tor servierte. Dabei dominierten die Vorarlberger das Spiel, beherrschten das Mittelfeld, hatten 61% Ballbesitz, gaben 11 Schüsse ab – aber brachten nur 2 auf das Gehäuse. Mit viel Kampf, gleich 21 Fouls, wehrten sich die Transdanubier gegen die Grün-Weißen, höllisch erfolgreich. Wie es schon ginge, hatten zuvor die nicht gerade überragenden Amateure der Wiener Austria vorgemacht. Die Truppe, die Wacker im ersten Spiel bereits ein Remis abgerungen hat, setzte sich mit Josef Pross‘ einzigen beiden Saisontoren durch. Und nicht einmal unverdient, mit drei mehr abgegebenen Schüssen und einer leichten Feldüberlegenheit. Es ist nicht die Qualität der Einzelspieler, die den Unterschied ausmachen muss. Die Teamleistung muss passen, dann schlägt selbst der völlige Underdog mit seinen Jugendspielern eine gestandene Kämpfertruppe.

Höllisch verlässlich

Den Kampf, den kann man bei Floridsdorf an Fouls, aber nicht unbedingt an Verwarnungen ablesen. Dort befindet man sich auf Augenhöhe mit Wacker. 15 gelbe Karten, eine einzige Rote. Man geht wohlüberlegt in den Zweikampf, nur sechs Bestrafungen folgten nach Fouls, alle anderen nach Unsportlichkeit und Kritik. Eine Sperre allerdings ist aktuell, und das nicht gerade zum Nachteil der Schwarz-Grünen. Flavio Dos Santos Dias muss nach seinem ersten Ausschluss nach 105 Zweitliga-Spielen zusehen. Einmal eingewechselt, dreimal von Beginn am Platz, wird er gegen Innsbruck fehlen. Dafür wird wohl Anthony Schmid auflaufen, der Austro-Franzose (oder Franko-Österreicher), der in allen sechs Spielen zum Einsatz kam und mit drei Liga-Toren erfolgreichster Torschütze gemeinsam mit Monsberger ist. Bei Floridsdorf gibt es überhaupt ein höllisch verlässliches Bild, wenn die Mannschaft aufs Feld läuft. Neun Spieler waren in allen Ligapartien dabei, 10 standen bei allen im Kader, sieben spielten über 500 Minuten, vier gleich alle. Nicht so in Innsbruck, dort gibt es fast so etwas wie einen belgischen Kreisel, immer wieder ist wer anderer vorne zu sehen. Nur sechs Spieler sahen alle Partien vom Feld aus, drei kickten über 500 Minuten, nur zwei alle Spiele. Ein ganz schönen Durcheinander, eine ordentliche Durchmischung nach nur sechs Runden. Ein breiter Kader, könnte man sagen. Ein ordentliches Verletzungs- und Krankheitspech, könnte man meinen. Noch immer keine Mannschaft gefunden, die funktioniert, wäre allerdings auch eine Möglichkeit. Die Konstanz in der Defensivleistung – mit nur drei Gegentoren stellt man die erfolgreichste Abwehrreihe der Liga – spiegelt sich in keinster Weise in der Aufstellung wider. Man bleibt in einer Weise unberechenbar, aber leider auch für die eigenen Spieler.

Himmlischer Ballsport

Von der Höttinger Höll in die Wiener Hölle, da braucht man vielleicht himmlische Unterstützung. Die findet man in Floridsdorf am ehemaligen Platz des FAC. Bis in die 1960er kickten die Blau-Weißen in der Galvanigasse, ehe sie das Feld der aus Transdanubien in die Südstadt flüchtenden Admiraner in Jedlesee übernahmen. Auf dem alten Gelände in der Gartenstadt steht jetzt eine Kirche. Also ein echter Tempel für Gläubige, nicht sowas wie in Hütteldorf. Ein Kerzerl angezündet, ein Stoßgebet gen Himmel – Wacker sollte dann doch endlich aus der Hölle des Alltags, der ständigen Angst bei meist nur einer guten Halbzeit entfliehen.

Photo by Philip Gabinus from FreeImages

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Autor: Stefan Weis

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