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Etikettenschwindel

Manchmal hat man es satt. Die Extraportion Milch für die Kinder, die doch nur reiner Zucker ist. Der Käse, der so analog ist, dass er noch niemals Milch gesehen hat. Tiroler Speck aus Schweinen, die niemals die Alpen gesehen haben, sondern höchstens den Vaalserberg oder den Rysy. Bier für Innsbrucker Bürger, das näher an der Nockalm daheim ist als an der Nockspitze. Alles Etikettenschwindel. Auch im Fußball. Juniors Oberösterreich? Na sicher…

 

Ob der Enns?

Damit fängt’s ja schon an. Oberösterreich. Geh bitte. Die großen Zebras sagen immer noch Linz, stottern sogar manchmal dabei und müssen‘s, wie zur Bekräftigung, zweimal anbringen, woher sie kommen. Ihre Jungspunde aber, damit man ja den Anschein der Unabhängigkeit erweckt, gehören zu 25% dem Linzer Athletik-Sport-Klub aus Linz, zu 24% der FC Juniors GmbH. Und zu 51% dem Oberösterreichischen Fußballverband. Der damit also in einer Liga gegen seine eigenen Mitglieder aus Steyr und Linz antritt. Gut, könnte man sagen, das passiert auch anderswo, dass der Fußballverband gegen seine fußballerischen Zugpferde und Aushängeschilder auftritt, aber dann zumindest abseits des grünen Rasens und nicht gleich so direkt. Der LASK, entschuldigen Sie, der oberösterreichische Fußballverband tritt also in der zweiten Liga mit einem überschaubar kompakten Kader von 33 Spielern auf. Könnte man meinen, die Creme de la Creme des Landes ob der Enns. Wer die Enns kennt, weiß, dass sie etwas schlingert zwischen Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und Niederösterreich. Nicht großartig bekannt ist, dass sie wohl noch weiter ausholt bei mancher Flussbiegung. Die Juniors Oberösterreich bieten nämlich auch Nachwuchsspieler aus Deutschland, Zypern, Klumbien, Südkorea, dem Senegal, Japan, der Türkei und der Slowakei eine Heimat. Creme de la Creme ja, aber dann doch nicht unbedingt nur Oberösterreich.

Oberösterreich?

Jaja, werden dann gleich ein paar einwerfen, aber der Rest. Der Rest! Erst einmal, was heißt hier Rest – der Rest sind immer noch 25 Spieler. Wie viele Vereine hätten denn gern 25 Spieler in ihrem Kader, wie viele Medien würden denn von 25 Österreichern am Roster träumen und nicht von den vielen Legionären, die nur dann hochgejubelt und heißgeliebt werden, wenn sie durch ihre außergewöhnliche Leistung gerade mal wieder den Titel, Ligaerhalt oder den Tippschein gerettet haben. Dann sind sie Maximale und über Nacht echte Österreicher. Aber außerdem, auch vom Rest werden nicht gerade alle das Hoamatlond nicht über die erste Zeile hinweg singen können. Zwei Wiener, ein Salzburger, fünf Niederösterreicher, ein Fulpmerer und ein Wattener. Die Mehrheit knapp verfehlt, 15 von 33 sind es dann am Ende. Im Verein steckt also mehr „Oberösterreich“ (51%) als in der Mannschaft (45%). Die 15 Jungs, die ihre Schuhe schon seit Kindheit für Prambachkirchen und Marchtrenk, Kirchberg-Thening und Stein schnürten, dürfen in dieser Saison schon auf 75 Einsätze und 4 Tore zurückblicken, ihre 10 rotweißroten Kollegen auf 47 Einsätze und 4 Tore, die Jungs aus den unendlich weiten Biegungen der Enns auf 50 Einsätze und 6 Tore. Die Legionäre schießen Tore, könnte man sagen. Gut, stimmt auch. Aber die Jungs zwischen Salzburg und Wien halten sie. Denn im etwas großen Kader führt die Bundesliga nicht weniger als sechs Tormänner auf, drei davon mit Spielzeit, sechs Spiele gehen an Oberösterreich, sechs an Wien. Genauer gesagt an Nikolas Polster.

Juniors.

Und der ist ein Beispiel für das, worum es eigentlich geht. Nicht um Oberösterreich oder Salzburg. Sondern um jung und talentiert. Die Juniors setzen dabei nicht auf vertraute Strukturen und starre Muster, sondern auf die Möglichkeit, sich zu beweisen. Es wird rotiert in Liga zwei. Stand Polster im Kader, blieb er auch 90 Minuten im Kasten und hielt diesen gleich zweimal sauber. Dafür durfte er auch auf Reisen gehen, mit den großen Zebras nach Helsinki, Vojvodina und St. Johnstone, daheim auch noch gegen Tel Aviv, ein bisschen Conference-League-Luft schnuppern, wenn auch nur von der Bank aus. Und vielleicht reicht es ja einmal zu mehr, zu dem, was er bei seinem vorigen Verein Rapid nicht sah, als er am Sohn von Raimund Hedl, Niklas, nicht vorbeikam und seinen Berater Helge Payer mit dem Wechsel fast überraschte. Ob es gegen Wacker reicht, ist nicht wirklich sicher. Nicht, weil er in seinen letzten beiden Einsätzen gleich siebenmal hinter sich greifen musste. Gegen Lustenau und Liefering kann das passieren. Sondern weil eben auch für ein Riesentalent nicht klar ist, ob er das nächste Mal wieder spielen darf. Die Juniors sind vielleicht nicht ganz Oberösterreich, eine Überraschungskiste bleiben sie allemal.

Bild von Arek Socha auf Pixabay

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Autor: Stefan Weis

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