Am Anfang
Wenn alle über das Ende reden, sprechen wir vom Anfang. Am Anfang war das Wort. Sagen die einen. Die anderen sagen, am Anfang war Rapid. Ziemlich oft. Ein ganz schön eigenes Verhältnis, das die Innsbrucker da zu diesem Namen aufgebaut haben. Wie passend, dass am Freitag Rapid auch wieder im Tivoli vorbeischaut. Auch wenn es nur die Amateure sind, Circle of Life, oder so. Super, jetzt hab ich einen Ohrwurm.
Wie alles begann
Als die Buben von Olympia noch motiviert, aber unorganisiert dem runden Leder nachrannten und noch gar nicht wussten, dass ihnen einst der Gründungsgeist des FC Wacker Innsbruck unterstellt werden würde, kickten auch die Kriketer bereits zeitungsreif, wenn auch nicht gerade erfolgreich auf dem grünen Rasen Innsbrucks. Zusammen mit der Olympia, nebenbei. Mit einem Unterschied: die Kriketer waren nicht nur vermeintlich, sondern sicher der FC Rapid Innsbruck, umbenannt irgendwann Ende 1913, Anfang 1914. Als es Wacker noch nicht gab, nicht als Namen, nicht als Verein, da gab es schon Rapid. In Innsbruck. In Wien ja sowieso, da brauchen wir nicht drüber reden, schon am 8. Jänner 1899 gab es da die blau-roten, ehemaligen Arbeiter. 1913 wurde also vielleicht Wacker gegründet, aber noch viel wahrscheinlicher Rapid Innsbruck zum Leben erweckt. Ein kurzes Leben, aber ein spannendes. Denn Rapid war auch der erste bislang nachweisbare Gegner des FCW, am 19. Juli 1914 besiegten die Schwarz-Grünen ihren vermeintlich stärkeren Gegner. „Im vorhinein hatte man zwar den Sieg bereits Rapid zugesprochen, aber es zeigte sich, dass die Rapidleute den [sic] Wacker nicht im geringsten gewachsen waren…“, schrieb der Allgemeine Tiroler Anzeiger. Und hob auch gleich den Centerhalf Leo Schöpf hervor, der bis 1922 bei Wacker kicken sollte. Schöpf, Spieler und Funktionär, dürfte auch hautnah das erste Tiroler A-Meisterschaftsspiel der Gründungsmitglieder des Fußballverbandes, Wacker und Rapid, miterlebt haben. Wie passend, dass sie sich als Gegner hatten und sich auch brüderlich 1:1 trennten (noch brüderlicher waren sicher nur die Bewerbsspiele der Liga zwischen Rapid und Rapid II, welche auch die beiden letzten Tabellenplätze belegten). Brüderlich sollte auch ihre Zukunft enden. Kurz nach Schöpfs Abgang 1922 war es um die Schwarz-Grünen geschehen. 1922 lag nämlich Wacker am Tabellenende. Um dem Abstieg zu entgehen, fusionierte man mit Rapid und nannte sich in Sturm um. Immer noch meine Lieblingsepisode in der kuriosen wackeren Vereinsgeschichte, die vor genau 100 Jahren mit der Auflösung des Fusionsvereins vorzeitig zu enden drohte.
Wie es dann weiter begann
Der Name war zu Beginn nicht wirklich eine Konstante im Leben des FC Wacker, der sich 1923 wiedergründete. Aber mit dem neuen, alten Namen kam ein Fixpunkt in das Leben der Ballesterer, der alle Namenswechsel überstehen sollte: Das Tivoli-Areal – ab der Saison 1924/25 spielte man an der Sill. Die Plätze, die im Bombardement des 2. Weltkriegs Schaden nahmen, wurden in den späten 40ern nicht nur ausgebessert, sondern mit einem wirklichen Stadion aufgewertet. Eröffnet wurde dieses aber nicht mit dem Kick eines heimischen Vereins, sondern mit Rapid. Der Rapid aus Wien. Die freundschaftlichen Beziehungen zur Besatzungsmacht ermöglichten ein aufsehenerregendes Spiel gegen Nimes Olympique, dem Fünftplatzierten der französischen ersten Liga. Der FCW kickte da erstmals in der Tiroler Landesliga, hatte gerade die Duelle gegen die Amateurmannschaften des IAC, ISK und SVI hinter sich gelassen und durfte sich nun mit der Kampfmannschaft der letzteren messen. Und mit Mannschaften außerhalb des Innsbrucker Nahverkehrsbereichs. Nun war es nicht mehr ein Rapid aus der eigenen Stadt, nun waren es die Grün-Weißen aus dem fernen Osten Österreichs, die Konkurrent sein sollten. Und sie wurden es, am 29. August 1964. Im ersten Heimspiel der wackeren Bundesligageschichte waren sie zu Gast, die Hütteldorfer. Begrüßt von 16.500 frenetisch jubelnden Tirolern. Nach drei Minuten schob Dieter Prantl ein, das 1:0 wurde über die Zeit gebracht, Innsbruck war aus dem Häuschen.
Ein neuer Beginn
Immer wieder Rapid Wien. Etwa, als am 8. September 2000 das Tivoli Neu eröffnet wurde. Oder das Tivoli neueröffnet wurde, wie man will. Markus Scharrer, die 91. Minute, eine Flanke von Wazinger, ein Kopfball. 10 Tiroler – Scharrer schaffte es, noch in der Nachspielzeit zwei Gelbe zu kassieren – schlagen 9 Rapidler, 16.000 Zuschauer wieder einmal enthusiasmiert. Nicht lange, denn wie heute waren damals die finanziellen Mittel knapp, der Verein kurz vor dem Ende, einmal mehr. Die Partien gegen Rapid waren immer etwas Besonderes. Kaum jemand, der nicht sein ganz eigenes Rapid-Spiel im Kopf hat. Wenn nun die Amateure kommen, ist es vielleicht auch wieder einmal so weit, vielleicht auch ein Spiel für die Geschichtsbücher. Aber selbst wenn es so ist: Spiele gegen Rapid waren nicht das Ende, sie waren der Anfang. Irgendwie vielleicht auch dieses Mal.