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Vriede, Freude, Eierkuchen

Was bleibt von Ostern. Für die, die glauben, die Auferstehung. Für die, die nicht glauben, ein paar Kalorien mehr, als man mit einem montäglichen Emmaus-Gang wieder abspazieren könnte. Und für die Ballesterer – Fußball, viel, viel Fußball. Zum Beispiel Wacker Innsbruck gegen Blau-Weiß Linz.

Eierkuchen

Man kommt ihnen derzeit ja nicht aus. Da ein Ei in einem Papierhuhn, dort in einem Nest, am Cafe-Tischchen ein Körberl mit ein paar extra gefetteten, bunten Kugerln. Die Kinder pecken ja auch so gern, essen halt nur von einem das weiße oder wahlweise gelbe. Und der ganze unseelige, hartgekochte Rest bleibt da. Was machen, ist die Frage, Eierkuchen geht halt nur mit frisch gelegten… Frisch gelegt wird bei Blau-Weiß derzeit nicht mehr so intensiv wie in den vergangenen Jahren. Kein Wunder, das Chefhühnchen gackert jetzt in der Schweiz, nachdem er in zwei Jahren Linz 57 Liga- und Cupeier gelegt hatte, davon alleine 33 in der vergangenen Zweitligasaison. Aber auch ohne Fabian Schubert bleiben die Stahlstädter ein Team. Eines ohne exklusiven Torschützen, ja, aber eines, das dennoch auf Rang drei rangiert, das dennoch 40 Goggelen produziert hat. Matthias Seidl, derzeit erfolgreichster Goalgetter, findet sich ligaweit erst auf Platz 12, im Schnitt alle 281 Minuten lässt er es klingeln. Jetzt nichts, wovor man sich fürchten muss. Aber Seidl ist halt nicht allein, 14 Teamkollegen haben sich auch noch in die Liste eingetragen. Und so kommt es dann, dass man in Linz trotz Abgang der zentralen Offensivgestalt, trotz Fehlens eines Namens wie Tabakovic oder Ronivaldo, Simic oder Cham vorne mitspielt. Dass man bis zum Spiel gegen den GAK seit Oktober in der Liga ungeschlagen war, dass man im Frühjahr gegen Lafnitz, Rapid und die Juniors mit insgesamt 8:0 Punkte einheimste, dass man gegen Amstetten mit 5 Treffern ein kleines Festival aufblitzen ließ.

Freude

Es macht wieder Freude, bei Linz zuzuschauen. Da kann auch so ein unerklärbarer Ausrutscher wie in der vergangenen Runde gegen den SV Horn der Stimmung nichts anhaben. Blau-Weiß hat sich konsolidiert, die Oberösterreicher scheinen wieder eine Zukunft zu haben. Sie bauen auf der stolzen Vergangenheit auf, in der sie als eisenbiegender Werkssportklub einen österreichischen Meistertitel eingefahren haben. Sie ehren den anderen Vereinsstamm aus der Tabakfabrik und spielten stolz in der Tschickbude. Sie haben Niederlagen verdaut, als mit der Bündelung der Kräfte im Land nur ein Fusionsgewinner übrig blieb, dem nicht im Traum einfiel, auch nur ein Element der blau-weißen Konkurrenz zu übernehmen (lieber spielt man nun in Rosa). Man hat den Verein am Leben gehalten, und wenn es sein musste, auch ganz ohne Fußball, nur im Herzen. Die Freude über das Gemeinsame, die Freude über den Verein bündelte sich im kollektiven Jubel, als Gerald Perzy 1997 das erste Tor des Auferstehungsklubs erzielte – frohe Ostern! Man denkt in kleineren Schritten, sucht als Meister nicht um die Lizenz, sondern um Zulassung an und freut sich, dass man in nicht einfachen Zeiten die Rahmenbedingungen für die zweite Liga erfolgreich absolviert hat. Und man freut sich schon auf das neue Zuhause im Donaupark. Wenn man sich zwischenzeitlich auch noch über den ein oder anderen Sieg freuen kann, wie im Oktober gegen Innsbruck, als Kostic in der 89. Minute sauber abstaubte, dann ist das der Freude auch nicht abträglich.

Vriede

Aber manchmal gibt es mehr als Fußball. Mehr als Konkurrenzdenken. Mehr als Tore und Punkte. Wenn Fußball ein Spiegelbild des Lebens ist, dann soll es auch ein Spiegelbild der Menschlichkeit sein. Wie die Jünger am Weg nach Emmaus ihre Hand ausstreckten und dem Fremden Unterkunft und Essen anboten, reichen in Österreich viele helfende Hände Unterstützung für jene, die vor Krieg und Zerstörung in der Ukraine fliehen müssen. Blau-Weiß ist dabei nicht ausgenommen. Der Verein, der sich auf seine Voest-Vergangenheit beruft, wird mit der Volkshilfe OÖ im Rahmen des Spiels gegen Wacker Innsbruck die Initiative „Zusammen für Vrieden“ starten. Die Hälfte der Ticketeinnahmen gehen an die Nothilfe Ukraine, der Nachwuchs wird mit Spendenboxen sein Übriges tun, zusammen steht man für ein größeres Ziel. Der Verein folgt damit der Aktion des Stahlstadtkollektivs, die schon zuvor ihren Blick über die Tribüne hinweg geworfen haben und aktiv geworden sind. Das ist dann Ostern. Nicht Eierpecken, nicht Nesterlsuchen. Heimat schenken.

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Autor: Stefan Weis

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