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Willkommen in Lahnenberg!

Gut, dass die Zillertaler sich am Samstag auf den Weg nach Innsbruck machen. Umgekehrt könnte es für einige Stadtner zu einem seltsamen Déjà-vu kommen. Zumindest, wenn sie ein gewisses Alter haben. Denn statt in Mayrhofen wähnt man sich plötzlich in Lahnenberg, Heimat der Wechselberger, Niederwieser und Krimbacher. Und ausgesuchter Urlaubsort der deutschen Industriellenfamilie Sattmann. Bande, elendige…

 

Scheiß Piefke?

Tirol und die Deutschen, das war immer schon ein eigenes Verhältnis. Manchmal liebt man sich innig, und dann gibt es Zeiten, da sollte man sich besser nicht als Flachlandtiroler bemerkbar machen. Liebe Grüße vom FC Wacker Innsbruck und seinen potenten Finanziers aus Hamburg und Stuttgart. Dabei gab es doch auch so schöne Erinnerungen und das (un)geliebte Nachbarland, als 1995 in der Vorbereitung die Eintracht 2:1 geschlagen wurde, die 60er im Ablösespiel um Manni Schwabl mit 2:0 heimgeschickt wurden, im UI-Cup Köln in der Domstadt 3:1 geschlagen wurde, Leverkusen im Elferschießen den Kürzeren zog. Aber auch ganz abseits des Fußballs gibt es Reibungspunkte, immer wieder wurden sie literarisch und filmisch verarbeitet. In den 70ern etwa schon von Uwe Ladstädter und Christian Berger in der großartigen TV-Produktion „Die Fremden kommen“, und gut eineinhalb Jahrzehnte später, sicherlich völlig unbeeinflusst davon, Felix Mitterer mit der Piefke-Saga. Gedreht wurde in Mayrhofen, dort, wo auch der FC Tirol mit Freundschaftsspielen und der FC Wacker Innsbruck mit seinen Amateuren oft zu Gast war. Und die kleine, nette Zillertaler Marktgemeinde wurde zu Lahnenberg, die Mayrhofner zu Statisten einer Großproduktion.

Wos tiats denn ehs do?

Statist zu sein, dass hat in Mayrhofen niemand mehr vor. Im heurigen Jahr etwa putzte man Achenkirch und Zell am Ziller mit 5:0 und 8:1 im Cup, schlug in der Liga Oberperfuss mit 4:2, Münster mit 6:1, die Union gar mit 7:1. Die Niederlagen zu Beginn der Saison scheinen vergessen, seit sechs Pflichtspielen sind die Zillertaler ungeschlagen. Dabei fasziniert vor allem die Offensivkraft. Keine Mannschaft der Liga, nicht einmal der ungeschlagene Tabellenführer aus Völs, hat bisher mehr Tore erzielt als das Team des Edelweiß‘. Die Mayrhofner weisen das zweitbeste Torverhältnis aller Tirol-Ligisten auf – kein Wunder, wenn man zweieinhalb Mal öfter trifft als der FC Wacker. Dabei gibt es gar nicht einen Bomber allein. Lukas Fuchs mit 5, Michael Rieser mit 4 und Josip Filipovic mit drei stechen heraus, sicherlich. Aber das sind noch nicht einmal die Hälfte aller Tore. Die restlichen Treffer verteilen sich auf neun weitere Spieler. Außergewöhnlich dabei ist, dass keiner der Torschützen Eberharter heißt – obwohl es davon gleich vier im Team gibt. Ein bisschen „Gebirgsdolm“ steckt also auch in Mayrhofen.

Und sowas muaß ma a Leben lang ausholt’n?

Dabei war die Zeit nicht immer rosig für das „kleinwüchsige Gebirgsvolk“ aus dem Zillertal. Die Zeiten, als man den Tiroler Meistertitel feiern durfte und in die Regionalliga aufstieg, sind schon fast 40 Jahre her. Und seit gut 30 Jahren muss man sich mit der Tiroler Liga zufrieden geben. Oder noch weniger, denn 2018 stieg man mit 87 Gegentreffern in nur 30 Spielen in die Landesliga ab. 2019 fehlten zwei Punkte zur Relegation, 2020 verhinderte die Pandemie trotz Tabellenführung einen Aufstieg, 2021 scheiterte man trotz Punktegleichheit an den Regularien, um die Relegation zu erreichen. Noch ein Jahr im Osten wollte man vergangene Saison mit allen Mitteln verhindern. Mit einer unglaublichen Machtdemonstration kehrten die Zillertaler in die Tiroler Liga zurück. 23 Siege in 26 Runden, 94 erzielte Treffer, ein Torplus von 72 – Wacker Innsbruck wird es mit einer Mannschaft zu tun haben, die von Kopf bis Fuß in Siegesmentalität getränkt ist. Aber beim Piefke Siggi aus den Nibelungen reichte auch ein kleines Lindenblatt, um ihn verwundbar zu machen. Für Schwarz-Grün heißt es, genau dieses Lindenblatt zu finden, um sich unter den Topmannschaften festzusetzen.

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Autor: Stefan Weis

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