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Schrödingers Fußballclub

Keine Angst. Wir haben nicht schon wieder einen neuen Präsidenten. Oder neuen Investor. Wobei… Nein, lassen wir das. Erwin Schrödinger, der österreichische Physiker, ist der breiten Masse nicht mit seiner hochkomplexen Arbeit, sondern mit einem einfach verständlichen Gedankenexperiment in Erinnerung geblieben, das den Schwachpunkt der Kopenhagener Quantenmechanik-Interpretation aufzeigen sollte. Kurz gesagt: Schachtel zu, Katze tot und lebendig gleichzeitig. Willkommen bei Wacker Innsbruck.

 

Schrödingers Innsbruck

Ob Schrödinger jetzt den FC Wacker mal spielen sah, ist nicht wirklich bekannt. Also: ja und nein, wie bei seiner Katze. 1950/51 war er als Gastprofessor an der Universität am Inn tätig, fast 20 Jahre, nachdem ihm der Nobelpreis verliehen worden war. Müsst ich raten, tät ich sagen, die heimischen Ballesterer waren für ihn weder tot noch lebendig, sondern einfach nicht existent. Die Schwarz-Grünen kickten nämlich in der 1. Klasse Innsbruck, weit vom Profifußball entfernt. Oder von der Nummer eins in Tirol. Zwei Ligen darüber, in der Staatsliga B, kickte der Polizei SV, in der Arlberg-Liga, der ISK, Kufstein-Wörgl, der IAC, Schwaz und SVI. Und selbst in der Liga musste man sich klingenden Namen wie ESV Austria Innsbruck und FC Peter Mayr Sport Innsbruck geschlagen geben. In der Aufstiegsbarrage unterlag man Kitzbühel und remisierte gegen Zams, im Landespokal schied man im ersten Spiel gegen Wattens aus. Eine Realität, an die man sich wohl wieder gewöhnen wird müssen. Schrödinger war anderen Fußball gewöhnt. Er wurde mit der frühen Wiener Fußballschule und dem Meisterschaftsgewinn des Florisdorfer AC groß, erlebte in der Züricher Zeit Meistertitel des FCZ und der Grashoppers, war in Berlin, als Hertha Meister wurde und auf der Insel, als englischer Clubfußball unbesiegbar schien. Wenn der Physiker hätte Fußball schauen wollen in seinem Leben, er hätte ihn in all seiner Schönheit und Kraft gesehen. Dass er in seiner Innsbrucker Zeit auch nur den Namen Wacker gehört hätte – unwahrscheinlich.

Schrödingers Kicker

Zwei Jahrzehnte waren die Kicker noch davon entfernt, auch für Wiener ernsthaft wahrgenommen zu werden. Und bald wird man wieder zum Quantenteilchen, von dem man nicht wissen wird, wo es gerade ist oder was es gerade macht. Oh, tschuldigung, das wäre dann der Heisenbergsche Wacker, hab ich unscharf erklärt. Derzeit sind die Ballesterer in Schwarz-Grün Katzerl durch und durch. Manchmal vor aufbrausender Energie strotzend und quicklebendig, wie zum Beispiel gegen zugegebener Maßen angeschlagene Lustenauer. Der Tabellenführer wurde an die Wand gespielt, dessen Trainer sagte nicht zu Unrecht, man dürfe sich glücklich schätzen, nur mit 0:3 aus dem Tivoli verabschiedet worden zu sein. Ein Runde zuvor gegen Steyr oder danach gegen Amstetten – das Gegenteil, ein lebloser Haufen, unkoordiniert in Abwehr und Angriffsbemühungen, mit offensiven Fehlversuchen und defensiven Slapstickeinlagen. Gegen Vorwärts etwa gaben die unumstritten höherwertigen Einzelspieler der Innsbrucker nicht einmal halb so viele Schüsse ab, und auch wenn mehr davon aufs Tor gingen, der Tabellennachzügler aus Oberösterreich zeigte Effizienz. 16 Prozent der wackeren Torversuche landeten im Netz, 67 Prozent der steyrschen. Wacker ist am Ball, aber völlig ohne Energie und Gefährlichkeit. Ob gegen Kapfenberg, die Jungveilchen oder Dornbirn, gegen jede dieser Mannschaften hatte man mehr Zeit am Spielgerät, gegen jede dieser Mannschaften ging man als Verlierer vom Platz. Alle diese Mannschaften sind derzeit noch hinter Wacker platziert, durchgehend in Abstiegsgefahr, doch die Innsbrucker Kraft reichte bei keinem dieser Clubs zu einem Sieg. Und dann kommt jetzt Floridsdorf. Seit elf Spielen ungeschlagen, seit sieben Spielen ohne Punkteverlust, mit nur zwei Gegentreffern seit Mitte November. Man will die Kiste mit dem Kätzchen geschlossen halten.

Schrödingers Verein

Vor allem aber will man die Vereinskiste nicht öffnen. Und ist beinahe dankbar für jeden Tag, an dem Wacker nicht in den Medien erwähnt wird. Es ist ein Tag mehr, an dem man nicht weiß, wie es um den Verein steht. Ein Tag mehr, an dem man mit den Fußballern um Tore und Punkte zittern darf und sich nicht mit der Realität beschäftigen muss. Denn dass das kleine Fläschen zerbrochen ist, daran zweifelt kaum noch ein Schwarz-Grüner. Aber solange wir es nicht wissen, solange die Kiste nicht geöffnet wird, gibt es den Wacker noch. Miez, miez, Katzl, bisch a feine…!

P.S.: Sie sind eher Penny und weniger Sheldon und haben noch Fragen zur Katze? Hier wird Ihnen geholfen: 

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Autor: Stefan Weis

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